„Schön, dass so viele gekommen sind“, freute sich eine Seniorin. Da war der Zug für „Demokratie und Vielfalt“ gerade von der Thingslindestraße auf die Friedrich-Ebert-Straße abgebogen, und es strömten immer noch Teilnehmer nach.
Dem Aufruf des Aktionsbündnisses waren am Samstag, unmittelbar vor der Bundestagswahl, mehr Menschen gefolgt als in den Wochen zuvor. Mehr als 300 Teilnehmer, so auch Schätzungen der Polizei, zogen vom Montigny-Platz über die Friedrich-Ebert-Straße und die Kölner Straße zur Dr.-Hans-Wernscheid-Straße unterhalb der Feuerwehr. Nachdem die erste Mahnwache Ende Januar nur ein stilles Bekenntnis zur Demokratie und Vielfalt gewesen war, hatte das Aktionsbündnis als Veranstalter auf Bedenken reagiert.
Fotogalerie:
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Nur dazustehen und ein Schild hochzuhalten, war manchen zu wenig.
So bekamen die Teilnehmenden danach Gelegenheit, ihre Motivation darzulegen. Anschließend wurden die Rechtsnormen des Grundgesetzes vorgestellt. Zum Abschluss konnten die Demonstrationsteilnehmer Bilanz ziehen. Ausgangspunkt war am Samstag der Halbsatz: „Die Kiersper Mahnwachen waren für mich…“.
Die Beweggründe waren unterschiedlich. Es ging darum, „sich laut zu positionieren“ oder Migranten mit dem gleichen Respekt zu begegnen, den man selbst erwartet. Die Befürchtung: Wenn jetzt keine klaren demokratischen Mehrheiten zustande kämen, werde es bei der nächsten Wahl noch schlimmer. Ein ehemaliger Abiturient der Gesamtschule bekannte, in einem Umfeld von Vielfalt aufgewachsen zu sein, und freute sich, bei der Demonstration viele bekannte Gesichter wiederzusehen. Für andere ging es darum, deutlich zu machen und stolz darauf zu sein, dass auch in der Provinz ein klares Zeichen für Demokratie gesetzt werde. Nur weil er sich dafür einsetze, lasse er sich nicht „in eine linke Ecke drängen“, trat einer Rechtspopulisten und Pauschalierern entgegen. Ein Mädchen freute sich, mit ihren Freundinnen in eine Klasse gehen zu können.
Protestlied als Statement
Claudia Koll vom Organisationsteam betonte abschließend, dass sich das Aktionsbündnis „bewusst für Demokratie und Vielfalt einsetzt“ und nicht nur gegen etwas sei. Sie bedauerte allerdings auch, dass Kommunalpolitiker bei den Mahnwachen kaum zu sehen gewesen seien. Gerade sie müssten doch die Ziele unterstützen. Von Fritz Schmid auf dem Saxophon angespielt, stimmten die Teilnehmer „We Shall Overcome“ an. Das Protestlied der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, bekannt geworden vor allem durch Joan Baez, vermittelt Zuversicht und Hoffnung – Hoffnung, die schwierigen Zeiten zu überwinden. Passend gerade auch zu einer Zeit, in der der amerikanische Präsident alle Werte einer humanen Weltordnung infrage stellt.
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