60 bis 90 Minuten waren für den Termin angesetzt – wie sich bald zeigte, zu wenig Zeit für ein großes Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitern. So wunderte es nicht, dass nach mehr als zwei Stunden längst nicht alles gesagt oder gezeigt wurde, was diesen Betrieb ausmacht.
Hintergrund der „Woche der Ausbildung“ ist der oft zitierte Fachkräftemangel. Um auf lukrative und höchstinteressante Jobs und die dazu benötigten Lehrstellen hinzuweisen, trat die Bundesagentur für Arbeit in Aktion und stellte in Zusammenarbeit mit Unternehmen Ausbildungsmöglichkeiten vor. So auch in Meinerzhagen bei Otto Fuchs, der Aluminiumschmiede, die für ihre hochwertigen Produkte weltweit bekannt ist.
Wenn es etwa um Autofelgen gehe, habe Otto Fuchs Abnehmer wie Porsche, BMW, Rolls Royce und Tesla – ist also „eher im hochpreisigen Segment“ unterwegs, wie Norbert Breuer, Mitglied der Geschäftsleitung, betonte. Man sei aber auch Zulieferer von hochwertigen Teilen für die Luft- und Raumfahrtindustrie, erzeuge etwa sicherheitsrelevante Alu-Titan-Teile für Hubschrauber und für normale Linienflugzeuge die Alu-Fensterrahmen. „Wer also im Flieger sitzt, kann sich sicher sein, dass dort viele verbaute HighTech-Teile aus dem Sauerland stammen“, sagte Breuer. Fuchs stellt auch Teile für Flugzeugträger, Nickel-Titan-Triebwerke und etwa für Space Shuttles her.



Da das Unternehmen immer noch wachse, seien im vergangenen Jahr 300 neue Mitarbeiter eingestellt worden. Außerdem entstand eine kleine Zweigstelle in Hagen, um damit der Verkehrsproblematik rund um die gesperrte Rahmedetalbrücke – im wahrsten Sinne des Wortes – aus dem Weg zu gehen. Doch wie bei vielen anderen Firmen mangele es auch bei Otto Fuchs an Nachwuchskräften, obwohl man in den vergangenen sieben bis acht Jahren rund 300 Lehrlinge ausgebildet habe, erläuterte Breuer. „Die Lehrberufe hier sind sehr vielseitig – von kaufmännischen bis technischen Berufen und auch ein Bachelor ist möglich.“
Mit im Vorstellungsteam: Der Auszubildende Sean Thipkan, der von seiner Ausbildung erzählte: „Vor allem das Praktische macht mir Spaß! Die Berufsschule ist nicht so mein Ding. Ich sehe aber ein, dass ich hier auch Grundlagen erlerne, die für den Beruf wichtig sind, wie etwa Physik und Chemie. Als Ultraschallprüfer brauche ich das.“

Ein Ultraschallprüfer untersucht die Beschaffenheit eines Produktes. Hier gilt es genau aufzupassen und etwaige Gasblasen aufzuspüren. Denn die können ein Material instabil und damit unsicher – sprich unbrauchbar – werden lassen.
Norbert Breuer wies darauf hin, dass eine Ausbildung wichtig sei und nichts verbaue. Im Gegenteil: „Weiterbildung ist jederzeit möglich.“ So könne man sich hier auch zum Meister oder Ingenieur – etwa im Bereich der Metallurgie (Wissenschaft von der Gewinnung der Metalle aus Erzen bzw. der Herstellung neuer Werkstoffe, d. Red.) – weiterbilden lassen oder sogar ein Studium aufnehmen. Fast alle hätten nach einer Ausbildung eine viel besser Vorstellung, dessen, was sie in Zukunft machen könnten.
Otto-Fuchs-Mitarbeiter Jürgen Ackerschott – er ist der Leiter der gewerblich-technischen Ausbildung – erklärte, dass die Bewerberzahlen für Ausbildungsplätze rückläufig seien, gleichzeitig aber auch die Ansprüche in eine Ausbildung steigen würden.
„Der Oberbegriff nennt sich Werkstoffprüfer und beinhaltet auch die Ultraschallprüfung – eine Ausbildung, die im Umland einzigartig ist. Sie umfasst die Metallographie (hier wird mit mikroskopischer Hilfe die qualitative und quantitative Beschaffenheit des Gefüges metallischer Werkstoffe untersucht, d. Red.) und geht bis zur Ultraschallprüfung“, erläutert beim Betriebsrundgang der Ausbilder Uwe Prinz.
Überhaupt hatte es die Betriebsführung in sich: Mit Gehörschutz ging es durch die Schmiede – besonders beeindruckend ist die 30.000-Tonnen-Presse – in der Alu-Teile gegossen, gestanzt oder entgratet werden.










Auch der Meinerzhagener Bürgermeister Jan Nesselrath – er erzählte, dass er einst als Ferienarbeiter den Betrieb kennengelernt hatte – zeigte sich beeindruckt und auch stolz, dass man mit Otto Fuchs einen großen Arbeitgeber in der Region habe, der zudem auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurückblicken könne und viele Generationen begleitet habe. Zudem sei es schade, dass man nun gezwungen sei, jenseits der Brücke ein weiteres Werk zu eröffnen, wodurch der Fachkräftemangel in der Region zusätzlich verschärft würde, so der Bürgermeister.
„Wir müssen dafür sorgen, dass die Auszubildenden die Fachkräfte von morgen werden. So versuchen wir städtischerseits die Industrie zu unterstützen – zumindest in allen Belangen, die wir erledigen können“, führte Nesselrath aus. Er sei auch immer wieder begeistert, „was hier geleistet wird“ und wer den neuen „Top Gun“ gesehen habe, wisse, dass der Porsche von Tom Cruise mit Otto-Fuchs-Felgen ausgestattet gewesen sei. Wenn man schon im Filmgeschäft ist: Einige BMW-Felgen sind sicherlich auch James-Bond-geprüft.
Regina Linek von der Bundesagentur für Arbeit wies darauf hin, dass man den Jugendlichen und auch den Eltern klarmachen müsse, dass solche Betriebe viele Möglichkeiten böten und alles andere als langweilige Ausbildungen anbieten. Auch ein Praktikum sei möglich, das später auf eine Ausbildung angerechnet werden könne. Das so genannte EQJ (Einstiegsqualifizierungjahr) für schwächere Bewerber werde von der Agentur mit 262 Euro monatlich unterstützt und könne von den Firmen aufgestockt werden.
Die Otto-Fuchs-Personalleiterin Valesca Blau sagte, dass viele Bewerber Schwierigkeiten mit den Einstellungstests hätten und man deshalb auf ausbildungsrelevante Angebote setzen müsse. Jürgen Ackerschott ergänzte: „Die schulische Ausbildung ist schwierig und dies liegt am System.“ So sei etwa der Beruf des Verspannungstechnikers passend für einen Hauptschüler gewesen. Doch den gäbe es jetzt nicht mehr, was sicherlich auch daran liege, dass die Ansprüche der Eltern zu groß seien.