„Gewalt gegen Einsatzkräfte“: Das war das Thema einer Info-Veranstaltung im großen Sitzungssaal des Iserlohner Kreishauses an der Friedrichstraße. Die Polizei hatte dazu öffentlich eingeladen – gut 50 Interessierte kamen. Es waren viele Uniformierte unter den Zuhörern, aber auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger. Helmut Marks, Polizeiseelsorger bei der Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis, freute sich über den großen Zuspruch. Polizeidirektor Tom Eckern stellte in seinem Grußwort heraus: „Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Respekt ist keine Einbahnstraße.“
Betroffenheit machte sich im Saal breit, als Marvin Barabo, Polizeibeamter im Wach- und Wechseldienst, von Anfeindungen, Beleidigungen und Angriffen erzählte, die zu seinem Arbeitsalltag gehören. Barabo berichtete von Prellungen und Schürfwunden, von Gewalttätern, die in die Polizeiwache Letmathe eingedrungen waren, von verletzten Kolleginnen und Kollegen. „Solche Angriffe werden wir nicht verhindern können, aber wir müssen darüber reden“, so Marvin Barabo. Sätze wie „Haben Sie nichts anderes zu tun?“ bei Geschwindigkeitskontrollen seien an der Tagesordnung. Barabo fragt: „Wieso ist das Verhältnis zwischen Polizei und Gesellschaft so in die Schieflage gekommen?“

Von zunehmender Respektlosigkeit erzählte auch Tobias Schelp, seit zehn Jahren in der Freiwilligen Feuerwehr und im Rettungsdienst aktiv. „Muss das wirklich jetzt sein?“, „Ich zahle Steuern und Ihr Gehalt, lassen Sie mich jetzt hier durch.“ „Machen Sie nicht so einen Krach, meine Kinder wollen schlafen“. Nur einige Beispiele aus seinem Einsatzalltag. Tobias Schelp: „Und dann sind da noch die Gaffer, die ihre Fotos machen wollen.“
Die Feuerwehr habe reagiert: „Wir haben Panikknöpfe an unseren Funkmeldeempfängern.“ Bei der Durchsage bestimmter Sätze am Funk wisse die Leitstelle, er brauche Hilfe. Die Feuerwehr reagiere auf die zunehmenden Angriffe mit Kursen für Selbstverteidigung und Deeskalations-Seminaren.
Wissenschaftlich beschäftigen sich Nicole Seif und Katharina Becker vom Referat des Instituts für Strafrecht und Strafprozess an der Uni Köln mit dem Thema. Sie stellten erstmals überhaupt ihre Projektarbeit vor, für die sie zahlreiche Interviews mit verschiedensten Akteuren aus der Justiz, der Polizei und mit Anwälten gemacht haben. Dabei ging es vor allem um die Gesetzesänderung der § 113, 114, 115 im Strafgesetzbuch, in denen es um Widerstand bzw. Angriffe auf Einsatzkräfte und Vollstreckungsbeamte geht. Das Strafmaß sei erhöht worden.
„Strafverschärfungen als Präventionsmaßnahmen halten die Experten für nicht hilfreich“, erfuhr Nicole Seif. Prävention müsse bereits in der Schule ansetzen. Polizei und Einsatzkräfte fordern dagegen von der Justiz „ein härteres Durchgreifen“. Polizeidirektor Tom Eckern ergänzte: „Wer bei Rot über eine Ampel fährt, wird verfolgt. Wer Steuern hinterzieht, wird verfolgt. Wer Widerstand gegen die Polizei leistet, dessen Verfahren wird eingestellt.“
„Sicher im Dienst“ ist der Titel einer NRW-Initiative, die Ralf Hövelmann, Koordinationsleiter vom Polizeipräsidium Münster, im Kreishaus vorstellte. Seine Mitstreiter und er haben ein Präventionskonzept für rund eine Million Beschäftigte im Öffentlichen Dienst erarbeitet. Es gehe nämlich nicht zur um Einsatzkräfte bei der Polizei, der Feuerwehr und im Rettungsdienst, sondern auch beispielsweise um Beschäftigte in Rathäusern und Krankenhäusern. Hövelmann plädierte für mehr Eigensicherung, eine entsprechende Ausstattung der Beamten, Sicherheitszonen in Büros. Komme es zu Beleidigungen oder gar Übergriffen, rät Hövelmann: „Melden Sie es, melden Sie es, melden Sie es!“ Im Internet könne man sich informieren und kostenfrei der Initiative beitreten.