„Wir haben aktuell die Stunden der Erzieherinnen aufs Minimum des erforderlichen Schlüssels gekürzt“, erzählt Marius Schriever im Gespräch mit LokalDirekt. Ein massiver Schritt, der weh tue. Die Erzieherinnen waren und sind bereit, auf viel Geld zu verzichten. Für den sicheren Fortbestand der Kindertagesstätte. „Diese Situation belastet uns. Wir müssen an allen Ecken und Enden sparen.“ Das Team der Elterninitiative wirtschafte aber keinesfalls schlecht; die äußeren Umstände brächten die Kita immer wieder in Schieflage und drängten zu Sparmaßnahmen.
Die großen Rücklagen seien nahezu aufgebraucht. Und zwar nicht für Anschaffungen oder Modernisierungen, die den Kindern zugute kämen, sondern rein dafür, den Betrieb am Laufen zu halten.
„Das hält uns über Wasser“
Die Kita Kunterbunt hat keinen Träger und finanziert sich, bis auf die reinen Betriebskosten, die das Jugendamt übernimmt, komplett selbst. 47 Kinder besuchen aktuell die Einrichtung; neun Erzieherinnen gehören zum Team. Die Kita-Leitung übernimmt die Verwaltungsarbeit und um alles andere kümmert sich die gemeinnützige Elterninitiative. „Der Vorstand leitet und entscheidet, auch in Sachen Personal. Wir finanzieren uns ausschließlich selbst“, erklärt Schriever. Seit vergangenem Jahr ist er Vorsitzender. Er betont, dass der Fortbestand auch vielen „Dauerspendern“ und Eltern, die immer wieder spendeten, zu verdanken ist. Darüber hinaus hält das Team stets nach passenden Fördermitteln Ausschau. „Das hält uns über Wasser“.
Marius Schriever möchte die Öffentlichkeit auf die großen Herausforderungen der kleinen Kita aus Kierspe aufmerksam machen. Denn sie seien damit nicht allein und stünden für viele weitere: „Wenn sich grundlegend nichts ändert, werden immer mehr Kindergärten endgültig geschlossen. Träger wie das DRK und die Diakonie werden nicht dauerhaft einspringen können. Und dann müssen Kommunen und Kreise als Träger ran.“ Die Kindergärten müssten jedoch in der Lage sein, sich selbst zu tragen, appelliert Schriever. Kritik übt er auch an der Kirche: „Dass die Kita ‚Am Denkmal‘ geschlossen wird, kann ich nicht verstehen.“ Kirchen schlössen oder trennten sich von immer mehr Kindergärten; dabei könnten sie Kindern doch genau dort noch den Glauben näher bringen.
„Für Kindergärten ist das eine Katastrophe“
Eine Lösung sieht der Familienvater und Lehrer vor allem darin, dass das System überarbeitet werden müsste: Die Krux an der Sache und der Grund, warum so viele oder fast alle Probleme haben, seien die Zahlungen, die auf alten Planungen beruhen. Diese seien veraltet. „Die Ämter werten zum Beispiel Zahlen aus dem Jahr 2021 aus und entscheiden auf deren Grundlage dann für das Jahr 2023. Personalveränderungen, Inflation und weitere Umstände fänden keine Berücksichtigung. Selbst wenn eine Erhöhung zustande käme, so sei diese zum Auszahlungszeitpunkt schon längst wieder überholt. „Die Mühlen mahlen langsam. Für Kindergärten ist das eine Katastrophe“, mahnt Schriever an. Eine mögliche Lösung hätte er: „Eine Nachfinanzierung wäre gut. Wenn man sieht, dass das Geld nicht ausgereicht hat, könnte man ja nochmal nachlegen.“
Auch müsste die Berechnung seiner Meinung nach individueller erfolgen. In der Kita Kunterbunt arbeiten aktuell neun Erzieherinnen, darunter viele erfahrene Mitarbeiterinnen; eine ist seit 26 Jahren dabei. Dass ihre Löhne deutlich höher ausfielen, als die von Berufseinsteigern, liege auf der Hand. „Ich wünsche mir, dass man genau hinschaut, wie die Lohnstufen sind. Wir werden quasi dafür bestraft, dass wir erfahrenes und qualifiziertes Personal beschäftigen“, kritisiert Marius Schriever, dass allein dadurch eine Schieflage entstehe. Weitere Nebenschauplätze wie „schwankende Kinderzahlen“ oder das „Buhlen um Integrationskinder mit anderen Einrichtungen“ und dadurch bedingte Einnahmeeinbußen gehörten ebenso zu aktuellen Herausforderungen. „Wir laufen aber nicht Gefahr, dass wir insolvent gehen. Wir können die Defizite, die es in der Finanzierung der Kindergärten gibt, durch Sparsamkeit, Rücklagen und besonders durch das Entgegenkommen der Erzieherinnen ausgleichen“, macht Schriever deutlich.
„Das möchte ich nicht hergeben“
Einige Stunden investiert Marius Schriever monatlich in sein ehrenamtliches Engagement. Viel Zeit bleibt dem Familienvater und Lehrer dabei nicht für andere Aktivitäten. „Ich habe derzeit kaum andere Hobbys und mein Engagement in der Politik habe ich ebenfalls auf ein Minimum heruntergeschraubt. Auch meine Frau trägt einiges mit.“ Doch die Vorstellung, dass seine Kinder auch künftig die aus seiner Sicht „schönste Kita“ besuchen können, treibe ihn an, weiterzumachen. Es seien die schöne Atmosphäre, die besonderen Angebote, das frisch gekochte Essen und so viel mehr, die die Kita Kunterbunt zu einem besonderen Ort machten. „Mein Herzblut steckt dahinter. Ich sehe, wie gut es meiner Tochter tut. Das möchte ich nicht hergeben.“