„Wie kann eine sozial gerechte, wirtschaftlich erfolgreiche und ökologisch verträgliche gesellschaftliche Entwicklung so gestaltet werden, dass alle Menschen – sowohl gegenwärtig als auch zukünftig lebende Generationen – ein gutes Leben führen können?“ Mit dieser Einleitungsfrage, die das Ministerium für Schule und Bildung in ihrer ‚Leitlinie Bildung für nachhaltige Entwicklung‚ stellt, beschäftigte sich auch die Klasse 4b der Breckerfelder Grundschule.
„In Gesprächen dazu war herauszuhören, dass sich auch Grundschulkinder viele Gedanken über unsere Umwelt und unsere Gesellschaft machen, dass sie Ängste vor Kriegen, Armut und dem Klimawandel umtreiben“, sagt Silke Stratmann, Klassenlehrerin der 4b. „Wir haben im Unterricht ihre Sorgen um die Zukunft zusammengetragen und ihre Ideen aufgeschrieben, was besser gemacht werden könnte.“
Schulleiterin musste erst zustimmen
Dabei herausgekommen sei eine lange Liste, sagt Silke Stratmann. „Und diese hat nicht nur gezeigt, dass sich die Kinder sehr ernsthaft mit den unterschiedlichen ‚Problemthemen‘ auseinandersetzen. Sie äußerten auch den Wunsch, selbst etwas bewegen wollen.“ Gemeinsam habe die Klasse Ziele formuliert, für die sie sich aktiv einsetzen wollen – und sich ihrem Alter entsprechend auch einsetzen können. Die Klassenlehrerin holte daraufhin bei Schulleiterin Antje Krebs die Zustimmung dafür ein, dass die 4b über einen Zeitraum von sechs Wochen jeweils freitags einen Projekttag veranstalten konnte.
„Hauptquartier im Gemeindehaus“
Statt zum Mathe- und Deutschunterricht in der Schule trafen sich die Viertklässler also ab Mai einmal wöchentlich im katholischen Gemeindehaus: „Dieses durften wir dank der freundlichen Unterstützung von Gemeindereferentin Eva Koch als unser ‚Projekt-Hauptquartier‘ nutzen“, erzählt Silke Stratmann. Sie selbst habe während der Projekttage übrigens lediglich als „Sekretärin“ fungiert, indem sie beispielsweise ihr Handy für Telefonate oder Internet-Recherchen zur Verfügung stellte: „Die Kinder haben alles alleine geplant, sich in Gruppen aufgeteilt, Projekte überlegt, sich ‚durchtelefoniert‘ und auch um die Umsetzung überwiegend selbst gekümmert“, betont Silke Stratmann.
Nach der ersten Besprechung im „Hauptquartier“ hatten sich schnell fünf unterschiedliche Gruppen zusammengefunden. Jedes dieser Teams kümmerte sich aber nicht nur um seine eigene Projektplanung und -durchführung: „Der Freitagmorgen startete immer damit, dass die Teams die gesamte Klasse über den aktuellen Stand ihres Vorhabens informierten und kurz über ihre Erfahrungen und Erlebnisse berichteten“, so Stratmann.
Team „Wald“
Sich um den Wald „kümmern“, das war zunächst eigentlich nur der Wunsch von drei Schülern – am Ende wurde aus dem Wald-Projekt dann aber eine tolle Gemeinschaftsaktion der ganzen Klasse.
„Wir haben uns zuerst überlegt, wen wir zum Thema Wald fragen können und sind auf Stefan Berker gekommen“, erzählt das „Team Wald“. Dieser habe sie dann eingeladen, ihn zu besuchen: „Herr Berker hat uns viel über den Wald erzählt, auch wie er sich durch das Klima verändert. Er hat uns auch Regeln genannt, die Menschen im Wald beachten sollten, und uns gezeigt wie man aus Blättern ein Igelhaus baut.“ Schließlich habe Stefan Berker dann noch die ganze Klasse eingeladen, sich an einer Baumpflanzaktion auf seiner Forstfläche zu beteiligen: Insgesamt 120 junge Buchen hat die Klasse 4b unter Anleitung von Stefan Berker in die Erde gesetzt.

Team „Tafelladen“
Die Gruppe „Tafelladen“ wollte die Projekttage dazu nutzen, armen Menschen zu helfen. „Wir haben zuerst im Rathaus gefragt, ob wir zumindest für den Projektzeitraum irgendwo in Breckerfeld einen Tafelladen einrichten könnten. Aber dort wurde uns gesagt, das sei ‚eine Nummer zu groß‘ zu uns“, erzählen die Schüler. Natürlich wollten sie sich aber nicht so schnell geschlagen geben: „Wir haben dann bei der Tafel in Schwelm angerufen und gefragt, ob und wie wir helfen können.“
Dank eines „Fahrdienstes“ von Eltern hatten die Kinder dann die Möglichkeit, an einem Projekttag die Schwelmer Tafel zu besuchen: „Alle Mitarbeiter dort waren sehr freundlich, sie haben uns alles gezeigt und erklärt, wo die Waren herkommen und wie sie ausgegeben werden“, berichtet die Gruppe. „Wir haben auch Brot probiert, dessen empfohlenes Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen war, und festgestellt: Es war noch gut!“ Man müsse also Lebensmittel nicht wegwerfen, nur weil ein Datum auf der Verpackung abgelaufen ist, erklärten sie bei der Vorstellung ihres Projektes. Besonders stolz seien sie aber darauf, dass die Tafel Schwelm ihnen angeboten hat, noch einmal für ein ‚richtiges‘ Praktikum wiederzukommen.

Die weiteren Projekttage hat dieses Schüler-Team dann dazu genutzt, das Gelernte vor Ort in Breckerfeld umzusetzen: „Wir haben zuhause nicht mehr benutztes Spielzeug gesammelt und diese an die Kita ‚Sterntaler‘ übergeben für Familien, denen es nicht so gut geht, und außerdem haben wir dort den Kindern Geschichten vorgelesen.“
Team „Menschen glücklich machen“
„Wir haben im Altenzentrum St. Jakobus angerufen, von unserem Projekt erzählt und durften dann freitags immer etwas Zeit mit den alten Menschen verbringen“, erzählt eine Schülerin. Am ersten Besuchsvormittag hätten ihnen die Mitarbeiter das Seniorenheim und die Tagespflege gezeigt. „An den folgenden Freitagen haben wir den Senioren vorgelesen, mit ihnen ‚Mensch-ärgere-dich-nicht‘ gespielt und uns sehr viel mit ihnen unterhalten.“ Zum Abschluss des Projekts hätten sie auch noch extra einen Tanz einstudiert und diesen für die Bewohner aufgeführt.

„Bei dieser Gruppe war es sehr schön zu beobachten, wie durch die Besuche nach und nach Berührungsängste oder Hemmungen gegenüber pflegebedürftigen Menschen abgebaut wurden“, ergänzt Silke Stratmann. Und die Schüler erzählen stolz, sie hätten auch schon weitere Besuche bei den Senioren geplant – obwohl das Projekt beendet ist.
Team „Müll“
„Uns war vorher schon immer aufgefallen, wieviel Müll an manchen Stellen liegt“, erzählen die drei Schüler, die sich dafür entschieden hatten, an den Projektvormittagen – mit einer Rolle Müllsäcke gewappnet – an unterschiedlichen Stellen in Breckerfeld Dinge aufzusammeln, die ihre Mitbürger achtlos weggeworfen hatten. „Dabei ist uns aufgefallen, dass vor allem im Bereich um die Schulen und Schulhöfe herum sehr viel Schmutz liegt“, sagt ein Junge.

Glasscherben, leere Dosen, Verpackungen, sogar einen kaputten Regenschirm haben sie eingesammelt: „Oft lag der Müll direkt neben einem Mülleimer“, empörten sich die Schüler kopfschüttelnd. Allerdings wollten sich die Viertklässler nicht darauf festlegen, wer an den Schulen die Abfallbehälter offenbar nicht richtig getroffen hat: „Wir glauben, dass es wahrscheinlich nicht nur die Schüler sind“, meinten sie keck.

Team „Waffelverkauf“
Spenden sammeln und damit etwas gegen (Kinder-)Armut tun wollte das Team „Waffelverkauf“. Also fragten die Schülerinnen und Schüler mehrere Standorte an: „Wir durften unseren Stand zum Beispiel im Rathaus, in der Sparkasse und im Edeka-Markt aufbauen“, freuten sie sich und betonten, dass sie den gesamten Verkauf selbst organisiert und durchgeführt haben: „Auch den Waffelteig haben wir selber gerührt.“
Fast 300 Euro haben die Kinder durch den Waffelverkauf eingenommen. Diese haben sie dem Kinderschutzbund Ennepetal gespendet, mit der Bitte, dass das Geld für bedürftige Kinder in Breckerfeld verwendet wird.
Birgit Asmuth vom Vorstand des Kinderschutzbundes kam am Donnerstag, 13. Juni, zur Spendenübergabe in die Grundschule und lobte das Engagement der Klasse 4b: „Der Kinderschutzbund bedankt sich herzlich bei allen Beteiligten für diese tolle Idee und Umsetzung – und selbstverständlich werden wir eure Bitte berücksichtigen und das Geld entsprechend einsetzen.“

„Helfen ist so einfach!“
Als Fazit der sechs Projekttage betonte Klassenlehrerin Silke Stratmann: „Auch wenn im Lehrerkollegium zugegebenermaßen anfangs große Skepsis herrschte, ob die Kinder es alleine schaffen, ihre Projekte zu stemmen: Sie haben uns alle überzeugt.“ Mit Mut, Engagement und vor allem sehr viel Fantasie hätten sie sich nie entmutigen lassen, um ihre Ziele zu erreichen. „Ihr könnt sehr, sehr stolz auf euch sein – ich bin es auf jeden Fall“, sagte sie zu ihrer 4b.
Und stolz waren die Schülerinnen und Schüler der Klasse 4b angesichts des Erreichten auf jeden Fall. Ob sie sich während ihrer Projektwochen gegen Armut, für ihre Mitmenschen oder für die Umwelt eingesetzt hatten: Alle waren sich einig, dass es – egal ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener – auch wichtig ist, mit einem guten Beispiel voranzugehen, denn: „Helfen ist so einfach!“