Das im Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) geführte Vorhaben Nummer 19 sieht eine 380-Kilovolt-Verbindung von der Umspannanlage Kruckel bis zur Umspannanlage Dauersberg vor. Und ein kleiner Teil dieser neuen Super-Stromtrasse führt über die Wiblingwerder Höhen. In diesem Rahmen wurden am Dienstag Helikopter-Arbeiten erforderlich. Es ist der nächste Schritt im XXL-Bauprojekt. In den vergangenen Monaten waren die provisorischen Masten in diesem Bereich errichtet worden. Dort sollten nun die Leitungen eingezogen werden. Doch bevor es los ging, hieß es erst einmal warten. Sowohl für die Zuschauer am Boden als auch für die Arbeiter, die schon recht früh ihre Positionen in schwindelerregender Höhe auf den Masten bezogen. Die Streckenposten, die zur Absicherung unter der Leitung positioniert waren, scherzten noch per Funk miteinander. Wie bereits berichtet, sollte der Helikopter das sogenannte Vorseil bringen, damit anschließend damit die richtigen Leitungen in die Masten eingearbeitet werden können. Von dem Hubschrauber fehlte allerdings noch jede Spur. Weit weg war er jedoch nicht. Hinter dem Schloss Hotel Holzrichter war er geparkt.
Dann erste Rotorengeräusche. Wenig später war der gelbe Hubschrauber gut sichtbar. Drehte allerdings zunächst in Richtung Letmathe ab. Das Vorseil wurde vom Tal aus in Richtung Deierte transportiert. Stück für Stück. Masten für Masten.
„Für den Pilot ist das eine richtige Challenge“, erklärte einer der Streckenposten, der die Arbeiten an der K24 im Bereich Deierte beobachtete. Während des Wartens beantwortete er bereitwillig alle Fragen. Einige Interessierte hatten sich dort versammelt, um die Arbeiten zu beobachten. Die große Schwierigkeit für den Piloten sei, dass er sehr nah an die Leitungen heran muss. Zudem habe das Seil gewisse Schwingungen. In einigen Bereichen sind zudem noch viele Bäume nah am Leitungsbereich. Vor allem über Sichtkontakt kommuniziere der Pilot mit den Arbeitern auf den Masten. Diese geben Handzeichen, wo sich das Seil genau befindet und wo es hin muss. Für Außenstehende eine Art Geheim-Zeichensprache. „Ein bisschen wie früher in der Schule. Einer gibt geheime Zeichen, keiner versteht´s, außer der Kumpel“, scherzte ein Zuschauer.
Wie genau das funktioniert, zeigten die Männer direkt vor den Augen der Beobachter an der K24. Langsam näherte sich der Hubschrauber mit dem langen Seil. „Wenn er gleich auf der Höhe ist, gibt der Mann auf dem Masten ein Zeichen. Dann kommt der schwierige Teil. Die Männer müssen das Seil zu fassen bekommen und anbringen“, erklärte der Experte am Boden. Mehr erklären konnte er nicht, denn nun musste auch er sich konzentrieren. Der Arbeiter auf dem Mast hatte das Signal gegeben, dass das Seil an der richtigen Stelle angekommen ist. Der erste Versuch klappte nicht. Der Mann griff ins Leere. Ein neuer Versuch. Der Pilot manövrierte das Seil noch ein bisschen näher, stieg dann höher, um die Position noch einmal zu optimieren. Und: Es klappte. Der Arbeiter zog nun das Vorseil durch die Vorrichtung und gab es dann zurück an den Helikopter. Das erste Vorseil war an Ort und Stelle.
Langsam flog der Helikopter weiter in Richtung Wiblingwerde und zog das Seil so immer weiter durch die Vorrichtung. Er nahm Kurs auf den nächsten Masten, der unmittelbar hinter den Häusern auf der anderen Seite der K24 steht. Blätter wirbelten umher. Die Rotoren machten mächtig Wind. Der nächste Mast war besonders. Denn es ist der letzte. Die Maßnahme endete für heute dort. Das hieß, das Seil musste so befestigt werden, dass es nicht herausrutschen konnte. Denn der Hubschrauber musste zurück, um das nächste Seil zu holen.
Ohne den Hubschrauber wäre die Errichtung einer solchen Super-Stromtrasse illusorisch. Die Topografie macht die Nutzung einer normalen Seilwinde nahezu unmöglich. Die Berge sind zu steil. Ganz anders im Bereich Oevenscheid, dort wird beispielsweise kein Hubschrauber benötigt. Da kann mit einer speziellen Seilwinde am Boden gearbeitet werden.
Bis Ende Oktober diesen Jahres soll die provisorische Leitung stehen. Derzeit liegen die Arbeiten gut im Zeitplan. Erst wenn die provisorische Leitung in Betrieb ist, kann mit dem Rückbau der alten Leitungen und Masten begonnen werden. Erst in etwa drei Jahren soll die Maßnahme komplett abgeschlossen sein. Auf Gemeindegebiet werden aktuell aber nicht nur provisorische Masten errichtet. Einige sind auch bereits die richtigen, die bleiben werden. Die stehen überall dort, wo sie neben der alten Leitung errichtet werden konnten. Der Unterschied ist auch für einen Laien erkennbar. Die provisorischen haben am Fuß dicke Betonklötze. Die bleibenden Masten verfügen über Fundamente, die tief in den Boden eingearbeitet sind. Bleibende Masten stehen beispielsweise im Bereich Wanderparkplatz Oevenscheid.