Im Haushaltsplan 2023 stehen unterm Strich 1,1 Millionen Euro neue Schulden. Kosten, die durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg entstanden sind, können isoliert werden. Mit 29 Ja- und vier Nein-Stimmen (FWG) wurde der Haushalt in der Ratssitzung am Dienstag, 14. Februar, vom Gremium verabschiedet. Im Rahmen ihrer Haushaltsreden positionierten sich die sechs Ratsfraktionen abschließend zum Haushaltsplan.
LokalDirekt fasst die Reden der Fraktionsvorsitzenden im Folgenden zusammen und verlinkt jeweils auf deren vollständige Fassung.
CDU – Kerstin Rothstein
Die CDU-Vorsitzende Kerstin Rothstein beginnt ihre Rede mit den „aufeinanderfolgenden Krisen“, die weltweite Auswirkungen haben, die deutlich im Märkischen Kreis spürbar sind und die sich schließlich im Haushalt der Stadt Kierspe für 2023 niederschlagen: die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Energiekrise und die Inflation, sowie die Flut von 2021 und schließlich die Sperrung der Rahmedetalbrücke.
Als „Bilanzierungstrick“ bezeichnet Rothenstein die Möglichkeit der Sonderposten, die aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs durch den Gesetzesgeber eingeführt wurden, dennoch seien sie für einen ausgeglichenen Haushalt „leider“ notwendig. Ihr Wunsch sei, dass auf diese Separierung am Ende des Jahres verzichtet werden könne.
Wichtige Pläne für 2023 seien weiterhin: der Neubau des Gerätehauses in Volme, die Entwicklungskonzepte für Kierspe-Dorf und Rönsahl, „neue Entwicklungskonzepte“ bei Wohnbauflächen, energetische Einsparmaßnahmen und die Planung von regenerativen Energie-Alternativen sowie die Planung eines Radwegskonzepts.
Die CDU stimmt dem Haushalt 2023 zu.
Lesen Sie hier die komplette Haushaltsrede der CDU.
SPD – Christian Reppel
Der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Reppel hat für seine Haushaltsrede die Künstliche Intelligent (KI) „OpenAI ChatGTP“ zu den drängendsten Problemstellungen der Kommune und ihrem „desolaten Haushalt“ befragt und nahm Stellung zu den Antworten des Programms. In seinem Vortrag ließ er jeweils die Antworten der KI durch seinen Fraktionskollegen Oliver Busch vorlesen. Ein Dialog zwischen Politiker und KI.
Auf die Frage, wie Kierspe den Haushaltsausgleich erreichen könne, antwortete die KI mit Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen. Doch könne die KI laut Reppel nicht den Fachkräftemangel und die Abhängigkeit von Förderprogrammen mit einbeziehen.
Zum Punkt „Steigerung der Einnahmen“, schlägt die KI Steuererhöhungen vor, die Reppel vehement ablehnt. Man müsse sich vielmehr mit neuen Gewerbeflächen beschäftigen. Außerdem müssten für die Zukunft Fahrradwege kurzfristig und unbürokratisch errichtet werden.
Auch scheitere die KI Reppel zufolge an den wichtigen Ausgabenprioritäten für Schulen, Kindergärten und Infrastruktur. Desweiteren würde die KI gewissenlos den nächsten Generationen durch Isolation und weggesperrte Kosten Schulden überlassen. Sie übernehme keine Verantwortung.
Zum Thema Verkehr äußerte sich Reppel in langen Passagen, ohne, dass er Antworten der KI in seine Rede einfügte. Die Brückensperrung nannte er „inakzeptabel“.
Wohnungsbau: Aus dem Haunerbusch möchte er die Industrie zugunsten der Wohnbebauung entfernen. Zudem solle im Bereich „Östlich Rathaus 3“ kein weiteres Wohnbaugebiet an den Haunerbusch anschließen. Daneben solle kein Baugebiet an den Ortsteil Bordinghausen angeschlossen werden.
Ein bisschen Haushalt mache sich auch laut KI nicht „von allein“ beschließt Reppel seine Rede.
Lesen Sie hier die komplette Haushaltsrede der SPD.
UWG – Clemens Wieland
„Kierspe ist“ und „Kierspe hat“ – diese Satzbausteine ergänzt Clemens Wieland mit den Worten „ist pleite“, „ist Südwestfalen und startet durch“, „hat ein Verkehrsproblem“, „ist umweltbewusst“, „hat Zukunft“, „ist engagiert“. Seiner Haushaltsrede stellt Wieland das abgewandelte Zitat von Heinrich Heine „Denke ich an den Kiersper Haushalt in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht“ voran.
Die Auflage an die Stadt über 41,4 Millionen Euro zu tätigen, bezeichnet er angesichts der Tatsache, dass deren Ursprung nicht bei der Kommune liegen und die Steuereinahmen von über 19,35 Millionen Euro „gut“ seien als „verkehrte Welt.“ Angesichts einer Pro-Kopf-Verschuldung von 2.701 Euro in Kierspe fragt er, wer das bezahlen solle und stellt die Generationengerechtigkeit in den nächsten 50 Jahren in Frage. Nur durch „Kreativität“ und „Finanzakrobatik“ komme das prognostizierte positive Ergebnis von 885.000 Euro zustande. Er forderte Bund und Land auf, die Kommunen zu entschulden. Rheinland Pfalz gehe als gutes Beispiel voran.
Lob findet er für die Südwestfalen-AG, die Regionale- und Leader-Projekte von denen Kierspe profitiere. Fördermittel seien der „richtige Weg“.
In Bezug auf die Verkehrssituation vermisst Wieland Solidarität mit den Auswirkungen der Autobahnsperrung auf Kiersper Straßen und fordert, der LKW-Verkehr müsse raus aus Kierspe.
Zudem berichtet er von einem Antrag der Kreistagsfraktion an den Kreistag, eine Schnellbuslinie in der Achse Lüdenscheid, dem oberen Volmetal und Siegen zu installieren.
Die UWG denke grün. Wieland nennt etwa die UWG-Bürgerpflanzungen und den Einsatz für erneuerbare Energien über die Windkraft hinaus.
Unter dem Stichwort „Zukunft“ nennt er vor allem Baumaßnahmen für mehr Wohnraum und begrüßt Projekte wie den Neubau am Haunerbusch und das Vorhaben im Bereich „Östlich Rathaus“.
Für sein Engagement bedankt sich Wieland bei den Ehrenamtlichen der Stadt und schließt mit seine Ausführungen zur Stadt mit „Denn, wir alle sind Kierspe“.
Lesen Sie hier die komplette Haushaltsrede der UWG.
Bündnis 90/Die Grünen – Detlef Jungmann
Detlef Jungmann zieht aus der gesellschaftlichen Bewältigung der Corona-Pandemie die Hoffnung, dass man auch den Krisen Ukraine-Krieg und Klimawandel gemeinsam positiv begegnen könne.
Besonders die Bedrohungen durch den Klimawandel hebt Jungmann hervor, der auch durch den Braunkohleausstieg in NRW 2030 nicht aufzuhalten sei. Dennoch lobt er die „Verlangsamung“ des Klimawandels in Kierspe und nannte etwa die Förderung kleiner Photovoltaik-Maßnahmen der Bevölkerung und Pläne für Agri-PV-Anlagen.
Im Sinne des Klimaschutzes spricht er sich gegen ein „Zubauen“ von Freiflächen aus, daher solle auch der Ausbau von „Östlich Rathaus“ vermieden werden.
Jungmann betont, dass man bei Neubauprojekten, wie am Haunerbusch, immer auch die dadurch hervorgerufenen Verkehrssituationen beachten müsse. Eine Bebauung von „Östlich Rathaus“ und am Haunerbusch würden verkehrstechnisch nicht funktionieren, so Jungmann.
Schließlich stimmt seine Fraktion dem Haushalt zu in der Hoffnung, dass man die Corona-Isolation bis Ende des Jahres vermeiden könne.
Lesen Sie hier die komplette Haushaltsrede der Fraktion Bündnis90/Die Grünen.
FWG – Peter Christian Schröder
Laut des Fraktionsvorsitzenden der Freien-Wähler-Gemeinschaft (FWG) Peter Christian Schröder sei der Haushalt 2023 ein Ausdruck dessen, was die Fraktion ablehne. Schröder kritisiert in seiner Rede die 1,8 Millionen Euro Isolation aufgrund der Corona- und Ukraine-Krise als „Bilanzfälschung“ und „Schattenhaushalt“. Zwar lobte er die Arbeit der Kämmerin Kerstin Steinhaus-Derksen und bedauerte, dass auch sie sich an Vorgaben halten müsse, doch habe der Haushalt „mit den Grundlagen ordentlicher Buchhaltung überhaupt nichts mehr zu tun.“ Aus „ethisch-moralischen“ Gründen könne die Fraktion dem nicht zustimmen und vermisst Förderungen von Bund und Land, während die „Kommunen ächzen und isolieren.“
Sollte ihn Kierspe Gas und Strom ausfallen, gebe es nach Schröder keine Notfallpläne in Kierspe, stattdessen investiere man in die „sogenannte Energiewende“ und mache sich von vom polnischem Kohlestrom, französischem oder tschechischem Atomstrom abhängig. Die Stadt müsse den Bürgern Sicherheiten garantieren und Pläne für einen Blackout vorstellen.
Lesen Sie hier die komplette Haushaltsrede der FWG.
FDP – Armin Jung
Auch die FDP-Fraktion blickt laut Armin Jung besorgt auf den Haushalt, dem man durch seine Isolationstricks eigentlich nicht zustimmen dürfte, so Jung. „Doch ohne einen genehmigten Haushalt ging nichts mehr in Kierspe“. Wichtige Projekte seien umzusetzen glaubt Jung und nennt das Feuerwehrgerätehaus in Volme, die Maßnahmen für die Regionale 2025 in Rönsahl, das Dorfentwicklungskonzept für Kierspe-Dorf, einen Begegnungsplatz für die Jugend und ein medizinisches Versorgungszentrum.
Als einzige Fraktion sticht die FPD mit ihrem Herzenswunsch nach einer Schaffung des neuen Baugebiets „Östlich Rathaus 3“ hervor, das etwa Chancen für den sozialen Wohnungsbau biete.
Lobend erwähnt Jung den Verzicht auf Steuererhöhungen am Ende seiner Rede.
Lesen Sie hier die komplette Haushaltsrede der FDP.