"Bei allen anstehenden Problemen – und die sind sicher nicht ohne: Die Stimmung im Lüdenscheider Kreishaus ist zumindest in der Führungsetage deutlich besser geworden. Das liegt nicht zuletzt am neuen Kapitän auf der Kreishaus-Brücke, Ralf Schwarzkopf. Seine ruhige und freundliche Art im Gespräch darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Lüdenscheider um seine Aufgabe nicht zu beneiden ist. Millionen-Defizite im Kreishaushalt, beider Märkischen Verkehrsgesellschaft und den Kliniken schränken den Gestaltungsspielraum des Voge-Nachfolgers deutlich ein.

Die Kreispolitik ist ja ohnehin keine One-Man-Show. Das mag in Washington vielleicht so sein, aber nicht in Lüdenscheid. Äußeres Zeichen für den wiedergewonnenen politischen Frieden an der Heedfelder Straße ist die erneute Änderung der Hauptsatzung des Kreises. Hatte der Kreistag dem Schwarzkopf-Vorgänger noch einen Riegel vor dessen personelle Alleingänge geschoben, eröffnete das Gremium dessen Nachfolger bereits in der konstituierenden Sitzung durch die Rücknahme des Beschlusses die Tür zu mehr Entscheidungsfreiheit.

Beweist das doch, wie tief der Riss zwischen Marco Voge und der Kreispolitik war, und wie groß der Vertrauensvorschuss für dessen Nachfolger ist. Jetzt kommt es auf Ralf Schwarzkopf an, sich diesen Vertrauensvorschuss zu verdienen. Dass daran im Kreishaus nur wenige zweifeln, haben die ersten Wochen seiner Landrats-Regentschaft gezeigt. „Besser mit den Menschen reden, als über sie“, ist ein Leitspruch des Neuen im Landratsbüro.

Dem früheren Unternehmer ist bewusst, dass er früher oder später unangenehme Dinge auf den Weg bringen muss. Eine Wahl hat Ralf Schwarzkopf bei den schwindsüchtigen Kommunalhaushalten dabei nicht wirklich. Schon jetzt weht ihm aus dem einen oder anderen Rathaus eisiger Wind bezogen auf die höhere Kreisumlage ins Gesicht. Dabei wissen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ganz genau, dass sie unumgänglich ist. Aber es macht sich eben seit Jahrzehnten gut, den bösen Blick nach Lüdenscheid zu richten.

Dabei hat der Kreis viel weniger Möglichkeiten, zu sparen. Er hat kein Schwimmbad, er hat keine Sportanlagen, die er schließen könnte. Die Burg Altena kann man ja auch nicht einfach zurück bauen. Und die Sozialleistungen bekommen ja nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger in den Städten, deren Kinder gehen auf Berufskollegs oder Förderschulen des Kreises vor Ort, das MVG-Defizit wird nicht in der Lüdenscheider Firmenzentrale eingefahren, sondern auf den Linien in den kreisangehörigen Kommunen.

Dass Landrat Ralf Schwarzkopf volles Verständnis für die Sorgen und Nöte in den Rathäusern hat, macht ihn zum Verbündeten der Kommunen. Gute Freunde müssen sich aber auch mal deutlich die Meinung sagen. Es bleibt abzuwarten, ob Ralf Schwarzkopf sich dazu auch mal öffentlich traut. Die Zukunft wird zeigen, ob die gute Zusammenarbeit noch von Dauer ist, wenn vor Ort Leistungen des Kreises gestrichen werden müssen. Dass sie gestrichen werden müssen, ist aufgrund der dramatischen Haushaltslage unstrittig."

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