Grundsätzlich hat die Gemeinde die Möglichkeit, Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu beschlagnahmen und nutzt diese auch. „Aber es muss kein Vermieter Angst haben, dass wir jetzt an seine leerstehende Wohnung gehen“, betonte Bürgermeisterin Birgit Tupat bereits im Juli diesen Jahres.
Grundsätzlich geschehe eine solche Beschlagnahmung in Nachrodt-Wiblingwerde nur, wenn der Vermieter damit einverstanden sei. Durch eine Beschlagnahmung ergäben sich nämlich für beide Seiten gewisse Vorteile, von denen vor allem der Vermieter profitiere. Insbesondere bekomme dieser dadurch eine gewisse Sicherheit. „Wir übernehmen die Wohnung renoviert und übergeben sie auch garantiert wieder renoviert“, sagte Bürgermeisterin Birgit Tupat. Des Weiteren müsse sich die Behörde zeitgleich mit der Beschlagnahmung auch gegenüber dem Vermieter verpflichten, eventuell aufgelaufene Mietschulden und zukünftige Mieten ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme für den Mieter zu zahlen. Damit sei gewährleistet, dass jemand für entstehende Mietschulden aufkomme. Für die Gemeinde sei ein Vorteil, dass beispielsweise keine Kaution hinterlegt werden müsse und auf gewisse Fristen verzichtet werden kann. Außerdem müssten beispielsweise für Wohnungen der Baugenossenschaft keine Anteile gezeichnet werden.
Insgesamt hat die Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde derzeit rund 40 Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmt.
„Bei uns war es beispielsweise so, dass wir Anfang 2022 ein Gebäude an der Altenaer Straße erworben haben“, erklärt Uwe Hell auf Anfrage von LokalDirekt. Die Gemeinde sei dann auf ihn zugekommen, ob für ihn eine Unterbringung von Flüchtlingen in Frage komme. Das Gebäude habe sich damals jedoch in einem desaströsen Zustand befunden. „Wir haben dann gemeinsam den Rahmen besprochen und waren uns schnell einig“, berichtet Hell. Binnen zwei Monaten wurde das Gebäude in Stand gesetzt. Es bekam unter anderem neue Heizungen und Bäder. „Es ging nicht darum, Geschäfte zu machen, sondern schnellstmöglich eine Lösung zu finden. Die Beschlagnahmung war bei uns eine Vereinbarung, die völlig einvernehmlich getroffen wurde“, betont Uwe Hell. Sämtliche Beteiligten hätten einzig im Sinne der Flüchtlinge gehandelt.
Auch Tirza Piepenbreier, Mitarbeiterin der Baugenossenschaft, bestätigt das Vorgehen: „Ja, die Gemeinde hat auch von uns Wohnungen beschlagnahmt. Aber das geschieht immer in ganz enger Absprache. Wir waren uns da immer einig.“ Grundsätzlich würden auch immer nur Wohnungen beschlagnahmt, die leerstünden. „Es braucht wirklich niemand Angst haben, dass man einfach so an seine Wohnung geht“, sagt Tirza Piepenbreier. Eine Wohnung, die beschlagnahmt wird, steht leer, es gibt eine Einigung mit dem Eigentümer und das Verhältnis sei jederzeit kündbar.