Viel Zeit gelassen hat sich der neue Landrat Ralf Schwarzkopf nicht, bis er an die Arbeit gegangen ist. Um die Aufgabe ist der Lüdenscheider aufgrund der angespannten Kassenlage von Kreis und dessen 15 kreisangehörigen Städten und Gemeinden nicht zu beneiden. Als Unternehmer war es Schwarzkopf gewohnt, Entscheidungen zu treffen. Das möchte der Christdemokrat jetzt auch direkt nach seinem Wechsel aus dem Landtag ins Lüdenscheider Kreishaus machen – einige davon im engen Schulterschluss mit der Politik.

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Ganz unvorbereitet ist Ralf Schwarzkopf nicht ins Landratsbüro eingezogen. Der Christdemokrat gehört dem Kreistag seit 2009 an, war zuletzt stellvertretender Landrat. Nur wenige Tage vor seinem 57. Geburtstag war Ralf Schwarzkopf in direkter Wahl zum Landrat und zum Ratsmitglied seine rHeimatstadt gewählt worden.

Amtsübergabe konstruktiv

Begleitet worden war seine Nominierung durch die Differenzen seines Amtsvorgängers Marco Voge mit dessen CDU-Fraktion, die sich einstimmig für einen Amtsverzicht des Balvers ausgesprochen hatte. Voge verzichtete letztlich auf eine erneute Kandidatur. „Die Amtsübergabe erfolgte in einem zweistündigen Gespräch. Das war sehr konstruktiv. Marco Voge hatte mir schon vorher alle wichtigen Unterlagen übergeben“, so Ralf Schwarzkopf. Auf eine größere Verabschiedung habe Voge mit dem Hinweis, der Kreis müsse sparen, verzichtet. Und das gelte auch für ihn, unnötige Ausgaben müssten vermieden werden.

Änderung der Hauptsatzung rückgängig gemacht

Eine der ersten Amtshandlungen von Ralf Schwarzkopf war - gemäß dem Motto „back to the Roots“ - die Rücknahme der im Juni 2024 von Kreistag beschlossenen Änderung der Hauptsatzung. Darin hatte der Kreistag seinerzeit dem amtierenden Landrat die alleinige Entscheidung über die Besetzung von Führungspositionen entzogen. Dieser Beschluss wurde bereits in der konstituierenden Sitzung des Kreistages auf gemeinsamen Antrag der Kreistagsfraktion von FDP, CDU, SPD, Grüne, Linke und UWG korrigiert, der alte Entwurf der Geschäftsordnung wieder in Kraft gesetzt. Dagegen votierten lediglich 15 AfD-Kreistagsmitglieder.

„Rückbau“ der Führungsstruktur

Damit war der Weg für Ralf Schwarzkopf für den „weitestgehenden Rückbau“ der Verwaltungsgliederung im Kreishaus an der Heedfelder Straße frei. Nötig war das auch deshalb, weil der bisherige Fachbereichsleiter „Zentrale Dienste“ Guido Thal zum Bürgermeister von Altena gewählt worden war. Sein Nachfolger wurde Manfred Fischer. In dessen Fachbereich wurden die Fachdienste „Öffentlichkeitsarbeit“ sowie „Geschäftsstelle Kreistag“ zurückgeholt. Beide Fachdienste waren zuvor direkt im Büro von Landrat Marco Voge angesiedelt. Der Fachdienst „Kreisentwicklung“ bleibt dem neuen Verwaltungschef direkt zugeordnet.

Mit den Betroffenen reden

Ralf Schwarzkopf: „Ich habe keine Entscheidung getroffen, ohne mit den betroffenen Mitarbeitern gesprochen zu haben. Man sollte immer mit den Menschen reden, statt über sie.“ Er habe nicht so viele Leute direkt an sich binden wollen, weil er dann auch die personelle Aufsicht gehabt hätte. „Ich habe ein gutes Team in der zweiten Reihe bei den Fachbereichsleitungen.“ Dort ist noch eine Position vakant. Die Leitung des Fachbereichs „Jugend und Bildung“, viele Jahre bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand von Iris Beckmann-Klatt besetzt und zwischenzeitlich von Guido Thal kommissarisch geführt, werde Anfang des Jahres ausgeschrieben. „Es wäre schön, wenn wir die Stelle im März besetzen könnten“, wünscht sich der neue Landrat. Der Kreis müsse auf dem Arbeitsmarkt schneller reagieren. Um das zu können, sei die Änderung der Hauptsatzung zurückgenommen worden. „Qualifizierte Bewerber wollen nicht so lange im Unklaren gelassen werden, sonst bewerben sie sich woanders“, weiß der langjährige Unternehmer.

Kassenlage größte Zukunftsaufgabe

Eines seiner größten Zukunftsaufgaben ist die marode Kassenlage des Kreises. „Wir haben eine schwierige Ausgangssituation auf Kreis- und kommunaler Ebene. Die Steuerungsmöglichkeiten sind gering, die Rücklagen sind aufgebraucht. Der Hebesatz der Kreisumlage muss erhöht werden.“ Das belaste natürlich die kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Schwarzkopf: „Rund 75 Prozent unserer Ausgaben sind gesetzlich vorgegebene Sozialleistungen. Die kommunale Familie zahlt zu viel für Entscheidungen von staatlichen Ebenen.“ Eine finanzielle Entlastung durch Bund und Land sei dringend nötig.

Bürgermeister haben ja Recht

Verständnis zeigt der Landrat für die zum Teil heftige Kritik der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur geplanten Erhöhung der Kreisumlage: „Mir ist bewusst, dass sie für ihre Stadt oder Gemeinde streiten müssen. Dadurch fühle ich mich nicht angegriffen. Die Städtehaben ja Recht.“ Nordrhein-Westfalen habe zurzeit die kommunalfreundlichste Landesregierung, erklärt der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete. Die habe mit wenig Geld wahnsinnig viel gemacht. „Unser ländlicher Raum ist mehr in den Fokus gelangt. Die SPD-geführten Landesregierungen haben vor allem das Ruhrgebiet im Blick gehabt“, so Schwarzkopf. Der Landrat hofft darauf, dass der Märkische Kreis von der Altschuldenregelung profitiert. „Der Antrag ist gestellt. Wir werden eine Task-Force einrichten, sobald wir etwas wissen.“

Jeder Stein wird umgedreht

Auf Land und Bund hoffen ist das eine – selbst handeln, da wo es möglich ist, das andere.„Unser Fokus liegt auf den Beteiligungen des Kreises – auf den Kliniken, der MVG und der AMK. Der Kreis hat insgesamt 36 Beteiligungen. Unser Ziel ist es, überall bessere Ergebnisse zu erreichen.“ Dabei sei aber auch die Frage zu beantworten „Was können wir uns noch leisten?“ Der Kreis wolle jede Handlungsmöglichkeit nutzen, es werde jeder Stein umgedreht. Der Kreistag habe die Verringerung von 40 Stellen bereits beschlossen. Den Beschluss werde man umsetzen, Details mit im Verwaltungsvorstand besprochen. Ralf Schwarzkopf: „Wir signalisieren unseren Städten und Gemeinden: Wir lassen euch nicht alleine mit euren Finanzsparbemühungen.“

Erfolg muss messbar werden

2026 übernimmt Ralf Schwarzkopf turnusmäßig den Vorsitz im Aufsichtsrat derSüdwestfalen Agentur GmbH. 200.000 Euro lässt sich der Kreis die Mitgliedschaft jährlich kosten, 120.000 für die REGIONALE und 80.000 Euro für das Regional-Marketing. Die Arbeit der Agentur sei für die Region und deren Unternehmen, die aktuell in einer schwierigen Lage seien, sehr wichtig. Wegen steigender Mieten in den Großstädten gebe es aktuell einen Trend zurück aufs Land. „Woher wissen Menschen in Köln, wohin sie aufs Land gehen sollen?“, fragt Ralf Schwarzkopf. Die Wirtschaftsinitiative Südwestfalen erfreue sich steigender Mitgliederzahlen. „Es sind inzwischen mehr als 400.“ Erfolge der Agentur zu messen, sei schwierig. Belastbare Zahlen, wie viele Unternehmen sich durch die Aktivitäten der Südwestfalen-Agentur im Märkischen Kreis angesiedelt haben, gebe es nicht. „Ich habe schon mit Agentur-Chef Hubertus Winterberg gesprochen, wie wir das hinbekommen können.“

48 Millionen Defizit sprengt Kreishaushalt

Bleiben die beiden größten Baustellen: die Märkischen Kliniken und die MVG. „Der ÖPNV ist eine herausfordernde Aufgabe in einem Flächenkreis wie dem unseren. Der Nahverkehr bietet ein gutes Angebot. Mobilität bedeutet Teilhabe, Bildung wahrnehmen, Arbeit finden und Freunde treffen.“ Das bestehende Angebot müsse weiterentwickelt werden. Neue Chancen wie etwa On-Demand-Angebote (BEA) nutzen. „Erste Gespräche mit der MVG-Geschäftsführung über eine strategische Ausrichtung sind erfolgt. Fest steht, ein jährliches zweistelliges Millionendefizit – 48 Millionen in 2029 – kann nicht sein. Das würde den Kreishaushalt sprengen.“

Preisschild an jede Leistung

Mit den Bürgermeistern müsse ein Gespräch über die Angebotsqualität erfolgen. „Wir werden an jede Leistung ein Preisschild hängen. Dann können die Bürgermeister und die Stadt- und Gemeinderäte entscheiden, welche Linien sie noch haben wollen.“ Der Kreis sei Aufgabenträger, der MVG müssten klare Vorgaben gemacht werden. Der neue Nahverkehrsplan biete ein gutes Angebot. Schwarzkopf: „Die Weichen für die Zukunft müssen gestellt werden, das muss nicht zu Lasten des Services gehen.“

Solidaritätsgedanke vor Gericht

Verständlich ist für den neuen Landrat, dass die Kommunen mit eigenen Krankenhäusern dagegen klagen, über ihre Kreisumlage an der Sanierung der Märkischen Kliniken beteiligt zu werden. „Die harmonische Zusammenarbeit leidet nicht unter der Klage. Die Bürgermeister sprechen in ihrer eigenen Rolle als Stadtoberhäupter“. Sollte das Gericht der Klage stattgeben, würde das den Solidaritätsgedanken infrage stellen. Schwarzkopf: „Wenn das Gericht hingegen sagt, wir sehen den Kreis als Solidargemeinschaft, würde das unsere Position natürlich stärken.“ Gleichwohl dürfe die dramatische Entwicklung bei den Märkischen Kliniken so nicht weitergehen. Entlastung sieht Schwarzkopf durch das beschlossene Krankenhausstärkungsgesetz. „Zu 99 Prozent ist der Wettbewerb der Häuser untereinander raus. Das führt zur Entlastung bei den Pflegekräfte und Ärzten. Es gibt keinen ruinösen Wettbewerb der Häuser untereinander mehr“, erklärt Ralf Schwarzkopf. Fest stehe aber auch: „Wir brauchen die Unterstützung des Landes bei den Baumaßnahmen.“

Zusammenarbeit mit Sportklinik

Als gutes Beispiel wertet der neue Landrat die begonnene Zusammenarbeit der Märkischen Kliniken mit der benachbarten Sportklinik in Hellersen. „Wir wollen die jeweiligen Stärken jedes Hauses einbringen und haben ein gemeinsames Papier erarbeitet und ans Gesundheitsministerium geschickt. Die Gespräche haben begonnen, der neue Lenkungskreis trifft sich alsbald.“

Weiterhin Firmenbesuche

Festhalten will Ralf Schwarzkopf an den Firmenbesuchen. Wie seine Vorgänger wird er mit GWS-Geschäftsführer Jochen Schröder Unternehmen im Märkischen Kreis aufsuchen. Die Arbeit der GWS-MK sei wichtig. Der Landrat nennt das auf den Weg gebrachte Energieversorgungskonzept, die Existenzsicherung für Betriebe vor Ort, die Automotive-Transformationsplattform als Beispiele. Schwarzkopf, der seine Erfahrungen als Unternehmer einbringen möchte, will mit der GWS neue Perspektiven aufzeigen und Chancen ermöglichen.