Lüdenscheid ohne die Knopfindustrie ist undenkbar – sie gilt bis heute als der Grundstein der erfolgreichen Lüdenscheider Wirtschaftsgeschichte, auch wenn im Alltag heutiger Unternehmen nichts mehr daran erinnert. Dass ein Knopf weitaus mehr sein kann, als der klassische Helfer zum Verschließen von Kleidungsstücken, Schuhen, Taschen und mehr zeigt die Ausstellung „KunstKnopf“ ab 15. November (Eröffnung um 19 Uhr) in der Städtischen Galerie.

Neben kunstvoll gestalteten Knöpfen, die Galerieleiterin Dr. Susanne Conzen aus dem Bestand des Museums hervorgeholt hat, zeigt die Ausstellung vor allem die individuelle Handschrift von Künstlerinnen und Künstlern, die auf kreative Art und Weise einer Aktion des ehemaligen Galerieleiters Uwe Obier gefolgt sind. Er hatte die Idee, zur Eröffnung der Galerie im Jahr 1988 eine Kunstausstellung „Ein Knopf für Lüdenscheid“ zu präsentieren. Künstlerinnen und Künstler aus Obiers weit verzweigtem Netzwerk ließen sich nicht lange bitten. Kreative aus zwölf Nationen schufen auf einer Holzscheibe mit 30 Zentimeter Durchmesser Knöpfe für Lüdenscheid – zunächst als Projekt zur Eröffnung, später auch unaufgefordert.

Reduziert auf engster kreisrunder Fläche zeigen die KunstKnöpfe der Sammlung der Städtischen Galerie nahezu alle Stilrichtungen zeitgenössischer Kunst. Die Sammlung wuchs 2002, als eine zweite Ausstellung auf dem Programm stand. „Inzwischen hat sie einen spektakulären Umfang erreicht“, sagte Galerieleiterin Dr. Susanne bei einer ersten Vorschau auf Ausstellung Nummer drei. Im Katalog zur Knöpfe-Schau 2002 schrieb Uwe Obier: „Man begegnet fast allen Richtungen der zeitgenössischen Kunst: Informal, Konzeptkunst, Konkrete und visuelle Poesie, Notationen, individuelle Mythen, Aktions- und Objektkunst, Neue Figuration, Popart, Op-Art, Lyrische Abstraktion, Konstruktivismus und geplante Malerei stehen neuen Medien, Fotokopie, Fotografie und Video gegenüber.“

Das Visionsbild Nr. 4 von Hildegard von Bingen.
Foto: Luca Biblioteca statale

Dr. Susanne Conzen hat etwa 100 Werke in den Kontext des Kreises gestellt. So ist im ersten Ausstellungsraum ein Bild des Schöpfers zu sehen, der mit einem Zirkel einen Kreis sieht. Verstärkt wird der Bezug zum Kreis beispielsweise auch durch ein Visionsbild von Hildegard von Bingen (1098 bis 1179). Es zeigt im Inneren den Jahreskreis. Der äußere Kreis stellt das menschliche Wirken dar.

Im weiteren Verlauf der Ausstellung zeigt Ludwig Wilding sein Prinzip der optischen Irritation. Bernhard Schulze gibt Einblick in ein informelles Rund. Der Beitrag des Aktionskünstlers Klaus Staeck zeigt die Scheibe einer Kreissäge. Sie hängt bezeichnenderweise neben dem Gesicht eines toten Soldaten, gemalt von Marlini Wickrama Sinha.

Warum jetzt eine KunstKnopf-Ausstellung? „Ich fand, dass es nach mehr als 20 Jahren und wenige Monate vor der Eröffnung des Stadt- und Geschichtsmuseums unter dem Titel ‘Innovatia‘ an der Zeit war, einen aktuellen, neuen Blick auf die runden Kunststücke zu werfen“, sagt Galerieleiterin Dr. Susanne Conzen. „In ihrem lokalhistorischen Bezug zur Knopfstadt Lüdenscheid erinnern sie auf besondere, mitunter humorige Weise an ein längst vergangenes Kapitel bürgerlichen Selbstbewusstseins und doch individuelle künstlerische Variationen der kreisrunden klassischen Form des Tondo.“

Benedikt Müller, Volontär im Museum, will die Idee des Kunstknopfes als Kunstvermittler an Schulklassen weitertragen. Sie können sich während der Ausstellung auf engsten, kreisrunden Flächen kreativ austoben. Pappuntersetzer, auf den sonst Torten ruhen, sind bereits bestellt.