In der Sitzung des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses Ende Oktober waren sich die Mitglieder bereits einig: Wenn Investor Klaus Weihrauch sich nicht meldet, ist er raus. Dann soll im Rat darüber entschieden werden, wie es weiter geht. Inzwischen hat er sich gemeldet. „Am 14.11.2024 teilte Herr Weihrauch schriftlich mit, dass die aktuelle Situation im Bankensektor nur einen geringen Spielraum für Investitionen bietet und er sich derzeit in drei Projekten befindet, die er mit seiner Hausbank abwickeln möchte. Er sieht sich zurzeit nicht in der Lage, sich außerhalb dieser Projekte, die in seinem näheren Umfeld liegen, zu engagieren. Dennoch hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass weiterhin Interesse an dem Projekt besteht. Aufgrund der vorher geschilderten Gründe ist er jedoch zurzeit nicht in der Lage, es umzusetzen. Sollte sich an der Situation etwas ändern, wird er sich bei der Verwaltung melden“, heißt es in der Sitzungsvorlage.
Eine schriftliche Antwort? „Das ist nach der Vorgeschichte ein absolutes Unding. Ich weiß nicht, wie oft wir angerufen haben. Wir haben gemailt und alle Hebel in Bewegung gesetzt. Und dann kommt eine Antwort nach dem Motto ,jetzt hab‘ ich meine Ruhe‘. Das geht einfach gar nicht“, sagt Bürgermeisterin Birgit Tupat. Sie ist sichtlich sauer über das Verhalten des Investors.
„Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir bereits in dieses Projekt investiert haben. Wir haben Verträge geprüft, Gespräche mit Behörden begleitet, Ideen gesammelt und dann kommt so eine Antwort und dann auch noch schriftlich ohne vernünftiges Gespräch? Das hätten wir einfach anders verdient gehabt“, sagt Birgit Tupat.
Rückblick: in der Sitzung des Rats Mitte Juni wurde durch die WJH Ingbau, vertreten durch Herrn Klaus Weihrauch und ASP-Architekten, eine mögliche Bebauung auf dem ehemaligen Rastatt-Gelände an der Lenneterrasse vorgestellt. Die Mitglieder des Rats stimmten einstimmig dafür, dass die vorgestellten Planungen weiterverfolgt werden sollten. In den folgenden Wochen und Monaten wurden einige Gespräche mit dem Investor und seinen Geschäftspartnern geführt. „Es wurden Kontakte zum Landesbetrieb vermittelt, damit die Interessenten sich in Bezug auf den geplanten Brückenneubau informieren konnten“, heißt es unter anderem in der Sitzungsvorlage. Im November 2023 hat ein gemeinsamer Termin mit allen am Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden, Klaus Weihrauch, Architekt Schneider und Vertretern der Verwaltung stattgefunden. „Im Dezember 2023 wurde der von Herrn Weihrauch übersandte Vertragsentwurf geprüft und um einen Gesprächstermin zur Klärung einiger entstandener Fragen gebeten. Aufgrund von anderen geschäftlichen Prioritäten und einer längeren Erkrankung eines Beteiligten auf Investorenseite, konnte zeitnah kein Termin vereinbart werden, um die offenen Fragen zu klären. Verwaltungsseitig wurde immer wieder telefonisch, aber auch schriftlich an den notwendigen Termin erinnert“, erklärt die Bürgermeisterin in der Vorlage.
Im Juli 2024 habe dann ein persönliches Gespräch stattgefunden, in dem Klaus Weihrauch nochmals bekräftigt habe, dass er weiterhin großes Interesse an der Verwirklichung hat und es wurde ein Termin für Anfang August vereinbart, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte auch eine verbindliche Antwort der Banken vorliegen. Dieser Termin sei durch den Investor mit dem Hinweis auf eine spätere Neuterminierung abgesagt worden. Da sich der Investor nicht gemeldet habe, habe die Verwaltung erneut auf verschiedenen Wegen versucht, Kontakt aufzunehmen. Auf Anrufe und Mails habe es keine Rückmeldung gegeben – bis zur Mail am 14. November.
Die Mitglieder des Rats tagen am Montag, 16. Dezember, ab 17 Uhr im Schlosshotel Holzrichter. Die Sitzung ist öffentlich und Bürger sind willkommen.
Kommentar: Der Traum und das schmerzhafte Erwachen
Die Ratsmitglieder müssen in ihrer Sitzung Farbe bekennen. Das Projekt ist gescheitert. Wer sich so verhält, hat kein ernsthaftes Interesse an einer Zusammenarbeit. Der Traum von einer tollen Gastronomie an der Lenne ist geplatzt – zumindest vorerst. Jetzt heißt es aufstehen, Krone richten und weiter geht´s. Und vielleicht ist es auch der Moment, in dem Gedanken abseits von einer großen Gastronomie erlaubt sein müssen. Die wirtschaftlichen Zeiten für so ein Vorhaben sind denkbar schlecht. Politik und Verwaltung haben zu jeder Zeit geschlossen hinter dem Projekt gestanden und den Weg bestmöglich bereitet und begleitet. Jedoch liegt die finale Entscheidung des Investors außerhalb der Zuständigkeit und der Verantwortung der Ratsmitglieder und der Bürgermeisterin.
Natürlich ist eine Gastronomie im Tal mit Veranstaltungsräumen ein wichtiger Aspekt in Sachen Infrastruktur. Und wenn wir ehrlich sind, klangen die Pläne, die Klaus Weihrauch vorstellte, schlicht und einfach perfekt. Genau das wäre das gewesen, was die Nachrodt-Wiblingwerder sich wünschen. Doch nun sind alle Beteiligten unsanft auf dem Boden der Tatsachen aufgeschlagen und schmerzhaft erwacht. Also Ärmel hochkrempeln und nach vorne blicken. Die Ratsmitglieder müssen offen für neue Ideen sein: Ein Park mit Spielplatz und Bewirtungsmöglichkeit, Seniorenwohnungen mit Café oder etwas ganz anderes. Wenn weiterhin alle an einem Strang ziehen, wird es einmal mehr gelingen, das Ruder für die Nachrodt-Wiblingwerder herumzureißen und in Richtung moderne Infrastruktur zu schippern.