Die Kassen sind leer, die Ausgaben hoch. Perspektivisch wird sich die Evangelische Kirchengemeinde Kierspe von einer, vermutlich aber sogar von zwei Kirchengebäuden trennen müssen. Das Presbyterium möchte die Gemeindemitglieder in den Entscheidungsprozess einbinden.

Die Zahl der Gemeindemitglieder schrumpft, die Einnahmen durch die Kirchensteuer folglich auch; die Kirchen bleiben leer. Zurück bleiben finanziell geschwächte, zum Teil auch überschuldete Kirchengemeinden. Die Pflege und Instandsetzung von Immobilien wiegt zusätzlich schwer auf der Geldbörse. Um die finanzielle Situation auszugleichen, befasst sich die Kirchengemeinden Kierspe - auch auf Anraten des Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg - mit dem Verkauf von gemeindeeigenen Immobilien.

Zuletzt war der Verkauf des Gebäudekomplexes Christuskirche am Bahnhof vor Vertragsabschluss an die christliche Gemeinde Halver geplatzt - LokalDirekt berichtet. Das Problem bleibt: "Mit den Zuweisungen für unsere Gemeinde mit gerade noch 5281 Mitgliedern ist es auf Dauer unmöglich, alle Gebäude der Kirchengemeinde zu erhalten und soziale Aufgaben wie z.B. Kindergartenarbeit zu finanzieren", schreibt Pfarrer George Freiwat in einer Pressemitteilung.

Nach intensiven Überlegungen sei dem Presbyterium und dem für diese Fragen gegründeten Gebäude-Projektteam klar geworden, dass zuallererst eine Lösung für die Kirchengebäude gefunden werden müsse. Insbesondere die Unterhaltskosten für die beiden historischen Kirchen – Servatiuskirche in Rönsahl und Margarethenkirche im Dorf – seien hoch. Darüber hinaus hätten beide einen großen Renovierungsbedarf. Ein Gutachten gibt diesen derzeit bei der Servatiuskirche mit 910.000 Euro an, bei der Margarethenkirche sogar mit 1.65 Millionen Euro. "Die Christuskirche kostet uns derzeit am wenigstens. Die ist da und funktioniert", sagt Freiwat im Gespräch mit LokalDirekt.

Die Christuskirche in Kierspe-Bahnhof.
Foto: Friederike Kämper

Fakt ist: Die Kirchengemeinde wird sich von mindestens einer Kirche trennen müssen. "Ich persönlich glaube, dass wir nur eine Kirche behalten können", sagt Freiwat und betont in diesem Zusammenhang, dass es vorerst nur um den Verkauf von Kirchengebäuden und nicht um den von Kitas gehen soll. Denn: "Als Kirchengemeinde möchten wir unsere knappen finanziellen Mittel lieber für die Arbeit mit Menschen – wie z.B. Kindergartenarbeit – als für den Erhalt unserer Gebäude einsetzen", heißt es in der Mitteilung.

Dennoch: Es ist eine emotionale Entscheidung, die das Presbyterium schlussendlich fällen muss. "Jedes unserer Mitglieder verbindet mit den Kirchen ganz persönliche Geschichten und Momente. Es hängen Lebensgeschichten und Erinnerungen daran", weiß Freiwat. Das Presbyterium der Kirchengemeinde Kierspe und Rönsahl hat daher alle drei Kirchengebäude auf den Prüfstand gestellt und untersucht, welches Kirchengebäude realistisch dauerhaft finanziert und damit behalten werden kann.

Die Ergebnisse sollen am Sonntag, 29. Juni, nach dem Gottesdienst gegen 12 Uhr in einer Gemeindeversammlung in der Christuskirche mitgeteilt werden. Zudem, das betont Freiwat, möchte man die Gemeindemitglieder ermutigen, Vorschläge zu machen. In der Gemeindeversammlung werde daher eine Umfrage vorgestellt, die im Ergebnis dazu beitragen soll, die Bedeutung der Kirchengebäude für die Gemeindemitglieder sowie die Kiersper und Rönsahler Bevölkerung besser einschätzen zu können. Außerdem fragt das Presbyterium nach Ideen zur realistischen dauerhaften Finanzierung. Eine Auswertung der Umfrage ist dann für den Herbst geplant.

Freiwat: "Wir haben nichts gewonnen, wenn wir uns durch den Erhalt von Gebäuden finanziell platt machen, anstatt das Geld lieber in die Arbeit mit und für die Menschen zu investieren."