Kommentar.
Das illegale Autorennen in Rennerde und im Bereich Holensiepen/Obstfelder Stall in der Nacht auf Sonntag, 12. Oktober, und die behördlichen Reaktionen darauf kommentiert LokalDirekt-Redakteurin Lydia Machelett.
Wieder hat es in einer Samstagnacht nach Vollmond Raserei auf der L692 gegeben. Dieses Mal mit einem Unfall, bei dem niemand verletzt wurde - vor allem kein unbeteiligter Dritter. Diese Angst, dass jemand Unschuldiges zur falschen Zeit am falschen Ort ist, schwingt seit Monaten mit. Zudem: Direkt an der L692 wohnen mehrere Familien mit kleinen Kindern und Säuglingen.
Durch den Lärm werden die Kinder geweckt, weinen und wecken die ganze Familie. Menschen, die zur Arbeit müssen - teilweise im Schichtdienst - werden aus dem Schlaf gerissen. Und das nur aufgrund von Egoismus und Langeweile einiger weniger. Das ist lange bekannt und gilt es endlich zu ahnden. Denn seit der Sanierung ist die Landstraße zur Rennstrecke geworden.
Es hätte so schön sein können: Alle Raser auf einem Haufen, die Polizei müsste sie nur mitnehmen. Niemand wurde ernsthaft verletzt. Und doch gibt es wie bei jedem Rennen der vergangenen Jahre das Risiko, dass Unbeteiligte verletzt werden. Das nehmen die Raser in Kauf, der Egoismus auf Kosten anderer hat wieder einmal gesiegt. Aber es stimmt, wir leben in einem Rechtsstaat. Und es ist gut, dass es hier keine staatliche Willkür gibt. Die Unschuldsvermutung ist wichtig und richtig - auch wenn es manchmal schier unbegreiflich ist.
Wer glaubt, dass sich rein zufällig mehrere junge Fahrer mit ihren Autos in dieser Samstagnacht am Salzlager trafen und die Fahrer sich weder kennen noch, dass sie durch die Serpentinen geheizt sind, ist naiv. Und naiv ist die Staatsanwaltschaft nicht. Wenn es heißt, "wir können jemandem nicht nachweisen, dass er versucht hat, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu fahren", klingt das nahezu nach einem Freifahrtschein für Rennfahrer. Aber so ist das Gesetz. Und das muss eingehalten werden - auch wenn es sich vielleicht falsch anfühlt. Die Unschuldsvermutung schützt vor Willkür und Machtmissbrauch. Die Beweislast liegt beim Staat und schützt so Menschen vor ungerechter Behandlung und sichert ein faires Verfahren. Sie hilft, dass niemand unschuldig bestraft wird. Die Unschuldsvermutung schützt die Freiheit, Würde und Rechte des Einzelnen und ist ein zentraler Baustein des Rechtsstaats.
Aber manchmal macht eben dieses Recht sprachlos und gibt ein Gefühl von Machtlosigkeit. Die Raser werden wieder kommen, vielleicht nicht beim nächsten Vollmond. Aber sie werden kommen. Wenn nicht die BMW-Gang, dann andere. Für die Polizei ist es ein Kampf gegen Windmühlen. Das Gebiet ist zu groß. Sie werden noch öfter den entscheidenden Moment zu spät kommen. Auch sie sind machtlos. Was also bleibt nach dieser Nacht? Das schlechte Gefühl und die Angst zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Es wird irgendwann etwas Schlimmes passieren, die Frage ist nur, wann das sein wird. Wer den Rausch der Geschwindigkeit mag, kann diesen auf der Rennstrecke ausleben, aber nicht auf der L692 auf Kosten anderer.
Illegales Autorennen: Staatsanwaltschaft lässt Raser weiter fahren
Unfall auf L692: Großer Polizeieinsatz
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