Modernste Verfahren zur Behandlung von Tennis- und Golferarm
Elie Hassoun, Doctor of medicine (Univ. Libanon), behandelt als Oberarzt des Zentrums für Orthopädie, Endoprothetik und Unfallchirurgie eine Vielzahl an Schulter- und Ellenbogenverletzungen. Immer wieder hat er dabei auch mit dem Tennisellenbogen zu tun. Eine Krankheit, die zunächst sehr sportlich klingt. Im Interview erklärt er, was wirklich dahintersteckt, wie die Spezialisten für Ellenbogenchirurgie an der Sportklinik Hellersen die Verletzung behandeln und warum auch Golfspieler einen Tennisarm haben können.
Herr Hassoun, was ist gemeint, wenn von einem Tennisarm die Rede ist?
Elie Hassoun: Beim Tennisellenbogen handelt es sich um eine verschleißbedingte Veränderung am Sehnenansatz. Diese Sehnen sind für die Hand und Fingerstreckung verantwortlich. Meist handelt es sich um die ECRB-Sehne (Extensor carpi radialis brevis), es können jedoch auch andere Sehnen am Ansatz betroffen sein. Bemerkbar macht sich die Erkrankung durch Schmerzen – insbesondere bei Streckbewegungen – an der Außenseite des Ellenbogens. Häufig strahlen diese in den Unterarm und den Oberarm aus. Es kann zudem eine Schwäche in der Hand auftreten.
Bekommen nur Tennisspieler einen Tennisarm oder wieso nennt man diese Erkrankung so?
Elie Hassoun: Nein, es sind nicht nur Tennisspieler betroffen. Häufig sind sogar eher Personen betroffen, die gar nicht Tennis spielen. Diese üben zum Beispiel berufliche Tätigkeiten aus, die zu einer einseitigen Belastung der Streckmuskulatur mit Überbeanspruchung führen. Nicht selten sind daher Handwerker wie Maler oder Schreiner betroffen. Die häufige gleichförmige Bewegung kann dann zur Überlastung bis hin zu Mikroverletzungen führen. Unter den Tennisspielern sind es übrigens eher Hobbyspieler, die von dieser Erkrankung betroffen sind. Die Ursache liegt dann nämlich häufig in einem Technikfehler, der wiederum eine Fehlbelastung zur Folge hat. Übrigens können auch Golfspieler an einem Tennisellenbogen leiden oder Sportler anderer Sportarten wie Rudern. Und auch Musiker, die bestimmte Instrumente spielen, so wie Pianisten, sind betroffen.
Dabei gibt es doch auch einen Golferellenbogen. Worin liegt der Unterschied?
Elie Hassoun: Die Beschwerden sind ähnlich. Allerdings ist beim Golferellenbogen nicht die Außenseite, sondern die Innenseite des Ellenbogens betroffen – der Ansatz der Flexoren, also die Beugemuskeln. Bei einem Golferarm strahlen die Schmerzen nach unten aus und es kann zu einer Schwäche in der Hand kommen. Manchmal gehören zu den Symptomen auch leichte Schwellungen. Tritt zusätzlich ein Kribbeln auf, ist dies eventuell ein Anzeichen dafür, dass ein Nerv betroffen ist. In diesem Fall wird ein Neurologe hinzugezogen, um eine andere Ursache der Schmerzen beziehungsweise ein NervenengpassSyndrom auszuschließen. Sie sehen: Der Name sagt nichts über den Betroffenen aus – Tennisspieler können genauso einen Golferarm bekommen und Golfspieler einen Tennisarm. Und wie schon erwähnt, auch Handwerker und andere Berufsgruppen sowie Sportarten sind von beidem betroffen.
Ein Tennisarm kommt allerdings viel häufiger vor als ein Golferarm. Laut einer finnischen Studie sind von einem Tennisellenbogen 1,3 Prozent der Bevölkerung betroffen, während an einem Golferarm nur 0,4 Prozent leiden. Diese Beobachtung machen wir auch bei uns in der Sportklinik Hellersen. Das Alter der Betroffenen liegt meistens zwischen 40 und 60 Jahren.
Wie wird ein Tennisellenbogen behandelt?
Elie Hassoun: Die akute Phase der Schmerzen kann sechs bis zwölf Wochen andauern. In dieser Zeit sollten Betroffene bereits mit der konservativen Therapie beginnen, damit die Verletzung nicht in eine chronische Phase übergeht. Besonders wichtig zu Beginn der Therapie ist, die auslösende Ursache zu erkennen und zu vermeiden – zum Beispiel einen Technikfehler im Sport. In 80 Prozent der Fälle ist eine konservative Therapie ausreichend. Hier besteht die Möglichkeit, durch Medikamente die Schmerzen zu lindern und ergänzend durch Dehnübungen und gegebenenfalls kurzzeitige Ruhigstellung eine Besserung zu erzielen. Die Medikamente werden durch spezielle Bandagen, Physiotherapie, Akupunktur, manuelle Therapie, Infiltration, Fiktionsmassage oder auch Eigenbluttherapie ergänzt. Eine weitere Möglichkeit ist die Stoßwellentherapie. Ziel ist die Durchblutung der Sehne und die Muskulatur zu aktivieren, um die Heilung der Sehne zu fördern. Wenn die konservative Behandlung auch nach sechs Monaten keinen Erfolg zeigt, können wir operativ tätig werden. Entsprechend der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie sollte eine Operation erst bei Versagen der konservativen Behandlung durchgeführt werden.
Woran kann es liegen, dass die konservative Behandlung nicht greift?
Elie Hassoun: Es ist durchaus möglich, dass die Ursache für die Schmerzen nicht der zuvor angeschuldigte Tennisarm ist. Möglicherweise liegen auch zusätzliche Erkrankungen beziehungsweise Verletzungen vor. Die Diagnose Tennisellenbogen und eventuelle Begleitverletzungen lassen sich in einer Kernspintomographie (MRT) des Ellenbogens sichern. Dennoch bleiben einige Schäden, wie kleine Knorpelschäden, im MRT oft unerkannt. Genauso verhält es sich mit einer chronischen Instabilität des Ellenbogens. Da wir bei jeder Operation eines Tennisellenbogens eine Spiegelung (Arthroskopie) durchführen, werden auch die im MRT übersehenen Begleitschäden erkannt und therapiert. Durch die Gelenkspiegelung lässt sich jeder Gelenkabschnitt des Ellenbogens genaustens inspizieren. So haben wir schon häufiger festgestellt, dass die eigentliche Schmerzquelle ein Knorpelschaden war, der sich in der Nähe des Sehnenansatzes befand. Außerdem lässt sich die Stabilität des Ellenbogens bei der Spiegelung exakt testen. So können auch leichtgradige Instabilitäten, die im MRT oder der klinischen Untersuchung verborgen bleiben, diagnostiziert werden.
Die Diagnose ist nun eindeutig. Wie sieht die anschließende operative Behandlung aus?
Elie Hassoun: Es gibt zwei Möglichkeiten – die offene Chirurgie und die arthroskopische. Im Zentrum für Orthopädie, Endoprothetik und Unfallchirurgie an der Sportklinik Hellersen wenden wir meist das ECRBRelease-Verfahren an. Beide Operationsergebnisse sind zur Behandlung des Tennisarms gleich gut. Der entscheidende Unterschied: Abgesehen davon, dass der arthroskopische Eingriff gewebeschonender ist, können wir, wie schon erwähnt, bei der Arthroskopie in das Gelenk schauen. Das ist bei der offenen Operation nicht möglich, weshalb auch hier die Begleiterkrankungen nicht ersichtlich sind. Viele Patienten kommen daher auch nach einem auswärts durchgeführten offen chirurgischen Eingriff des Tennisellenbogens zu uns, weil sie immer noch Beschwerden haben. Erst kürzlich hatte ich eine junge Patientin, bei der zwei Jahre zuvor der Tennisarm operativ behandelt wurde, ihre Beschwerden jedoch blieben. Bei der Arthroskopie habe ich festgestellt, dass die Ursache nicht der Tennisarm war, sondern freie Gelenkkörper die Beschwerden ausgelöst hatten, die sich vom Knorpel gelöst hatten. Der Knorpelschaden war die eigentliche Verletzung. Er war im MRT aber nicht zu sehen. Wir konnten ihr nach Entfernung der freien Gelenkkörper, die Einklemmungen im Gelenk verursacht hatten, eine Knorpeltherapie anbieten und ihre Beschwerden heilen.
Wie verläuft die ECRB-Release-Methode?
Elie Hassoun: Wir setzen einen kleinen Hautschnitt, um die Sonde (ein dünnes Rohr mit integrierter Kamera, Leuchte, Spül- und Absaugsystem) in das Gelenk einzuführen. Über einen Bildschirm sehen wir das Gelenk und schneiden mit speziellen Instrumenten die Veränderung in der Sehne heraus.
Verläuft die OP bei einem Golferarm ähnlich?
Elie Hassoun: Die konservative Behandlung ist ähnlich und auch beim Golferellenbogen wird erst nach sechs Monaten ein operativer Eingriff empfohlen. Allerdings ist hier bisher nur die offene Chirurgie möglich. Um Begleitverletzungen festzustellen, kann zwar ebenfalls eine Arthroskopie vorgenommen werden, die Behandlung ist aber nicht arthroskopisch möglich. Auch beim Golferellenbogen wird operativ das veränderte Gewebe entfernt. Es wird danach eine Knochenanbohrung am Ansatz der Sehnen durchgeführt. Dies dient zur Verstärkung der lokalen Durchblutung und verhilft damit zur besseren Heilung.
Tennisarm und Golferellenbogen
Die medizinisch korrekte Bezeichnung für einen Tennisellenbogen ist Epicondylopathia humeri radialis (EHR). Der Golferellenbogen ist der Epicondylopalhia humeri ulnaris.
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