Sven Plöger also. Der gebürtige Bonner, heute Ulmer, war mit der umweltfreundlichen Bahn von Donaueschingen nach Plettenberg gereist, hatte dabei „Bahn live“ erlebt – Flash-Erlebnis Nr. 1 an diesem Tag. Indes: Das System Eisenbahn hatte ihn befördert und in Plettenberg abgeliefert, nota bene, immerhin. Dann Flash-Erlebnis Nr. 2: Unternehmenschef Otto Prange fuhr ihn persönlich, Sven Plöger nächtigte nämlich im „Henblas“ in Altenaffeln. Das Bild, das sich Sven Plöger entlang der Landstraße von Eiringhausen nach Altenaffeln bot, hatte etwas apokalyptisches. Abgeholzte Wälder, kahle Hänge, Borkenkäfer-Kalamität, soweit das Auge reicht. Klimawandel pur.

Und dennoch: „Ich freue mich dramatisch, bei Ihnen zu sein“, begrüßte Plöger sein Publikum im vollbesetzten Saal der „Post“ in Ohle – um direkt seine aus dem Fernsehen hinlänglich bekannte Krücke vorzuführen. „Ein böser Sturz.“ Nicht beim Gleitschirmfliegen, nicht beim Rad- oder Skifahren, sondern sehr profan auf einer Treppe mit vier Stufen. Linker Fuß gebrochen und Knie heftigst lädiert, um nicht zertrümmert zu sagen. Plöger ist in Behandlung und langsam, langsam wird es besser. „Ich schaffe jetzt 900 Meter in 45 Minuten.“ Seine Botschaft mithin: Tapfer sein, immer wieder aufstehen, positiv denken.
Aber zurück zur Schockfahrt nach Altenaffeln, Plöger an die Plettenberger: „Sie spüren hier unmittelbar, wie sich die Dinge verändern.“ Der Klimawandel werde sicht- und fühlbar. „Den ganzen März kein Regen! Sonne ist längst nicht mehr schön; die Leute fragen inzwischen nach Regen.“ Diese Veränderung gelte es zu verstehen, um Konsequenzen zu ziehen, das Handeln zu ändern.

Jahrzehntelang hätten Eltern ihren Kindern versprochen „Ihr sollt es einmal besser haben.“ Heute verhielte sich die Menschheit so, als sollten es die Kindern später schlechter haben. Wir verhielten uns „kognitiv dissonant“ – „wir wissen, dass wir unsere Umwelt zerstören und machen doch weiter.“ Die Erderwärmung sei hinlänglich belegt und die Ergebnisse messbar. „Wir verlieren 29 Mio. Tonnen Eis in der Arktis – stündlich!“
Aber ja: Klimawandel habe es immer und zu jeder erdgeschichtlichen Epoche gegeben. Jedoch: „Der jetzige Klimawandel ist viel schneller als alles, was die Natur hervorgebracht hat.“ Das liege an der gewaltigen Energiemenge, die der Mensch durch das Verfeuern fossiler Energien in die Atmosphäre eingebracht habe. Alles sei bekannt, alles ausgeforscht, alles seit 50 Jahren formuliert. „Wir haben kein Wissens-, sondern ein Akzeptanzproblem.“ Deshalb werde der Klimaschutz achselzuckend in unendlich ferne Zeiten verschoben. Das 1,5 Grad-Ziel sei inzwischen gerissen. „Mit unserem derzeitigen Verhalten laufen wir auf 2,7 Grad hinaus.“
Kernbotschaften Plögers:
Die nach unten weisende Kurve des schmelzenden Arktiseises entspreche reziprok der Temperaturkurve der Klimaerwärmung.
Alles für’s Wirtschaftswachstum? Ein nicht nachhaltiger Wohlstand frisst Wohlstand.
Wir verbrauchen jährlich die nachwachsenden Ressourcen von 1,8 Erden. Dabei weiß jeder: Wir haben nur eine.
Jeder nicht in den Klimaschutz gesteckter Euro muss bei der Beseitigung der Folgen mit zwei bis elf Euro bezahlt werden.

Foto: Aschauer-Hundt
Gibt es denn überhaupt eine Perspektive, einen Lichtblick? Gibt es, sagt Plöger – es sind die regenerativen Energien. „Die Sonne liefert uns 6.000mal mehr Energie als die ganze Menschheit verbraucht.“ Der Appell mithin: Lassen wir uns auf Sonnenstrom, auf Regenerative in großem Stil ein, lösen wir uns von fossilen Energien, auch wenn 78-jährige errative Präsidenten („Drill, Baby, drill – frack, frack, frack“) unbelehrbar und im Rückwärtsgang seien. „Entwickeln wir einen positiven Blick auf die Transformation und ihr Gelingen.“ Denn: „Machen wir die Welt enkelfähig.“
Wir sind noch nicht verloren – so die Botschaft des so unterhaltsamen wie Physik- und Mathematik-sicheren Diplom-Meteorologen am Abend der Papstwahl. Mithin: Seid zuversichtlich, geht raus und dreht die Welt zum Guten.