Spätestens als Iserlohns Bürgermeister Michael Joithe seine Amtskette umlegte und zu seiner Haushaltsrede ans Rednerpult im Letmather Saalbau schritt, war jedem der 73 Ratsmitglieder klar, dass sie jetzt besser aufmerksam zuhören sollten, was ihnen der erste Bürger der Stadt zu sagen hat. Und das, was sie zum städtischen Haushalt 2026 zu hören bekamen, war sehr unerfreulich.
Mindestens zehn Jahre Haushaltssicherungskonzept
„Wir befinden uns im zweiten Jahr eines Haushaltssicherungskonzeptes. Ein Weg, der uns mindestens ein Jahrzehnt begleiten wird“, kündigte Joithe an. „Ist es nun fünf vor 12 oder schlägt die Turmuhr bereits? Oder ist es vielleicht auch schon 5 nach 12? Ich habe das Gefühl, es ist halb eins – und es interessiert außerhalb der Kommunen niemanden.“ Michael Joithe nannte die besorgniserregenden Fakten. Der städtische Etat 2026 weist ein Defizit von mehr als 44 Millionen Euro aus. Die Folgejahre bleiben ähnlich hoch defizitär – trotz eines globalen Minderaufwands von 10 Mio. Euro jährlich. Joithe: „Wir erleben derzeit die tiefgreifendste kommunale Finanzkrise seit Jahrzehnten – und sie ist nicht hausgemacht.“
Mehr als 100 Millionen Kreisumlage
Es sei deshalb wichtig, klarzustellen: „Die finanziellen Probleme der Kommunen sind vor allem ein Ergebnis der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene“. Warum der Haushalt 2026 schlechter ausfalle als im laufenden Jahr, lasse sich an den zentralen Belastungsfaktoren erkennen. Der Anteil Iserlohns an der Kreisumlage des Märkischen Kreises werde nach aktuellen Berechnungen erstmals die Marke von 100 Millionen Euro überschreiten. „Rund ein Viertel unseres gesamten Haushaltsvolumens fließt damit an den Kreis – bevor Iserlohn überhaupt eigene Aufgaben wahrnehmen kann“, so der Bürgermeister.
MVG-Rekorddefizit 38 Millionen Euro
Das Defizit der Märkischen Verkehrsgesellschaft (MVG) wirke dabei wie ein kommunaler Brandbeschleuniger, es steige in diesem Jahr auf ein Rekorddefizit von 38 Millionen Euro. Allein das Defizit der MVG koste die Stadt Iserlohn zehn Millionen Euro. Michael Joithe stellte klar: „Die MVG tut, was sie tun muss: Sie erfüllt gesetzliche Vorgaben, die nicht in Iserlohn, nicht im Märkischen Kreis, sondern in Berlin gemacht wurden.“
Reform der Kommunalfinanzen
Kommunen könnten ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn Bund und Land endlich handeln, so der Bürgermeister. „Wir brauchen eine tiefgreifende, strukturelle Reform der Kommunalfinanzen“, forderte Michael Joithe. Das Konnexitätsprinzip müsse vollständig durchgesetzt werden – keine Übertragung von Aufgaben ohne vollständige Finanzierung, Neuverteilung der Soziallasten, Reform der Gewerbesteuer, die Stabilität schaffe, die Digitalisierung dürfe nicht länger durch unklare Zuständigkeiten ausgebremst werden und es bedürfe einer Aufgabenkritik von oben nach unten.
76,6 Millionen Euro Gewerbesteuer
Kämmerer Michael Woitek nannte die konkreten Zahlen: 44,24 Millionen Euro Defizit. Diese Zahl sei ein deutliches Warnsignal. Woitek: „Die Steuereinnahmen entwickeln sich schwach und gleichzeitig steigen die Ausgaben in nahezu allen Bereichen – Personal- und Sachkosten, Energie, Bildung, Infrastruktur, besonders im Bereich der sozialen Leistungen.“ Die Gesamtsumme der Steuererträge erhöhe sich um 0,6 Millionen Euro auf 169,2 Millionen Euro, bleibe aber deutlich hinter den stark steigenden Aufwendungen zurück. Bei der Gewerbesteuer rechnet die Stadt Iserlohn mit Einnahmen in Höhe von 76,6 Millionen Euro, bei den Schlüsselzuweisungen mit 75,3 Millionen Euro – 23,8 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr. Michael Woitek: „Der starke Zuwachs resultiert im Wesentlichen aus der veränderten Ertragslage der Kommune sowie der landesweiten Entwicklung der Steuerkraftmesszahlen.“
Kassenkredite 194,6 Millionen Euro
Die Kassenkredite erhöhen sich laut Stadtkämmerer im kommenden Jahr um 44,6 Millionen Euro auf 194,6 Millionen Euro. In der mittelfristigen Finanzplanung sei mit einem weiteren Anstieg der Kassenkredite auf 311 Millionen Euro zu rechnen. Die Kredite für Investitionen steigen laut Woitek im nächsten Jahr um 22,9 Millionen Euro auf 330,5 Millionen Euro. Sein Fazit: „Der Haushaltsplan der Stadt Iserlohn 2026 steht unter außergewöhnlich herausfordernden Vorzeichen. Die Entwicklung weist in Richtung einer möglichen dauerhaften Haushaltsnotlage, in der eigenständige Gestaltungsräume kaum noch vorhanden wären.“
Der Etatentwurf wurde vom Rat zur Diskussion an die zuständigen Fachausschüsse verwiesen. Der Haushalt soll Mitte Februar im Rat beschlossen werden.














