Das im Energieleitungsgesetz (EnLAG) geführte Vorhaben Nummer 19 sieht eine 380-Kilovolt-Verbindung von der Umspannanlage Kruckel bis zur Umspannanlage Dauersberg vor. Ein kleiner Teil dieser neuen Super-Stromtrasse führt, wie bereits mehrfach berichtet, über die Wiblingwerder Höhen. Aufgrund der Topografie ein äußerst anspruchsvoller Abschnitt. Wir haben mit Christopher Klaproth, Projektsprecher für diesen Abschnitt, über den aktuellen Stand der Dinge gesprochen:
Wie ist der aktuelle Stand? Sie scheinen gut voran zu kommen. Liegen die Arbeiten im Zeitplan?
Christopher Klaproth: „Die Arbeiten auf der 36 Kilometer langen Leitungstrasse laufen trotz der regen- und schneereichen Phase nach Plan. Derzeit werden letzte Bautätigkeiten des 220-kV-Provisoriums umgesetzt. Rund um Veserde/Wiblingwerde wird derzeit an der Errichtung des 110-kV-Provisoriums gearbeitet.“
Uns interessiert natürlich insbesondere der Bereich Nachrodt-Wiblingwerde. Dort arbeiten Sie gerade im Bereich K24. Ein anspruchsvoller Abschnitt? Die Zufahrten sind schmal und die Hänge steil, oder?
„Die Topographie im Bereich der 36 Kilometer langen Leitungstrasse ist insgesamt sehr anspruchsvoll. Wir stehen deshalb stets in engem Austausch mit den von uns beauftragten Baufirmen, damit die Umsetzung der Arbeiten sicher erfolgen kann. So auch im Bereich der K24.“
Wir wissen inzwischen alle schon, wie viele Lkw so unterwegs sind, wenn Sie in einem Bereich bauen, wie ist das im Bereich K24 geregelt? Die Nachrodt-Wiblingwerder kennen es noch gut von den Windrädern. Da gab es temporäre Sperrungen und enge Abstimmungen mit den Bussen, etc. Ein Begegnungsverkehr zwischen Lkw oder großer Transporter ist dort im Begegnungsverkehr bekanntlich nicht möglich.
„Die Baufirma hat auf diesem Teilstück der K24 mehrere Ausweichflächen geschaffen. Diese ermöglichen es auch den Gegenverkehr weiterhin ohne Einschränkung fließen zu lassen.“

Bisher scheint der Trassenbau in unserem Bereich recht harmonisch abzulaufen. Es gibt wenig Gerede im Dorf. Mit einer großen Ausnahme: Rennerde. Wie ist der Stand in dem Konflikt? Bleibt es dabei, dass der ganze Verkehr durchs Dorf geht?
„Nachdem der Planfeststellungsbeschluss erlassen wurde, haben wir mit der Bürgermeisterin und den betroffenen Eigentümer*innen im letzten Jahr gemeinsam an einer möglichen alternativen Zuwegung gearbeitet. Leider ohne Erfolg. Es wurden zwei alternative Zuwegungen geprüft. Beide Varianten stellten sich jedoch als nicht umsetzbar heraus. Es konnte keine Einigung mit allen betroffenen Eigentümer*innen sowie der unteren Naturschutzbehörde herbeigeführt werden. Somit nutzen wir die planfestgestellte Zuwegung durch Rennerde, um die Neubaumasten 85-87 anzufahren und den gesamten Abschnitt schnellstmöglich fertigzustellen.“
Im Bereich Becke tut sich etwas. Jetzt wurden ja auch nochmal Bäume gefällt. Sie müssen für die Masten relativ weite Stücke durch den Wald fahren. Aktuell ist das wohl kaum möglich, da durch die Holzarbeiten die Wege ziemlich kaputt sind und bekanntlich ja auch ein gewisses Gefälle vorliegt. Für die Rennerder stellt sich die Frage, ob dadurch eine weitere Belastung kommt, da zusätzlich noch großflächig Wegebau betrieben werden muss. Wie sieht es damit aus?
„Im Waldbereich nahe Rennerde in Richtung Becke existiert bereits ein Weg, welcher von den Waldbesitzern und dem Forst vollumfänglich genutzt wird. Wir ertüchtigen lediglich diesen Weg und setzen ihn anschließend wieder instand. Nach Fertigstellung der Masten und Beendigung der Maßnahme wird der aufbereitete Weg den Waldbesitzern überlassen.
Darüber hinaus haben wir der Gemeinde Wiblingwerde zugesagt, den asphaltierten Weg von der Becke hoch zur Landstraße nach Beendigung der Maßnahmen neu zu asphaltieren. Für alle anderen Wege (auch durch Rennerde) gilt, dass wir vor der Benutzung dieser Wege mit Baufahrzeugen eine Dokumentation des Zustands vornehmen. Dies wird auch während der Bauzeit und nach Beendigung der Maßnahmen geschehen, um so zu dokumentieren, welche möglichen Schäden durch uns entstanden sind. Alle durch uns verursachten Schäden werden selbstverständlich entsprechend repariert.
So wie es aussieht, laufen bereits die Vorarbeiten in dem Bereich. Bedeutet das, dass über den Winter Rennerde zur Halteverbotszone wird und alle, die Mitten im Dorf wohnen, ihre Einkäufe mehrere hundert Meter durch den Regen schleppen müssen, etc.?
„Aufgrund des vielen Regens in den letzten Wochen haben wir uns dazu entschieden, noch nicht mit den Bauarbeiten zu beginnen. Voraussichtlich werden wir Ende Januar 2024 mit den ersten Arbeiten starten. Hierzu wird es zudem eine entsprechende Mitteilung für die Anwohner*innen geben. Wenn wir eine verkehrsrechtliche Anordnung erwirken, bedeutet dies nicht, dass es rund um die Uhr Parkverbote oder sogar Halteverbote geben wird. Wir sind zudem bemüht, diesbezüglich möglichst sensibel vorzugehen.“
Wie ärgerlich ist dieser Fall für Amprion?
„Wir sind stets an einem konstruktiven Austausch zu unseren Projekten interessiert und streben eine bestmögliche Lösung für alle Beteiligten an. In der Prüfung und Abwägung von alternativen Vorschlägen, gilt es jedoch auch eine termin- und fristgerechte Realisierung der Neubauarbeiten zu berücksichtigen.“
In einigen Teilen steht die Ersatztrasse bereits. Was war bisher der schwierigste Bauabschnitt in Nachrodt-Wiblingwerde und warum?
„Die örtliche Topographie macht nahezu jeden Standort zu einer Herausforderung. Dennoch betreffen die konkreten Herausforderungen für die Ersatztrasse insbesondere die Realisierung der Zuwegungen und Arbeitsflächen/Standflächen. Diese standsicher in der vorhandenen Topographie zu realisieren, bedarf sehr viel Know-How seitens der ausführenden Baufirma. An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ausdrücklich bei den Kolleg*innen für die professionelle Zusammenarbeit bedanken.“

Wie geht es in den kommenden Wochen/Monaten weiter?
„Derzeit wird an der Errichtung des 110-kV-Provisoriums gearbeitet. Teilweise beginnen wir zudem entlang der gesamten Trasse bereits mit dem Rückbau der Bestandsleitung. Nach erfolgreichem Rückbau erfolgt wiederum der nahtlose Übergang zu den Neubautätigkeiten der 380-kV-Masten. Unser Ziel ist es, dass bis zum Ende des Jahres von den geplanten 107 Neubaumasten bereits 90 Masten fertiggestellt sind.“
Was ist ihr Ziel? Wann soll die provisorische Leitung ans Netz gehen?
„Das 220-kV-Provisorium befindet sich in weiten Teilen bereits in Betrieb. Derzeit wird lediglich noch an einem Provisorium (P114) in Altroggen-Rahmede gearbeitet. Sobald dieses fertiggestellt ist, kann die gesamte provisorische Leitung in Betrieb gehen. Geplant ist die Inbetriebnahme für März 2024.
Das 110-kV-Provisorium wird voraussichtlich bis Mitte des Jahres fertiggestellt. Bezüglich der Inbetriebnahme des 110-kV-Provisoriums, befinden wir uns derzeit noch in Abstimmung mit dem lokalen Verteilnetzbetreiber. Wir streben jedoch ebenfalls eine Inbetriebnahme im Jahr 2024 an.
Zudem werden wir teilweise mit der Demontage der Bestandstrasse fortfahren. Wie bereits oben erwähnt, streben wir im Jahr 2024 zudem an, von den geplanten 107 Neubaumasten 90 zu errichten.