Matthias Wagner, bald 80 Jahre alt, treibt die Sorge um die Demokratie um. Der Historiker, Autor und ehemalige Pädagoge ist wieder tief in die Geschichte eingedrungen. In seiner aktuellen Arbeit geht es um die erste Demokratie in Lüdenscheid, die hoffnungsvoll mit Friedrich Ebert begann und nur wenig mehr als ein Jahrzehnt später mit Paul von Hindenburg endete.
Hochachtung vor Friedrich Ebert
„Ich habe heute eine Krawatte umgelegt“, sagte Matthias Wagner bei der Ausstellungseröffnung am Donnerstag. „Natürlich für Sie aber auch aus Respekt von Friedrich Ebert.“ Der SPD-Politiker und erste Reichspräsident, der von 100 Jahren am 28. Februar 1925 starb, verkörpert für ihn den demokratischen Aufbruch nach den Unruhen der Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs. „Vor ihm habe ich große Hochachtung.“
In seinem Vortrag schilderte Matthias Wagner die Entwicklungen in Deutschlag nach dem Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 bis zur Berufung von Adolf Hitler als Reichkanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg, dem „Totengräber der Weimarer Republik“. So bezeichnet ihn der Historiker Gerd Krumeich in seinem Buch „Wie Hitler den Ersten Weltkrieg gewann“.
Schlüsselfigur Walter Borlinghaus
Ausführlich ging Wagner auf die politischen Kräfteverhältnisse in Lüdenscheid und das allmähliche Erstarken der Nationalsozialisten ein. Eine Schlüsselfigur war dabei der spätere NSDAP-Kreisleiter Walter Borlinghaus. Er gab mit anderen Parteimitgliedern die Wochenzeitung „Lüdenscheider Beobachter“ heraus. Dieses Blatt griff demokratische Lokalpolitiker laufend an, verleumdete sie und stellte sie als korrupt dar. Mit Erfolg. Bei den Reichstagswahlen erhielt die NSDAP 13 Sitze im Stadtrat, die SPD immerhin noch acht und die KPD sechs. Alle anderen Parteien spielten kaum noch eine Rolle.

In seinem Grußwort stellte Bürgermeister Sebastian Wagemeyer die rhetorische Frage: „Kann man aus der Geschichte lernen?“ und liefert die Antwort gleich mit. „Offenbar nicht.“ Auch heute sei die Demokratie gefährdet. Sicherlich ließen sich auch Parallelen zur Weimarer Republik ziehen. Allerdings: „Heute leben wir in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen. Damals herrschte Massenarbeitslosigkeit. Dazu kam die Inflation.“ Welche extremen Folgen die rasende Geldentwertung nach sich zog, verdeutlichte eine riesige Banknote an der Wand hinter dem Rednerpult. Sie zeigte einen Eine-Billion-Mark-Geldschein, den das Amt Lüdenscheid am 6. November 1923 herausgab. Der Gegenwert war übrigens lächerlich. Er reichte soeben für ein Kilo Butter.
Vortrag zum Thema „Musik als Waffe“
Eine klare Parallele sei aber in der Taktik der Rechtsextremen zu finden“, erläuterte Sebastian Wagemeyer. Damals habe die NSDAP die konservativen Parteien attackiert. Heute greife die AfD die CDU an. Auch vor diesem Hintergrund besitze die Ausstellung eine herausragende Aktualität.
Zur Ausstellung ist eine Broschüre erschienen, die im Bürgerforum des Rathauses ausliegt. Zwei weitere Veranstaltungen runden das Angebot ab.
Am Montag, 10. März, folgt im Bürgerforum um 18 Uhr ein Vortrag unter dem Titel „Toncollage“. Rechtsanwalt Michael M. Lang spricht zum Thema „Musik als Waffe“.
Am Montag, 17. März, steht ab 18 Uhr im Bürgerforum ein Film von Peter Heller (Filmkraft-Film) auf dem Programm. Darin geht es um den Aufstieg und den Fall des Medienzares Alfred Hugenberg während des NS-Regimes.