Die Dragons, die weiterhin ohne Allrounder Philipp Jaeger auskommen mussten, erwischten in Ahlen einen Einstand nach Maß. Nach ersten, zeitintensiveren Versuchen war es Brian Gipperich, der den Torreigen eröffnete (3.). Nur wenige Momente später handelte sich Tobias Schetters eine sehr frühe Verwarnung ein. Der verwandelte Siebenmeter der Hausherren sollte jedoch nicht weiter ins Gewicht fallen, weil der wieder bockstarke Luca Jannack einfach keinen Ball passieren ließ.
Die Folge: Die SGSH marschierte kurzerhand binnen weniger Minuten auf 1:6 davon (9.) – zehn Minuten lang blieb der SGSH-Schlussmann aus dem Spiel heraus unbezwungen. Unter den Torschützen auf Sauerländer Seite war auch Ex-Ahlener Philipp Dommermuth, der das zwischenzeitliche 4:1 für seine Farben verantwortete. Ahlen-Trainerin Yasmin Yusif-Hügle zog daraufhin das Timeout.
Erhitzte Gemüter
Nach der aus Sicht der Gastgeber bitter nötigen Auszeit kochten die Gemüter dann in der Friedrich-Ebert-Halle ordentlich hoch: Zunächst kassierte der Heimkehrer Dommermuth nach einem leichten wie unabsichtlichen Vergehen am Kreis eine überzogene Rote Karte (10.), welche die SG zum 2:6-Anschluss in Überzahl nutzten (11.). Kurze Zeit später sah dann auch SGSH-Trainer Dmytruszynski den Gelben Karton, weil er sich zu lautstark bemerkbar gemacht hatte. Seine Sieben ließ sich davon allerdings nicht aus dem Konzept bringen und stellte durch Erik Blaauw und Tobias Schetters auf 3:9 (13.). Immer wieder vertändelten die Ahlener leichtfertig den Ball und luden die Dragons zum Kontern ein – dazu gab es lediglich Begleitschutz der Gastgeber. Das Raunen auf den Rängen ließ daher auch in den Folgeminuten nicht nach – und das lag nur bedingt an der dürftigen Leistung des eigenen Teams. Vielmehr zog das Gespann mit einigen der getroffenen Entscheidungen – Yasmin Yusif-Hügle sah wie Dmytruszynski Gelb, zusätzlich gab es eine doppelte (!) Zwei-Minuten-Strafe – den Unmut des Publikums auf sich.
Tobias Schetters war das relativ egal; erst traf er vom Punkt und netzte bei nächster Gelegenheit auch aus dem Spiel heraus zum 5:11 (16.). Neben den Unzulänglichkeiten der Ahlener SG profitierte die SGSH im ersten Abschnitt zudem von gnadenloser Effizienz im eigenen Offensivspiel, beinahe aus jeder Lage gelang es der Dmytruszynski-Sieben, die Angriffsbemühungen in Tore umzumünzen. Zwar kamen auch die Hausherren vereinzelt zu schönen Toren wie dem zum 7:12 nach 18 Minuten, als Jannack nach einer Ecke gegen den harten Wurf aus dem Rückraum machtlos war. Insgesamt aber zeigten die Dragons in der ersten Spielhälfte nicht weniger als eine Gala in Ahlen. Die SG verlor die Murmel im Vorwärtsgang zu einfach und zu schnell, insbesondere in der Unterzahl und bei leerem Tor verheerend. Schetters bedankte sich und stellte auf 8:15 (22.). Ahlen war drauf und dran, auseinander zu brechen und kam gar nicht in die Zweikämpfe, mit viel Zeit konnten sich die Sauerländer bisweilen die Ecke aussuchen. Auf der Gegenseite verzweifelte die Ahlener Offensive ein ums andere Mal an Jannack und Halfmann, sodass es mit einer absolut verdienten 19:12-Führung in die Katakomben ging.
Licht und Schatten – Dragons verspielen Vorsprung
Kurz nach Wiederbeginn machte sich rasch deutlich, dass die Zuschauer in Ahlen eine von beiden Seiten andere Hälfte zu sehen bekommen würden. Zunächst konnten sich beide Schlussmänner mehrfach auszeichnen, die Abwehrreihen standen sattelfest. Gute fünf Minuten in Hälfte zwei waren bereits absolviert, da rauschte Erik Blaauw heran und netzte zum 12:20. Aber auch Ahlen schien in der Pause gutes Zielwasser inhaliert zu haben und zeigte sich nun deutlich zielstrebiger vor dem SGSH-Gehäuse (15:22, 38.). Obgleich die Spielanlage und -anteile sich jetzt verändert zeigten, ging in der Halle wohl zu diesem Zeitpunkt noch niemand davon aus, dass ein paar der eingezimmerten Sargnägel wieder entfernt werden müssten. Die Dragons antizipierten erneut die Pille und sprinteten durch Oliver Perey dazwischen – freie Bahn mit Marzipan, 16:24 (40.). Auf der Gegenseite bugsierten die Hausherren den Ball nach dessen Gewinn nonchalant ins Seitenaus. Bis hierher das wohl größte Indiz für den vermeintlichen Klassenunterschied an jenem Abend: der Kopf.
Die Präzision aber, sie schwand allmählich im Spiel der SGSH. Zudem musste Gipperich nach einem Wurf auf Kopfhöhe für zwei Minuten auf die Bank (44.). Nach Ahlens Verkürzung auf 19:25 zog Dmytruszynski die Auszeit, doch verpuffte diese vollständig: Nach 48 Minuten auf der Uhr hatten sich die Hausherren bis auf vier Tore heran gepirscht, auch weil die Dragons in dieser Phase zu wenig aus ihren Chancen machten. Und es sollte noch dicker kommen: Perey bekam die zwei Minuten aufgebrummt, in Überzahl brachte die SG die SGSH damit in arge Bedrängnis und stellte auf 24:26 (55.). Auf der anderen Seite brillierte nun auch der Ahlener Keeper und vereitelte einige gute Möglichkeiten der Sauerländer. Die Partei kippte in der Crunch Time im Sekundentakt weiter, das Momentum lag nun eindeutig in den Händen der Gastgeber, welche nun natürlich auch den vollen Rückenwind des Publikums genossen.
Crunch Time-Krimi
Nach dem Timeout der SG war es dann tatsächlich so weit: mit dem 25:26 war der echte Anschluss hergestellt und der große Vorsprung völlig verzockt (56.). Die hatten wenige Momente gar nach einem leichten Ballverlust der Drachen die Möglichkeit, auszugleichen, zum Glück für die Dmytruszynski-Sieben kam der letzte Pass jedoch nicht an (57.). Der Head Coach schäumte und versammelte seine Mannen vor den letzten drei Minuten noch einmal um sich. Nach über zehn Minuten ohne eigenen Treffer war es dann Youngster Fynn Voss, der auf der rechten Seite den Raum bekam und zum wichtigen 25:27 traf. Um ein Haar hätten die Ahlener die direkte Antwort darauf gegeben, Jannack im SGSH-Tor sicherte den knappen Vorsprung mit einem Mega-Safe (59.). Noch war aber nicht Schluss in Ahlen und die Schwarzhosen flatterten gewaltig. Begünstigt durch einen leichtfertigen Ballversucht gelang es der SG in der letzten Minute erneut, den Anschluss herzustellen – nur noch 26:27. Mit dem nächsten Angriff dann entschied Gipperich die Partie – deutlich später als erwartet – zugunsten seiner Farben, auch weil Jannack im Nachgang mit einer erneut starken Parade die zwei Punkte festhielt.
Damit fahren die Dragons den zweiten Sieg in Folge ein und machen wichtigen Boden in der Tabelle der 3. Liga West gut. Obwohl die Sauerländer insbesondere in der ersten Hälfte ein Feuerwerk entzündeten, machten sie es im zweiten Abschnitt hinten raus noch einmal extrem spannend und dürften damit einigen Zuschauern ein paar wenige Lebensjahre abgeluchst haben.
Match Facts
HLZ Ahlener SG – SGSH Dragons 26:28 (12:19)
SGSH Dragons: Gipperich (7), Yorgov, Weßeling, Blaauw (6), Halfmann, Koenig, Schetters (6 (2/2)), Perey (3), N. Jannack (1), J. Jannack, Voss (3), Lüsebrink, Walch, Boerner (1), Dommermuth (1).