Ein Wachstum von 309,9 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 312,3 Millionen Euro im Jahr 2022 bildet die Gesamtbilanz der Volksbank Kierspe für das gesamte Geschäftsvolumen ab.
Und das, obwohl Stephan Böhse zu Beginn des Gesprächs die großen Krisen 2022 direkt benennt: Corona, Lieferkettenprobleme, Güterproblematik, Inflation – verstärkt durch den Angriffskrieg auf die Ukraine.

2022: Zwischen Inflation und „gesunder Kreditnachfrage“
Abgesehen vom menschlichen Leid sei die Inflation „das Schlimmste“ laut Böhse, denn sie sei „mit Ansage“ gekommen. Zwar habe die Zentralbank für mehr Geldwertstabilität eingegriffen, „aber zu spät und zu heftig“, wie Stephan Baldschun kommentiert. Die Auswirkungen seien bei den enormen Zinssteigerungen zu spüren gewesen. Besonders für Hausfinanzierer sei der Anstieg von 300 Basispunkten in einem halben Jahr „ein Schlag ins Konto“ gewesen, den er in 33 Jahren so noch nicht erlebt habe, meint Baldschun. Hausfinanzierer hätten zusätzlich die gestiegenen Kosten für Baustoffe und Energie zu stemmen, so Baldschun. Dennoch seien alle Kunden, privat wie geschäftlich, betroffen.
Aber das operative Geschäft sei „sehr gut“ verlaufen. Man habe weiterhin intensiv mit den Kunden zusammengearbeitet und seine Marktstellung ausbauen können. Im Einlagengeschäft habe es wenig Bewegung gegeben. Die Verbraucher benötigten mehr Geld, darunter leide die Sparfähigkeit, so die Vorstandsmitglieder weiter.
Zudem bilanzieren sie eine „gesunde Kreditnachfrage“ mit Blick auf 33 Millionen Euro Wachstum im Kreditgeschäft in den letzten sechs Jahren. Das macht ein Wachstum von 7,5 Prozent. „Das garantiert uns unsere Daseinsberechtigung als kleines Haus“, sind sich Baldschun und Böhse einig.
Des Weiteren verweisen sie auf die Summe von 412.000 Euro, die die Gewerbe- und Körperschaftssteuer enthält, die sie an die Stadt Kierspe abführten sowie auf die 6,5 Prozent Dividende, die sie jährlich an ihre Mitglieder zahlen.
Unterm Strich stünde außerdem eine Spendensumme von 20.000 Euro für das Jahr 2022. Corona-bedingt sei die Nachfrage in den Pandemie-Jahren geringer ausgefallen.
Man freue sich, dass nun wieder persönliche Kundentermine stattfinden könnten. Der Vertrieb habe für 2022 rund 3500 Kundentermine in Präsenz gezählt.
Stolz sei man auch auf die über 11 Millionen Euro Bausparsumme, die 2022 abgeschlossen wurden – „ein Topwert für Kierspe“.
Ausblick: Abhängigkeit von Energiepreisen
Für 2023 sei ein Wachstum bei Kundenanlagen erkennbar, das Kreditgeschäft bleibe hingegen schwierig. Relevant sei die Frage nach einer Rezession in 2023.
Die Bundesregierung müsse dem Volksbank-Vorstand zufolge dringend die Energiepreise deckeln, um eine Auswanderung des Mittelstands, etwa in die USA, zu verhindern. „Das wäre ein programmierter Niedergang“, so Böhse.
Ebenso besorgt blicke man auf die Rahmedetalbrücke. Bereits in einer Vertreterversammlung 2014 habe man auf die marode Infrastruktur als entscheidenden Faktor für die Region hingewiesen, erinnert sich Baldschun. Dieses Infrastrukturproblem sei ein „Armutszeugnis“ mit seinen wirtschaftlichen Konsequenzen, kommentiert Böhse.
In vielerlei Hinsicht müsse man auch 2023 „Schadensbegrenzung“ betreiben, ist sich der Vorstand einig. „Bürokratiefrust“ ohne Mehrwert lähme dabei nur das Geschäft genauso wie der Fachkräftemangel. Es sei Zeit für eine „Gegenbewegung“, die sei aber von den Energiepreisen abhängig.
Sicherheit: nach Filiale in Kierspe-Dorf auch Hauptstelle von Einbruch betroffen
Ein großes Thema für die Volksbank vor Ort: die Sicherheit ihrer Filialen. Nachdem am 1. Februar die SB-Filiale durch zwei Sprengungen derart beschädigt wurde, dass der Anbau neu aufgebaut werden muss (wir berichteten), fand nun am Freitag, 3. März, an der Friedrich-Ebert-Straße in der Hauptstelle ein Einbruchversuch statt, wie LokalDirekt berichtete.
Man wolle in Sicherheit investieren und dafür sechsstellige Beträge in die Hand nehmen – und sich nicht zurückziehen, betont der Vorstand.