Morgens der Schreck in der Dusche: Der rechte Arm lässt sich nicht mehr kontrolliert bewegen! Auch wenn Rainer Heißmann sofort klar war, dass das das erste Anzeichen einer bei ihm ausbrechenden Parkinson-Krankheit war, verfiel er nicht in Panik. „Das ist nicht meine Art“, sagt der heute 72-jährige. Nach mehreren diagnostischen Verfahren stand schnell fest, dass er mit seiner Vermutung Recht hatte.
Von Anfang an ging er ganz offen mit seiner Krankheit um. „Ich weiß noch, wie ich nach dem Arztgespräch meinen Nachbarn traf und ihm sagte: ‚Wenn ich demnächst im Zickzack über die Straße laufe, bin ich nicht besoffen – ich habe Parkinson!'“.
Als freier Journalist informierte er auch gleich seinen Auftraggeber. „Der hat ganz souverän reagiert und bis heute arbeite ich noch zeitweise für ihn“, freut sich Rainer Heißmann. Dieser offene Umgang mit der Krankheit half auch im Freundeskreis. Schon oft hat er gehört, dass es anderen hilft, mit ihm umzugehen, wenn er selbst so offen von der Krankheit und damit einhergehenden Problemen spricht.
Diese Offenheit und der Wunsch, sich durch die Krankheit nicht verstecken zu wollen, half ihm, den Weg zum Parkinson-Ping-Pong (PPP) zu finden. „Ich war immer schon sportlich, bin jeden Monat 1.000 Kilometer Rad gefahren und das zwölf Monate im Jahr, ich bin fünf Mal den Köln-Marathon gelaufen, ich musste einen Sport finden, den ich weiter ausüben konnte“, erinnert er sich.
Fürs Fahrradfahren wurde er durch die Krankheit zu unsicher, das Laufen strengte zu sehr an. Durch Zufall erfuhr er 2019 von einer damals noch neuen Bewegung in Deutschland: dem PPP. „Ich bin sofort nach Dortmund gefahren, wo einer der ersten Stützpunkte mit Basis in Nordhorn war und hatte dort zum ersten Mal in meinem Leben, mit 67 Jahren, einen Tischtennisschläger in der Hand.“
Seit diesem Tag spielt er oft und gerne, aber wie er mit einem Augenzwinkern sagt: „Nicht gut!“. Seine Aussage relativiert sich jedoch sofort, wenn er weiter erzählt, dass er im Verein nicht nur gegen andere Parkinson-Erkrankte spielt, sondern dass er auch gegen gesunde, teilweise ehemalige Profisportler antritt.
„Es ist vor allem die Freude an der Bewegung und die Tatsache, dass man, wenn man sich in der Halle trifft, mal zwei Stunden über den Sport und alle möglichen Themen, aber nicht über die Krankheit redet“, erklärt er seinen Spaß am Vereinssport.
Darüber hinaus hat das PingPong-Spiel für ihn auch eine therapeutische Bewandtnis. „Ping-Pong bremst Parkinson aus – egal, ob man den Ball trifft, oder nicht“, ist er sich sicher. Zwar habe er keinen Vergleich, ob es ihm ohne PPP besser oder schlechter ginge, aber der Verlauf der Krankheit scheint deutlich langsamer voranzuschreiten, als ihm prognostiziert wurde. Er sagt: „Ich fühle mich während des Spiels einfach besser. Der Ball kommt und die Hand wird ruhig“. An Tagen mit Training oder Wettkampf (vom Vereinsmeister bis zur Weltmeisterschaft) brauche Rainer Heißmann auch deutlich weniger Medikamente als an Tagen ohne diesen Sport. „Inzwischen“, so ergänzt er, „deuten auch Langzeitstudien auf die Wirkung von PPP hin.“
Das regelmäßige Training in Dortmund hat er allerdings aufgeben müssen, denn der Weg dorthin, gerade, seit den Problemen mit der A45, wurde schnell zu beschwerlich. Ein Anruf bei Nick Afflerbach, dem Abteilungsleiter der Tischtennis-Abteilung des TSV Rönsahl, war im November 2022 der Beginn eines PPP-Stützpunktes im Kiersper Stadtteil. „Ich wurde sofort willkommen geheißen und gehe inzwischen zwei bis drei Mal pro Woche dorthin zum Training. Es hieß damals, dass hier alle willkommen sind, egal ob Profis, Anfänger oder Leute mit Handicap wie meines“, erinnert er sich. Heute freut er sich darüber, wie integriert er, und inzwischen fünf weitere Parkinson-Erkrankte, dort sind. „Wir werden im Training nur begrenzt geschont. Hier spielt jeder gegen jeden. Egal, ob gesund oder nicht!“
Rainer Heißmann würde sich wünschen, dass sich auch andere Vereine der PPP-Organisation anschließen, damit noch mehr Parkinson-Erkrankte die Chance erhalten, den Sport auszuüben. „Das kann jeder Verein anbieten, wenn die Aktiven bereit dazu sind.“ Bisher gibt es in der Nähe PPP-Vereine in Wenden, Wipperfürth, Wuppertal und Hagen. Auskünfte zur PPP-Bewegung gibt Rainer Heißmann gern unter Tel 0151 – 11 00 66 66 oder per Mail unter [email protected].