Kommentar.
Die Erleichterung über die Freigabe der Rahmedetalbrücke ist groß. Pendler, Spediteure und Anwohner bekommen ihre wichtigste Verkehrsverbindung zurück. Endlich wieder freie Fahrt auf der A45, endlich weniger Verkehr in der Stadt und auf zahlreichen anderen Straßen in der Region. Die Freude darüber ist verständlich.
Was bleibt, ist zweierlei. Da ist zum einen der wirtschaftliche Schaden für die Unternehmen in der Region. Er wird von Experten auf rund 1,5 Milliarden Euro beziffert. Wer gleicht das aus?
Zum anderen ist ein Schaden entstanden, der wohl nicht beziffert und ausgeglichen werden kann. Ständiger Verkehrslärm an exakt 1481 Tagen seit Sperrung und Sprengung der Brücke haben vielen Menschen zu schaffen gemacht. Eine psychische Belastung sondergleichen. Das war quälender Stress, der an vielen nicht spurlos vorübergegangen ist. Anwohner der Hauptumleitungsstrecke berichten von Hörstürzen. Dazu kommt die erhöhte Feinstaubbelastung. Trotz des enormen Verkehrsaufkommens soll sich die Luftqualität an der stark belasteten Lennestraße allerdings im erlaubten Rahmen gehalten haben. Das haben Messungen des Landesamtes für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW ergeben.
Die Bürgerinitiative A45 hatte zwar immer wieder eine Studie zu verstärkt auftretenden Krankheiten wie Krebs, Hörsturz, Schlafproblemen, Leukämie, Bluthochdruck, Schlaganfällen, Konzentrationsschwierigkeiten, psychischen Erkrankungen und Allergien angefordert. Die Untersuchung blieb aus. Sie war politisch nicht gewollt. Die Menschen blieben mit ihren Problemen alleine. Ein trauriges Kapitel in der A45-Historie, das nicht vergessen werden sollte.
Für viele andere ist die noch nicht vollendete Rahmedetalbrücke nicht nur ein Bauwerk, sondern ein Symbol: Sie zeigt, wie verletzlich Deutschlands Infrastruktur geworden ist – und wie teuer jedes Zögern am Ende wird. Vier Jahre für eine Brücke sind zu lang, auch wenn sie diesmal im Rekordtempo gebaut wurde. Das sollte Mahnung und Auftrag zugleich sein.
Eine Frage bleibt: Warum gelingt ein solches Tempo nur, wenn eine Beinahe-Katastrophe vorher alles zum Stillstand gebracht hat? Warum dauert es im Normalfall fünf bis zehn Jahre, bis vergleichbare Brückenprojekte fertiggestellt werden? Der Ausnahmefall Rahmedetalbrücke zeigt, was möglich ist, wenn Prioritäten gesetzt, Verfahren vereinfacht und Zuständigkeiten klar geregelt werden. Rahmede-Tempo soll Deutschland-Tempo werden. An dieser Aussage muss sich Verkehrsminister künftig messen lassen.
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