„Die Förster haben keine Langeweile“, stellt Hubertus Bierkoch im Gespräch mit LokalDirekt zu Beginn klar. Ganz im Gegenteil: Sie haben alle Hände voll zu tun, um den heimischen Wald wieder auf die Beine zu bekommen, denn das massive Waldsterben hat tiefe Spuren hinterlassen. Seit 35 Jahren ist Bierkoch in dieser Branche tätig und beobachtet vor Ort die Veränderungen im Wald.
Fünf Jahre Borkenkäfer: 500 Hektar weggefressen
Die Qualität des Waldes hat erheblich abgenommen. Bierkoch macht in erster Linie den Klimawandel für das massive Fichtensterben verantwortlich, insbesondere durch die Trockenheit als primärer Schaden. Als sekundären Schaden nennt er den Borkenkäfer – der wohl der gefährlichste Schädling für den Schalksmühler Fichten-Wald ist. Mit seinen Zähnen bohrt er sich in den Baum, zerstört ihn von innen und vermehrt sich massenweise. Der Klimawandel begünstigt seine Verbreitung noch: wärmere Temperaturen und längere Trockenzeiten steigern das Risiko eines Befalls. „Erholen kann sich ein Baum nicht mehr“, erklärt Bierkoch.
Trotz des erklärten Ziels von kahlschlagsfreier Waldbewirtschaftung musste in Schalksmühle aufgrund des Borkenkäfers gehandelt werden. Die Auswirkungen sind deutlich sichtbar: Von den einstigen 500 Hektar Fichten sind nur noch fünf Hektar übrig. „2018 war es noch überschaubar. 2019 wurden es schon mehr, aber ab 2020 wurde es ziemlich heftig.
Es wurde alles weggefressen“, berichtet der Förster vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW und zeigt auf die leeren Flächen im Wald. Der wirtschaftliche Verlust bei den heimischen Waldbauern wird durch den Verkauf der gefällten Bäume ins Ausland, vor allem nach China, gemildert. „Es ist betriebswirtschaftlich nicht erfolgreich, aber mindert den wirtschaftlichen Verlust. Für einen gesunden Baum hat man damals 100 Euro bekommen, für den toten Baum vielleicht nur noch 40 oder 50 Euro. Aber immerhin konnten noch 50 Euro gerettet werden“.
Förster hofft auf Verständnis der Bürger
Bierkoch betont die Herausforderung, Verständnis bei Bürgern zu schaffen, die nicht mit der Thematik vertraut sind. Er hofft darauf, dass die Menschen erkennen, dass die Maßnahmen der Förster aus Notwendigkeit und nicht aus Langeweile, Willkür oder Habgier erfolgen. Trotz des äußeren Erscheinungsbilds wurden bereits 25 Hektar in den vergangenen zwei Jahren aufgeforstet, wobei Bierkoch darauf hinweist, dass dies ein langwieriger Prozess ist, der zehn bis 15 Jahre dauert. „So ein Prozess geht nicht mal eben über Nacht. Die Natur lässt sich Zeit. Das passt uns Menschen nicht. Wir wollen keine Zeit vergeuden“, erklärt er. Zudem möchte Bierkoch unterscheiden: „Der Bürger, der in den Wald hineingeht, muss sich erstmal frei machen von dem Auge des Vorgartens. Zuhause ist alles picobello. In der Forstwirtschaft sieht es anders aus“.
Die Waldbesitzer sind nach dem Landesforstgesetz in der Pflicht, wieder aufzuforsten. Dies ist laut Bierkoch mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden, der jedoch vom Land NRW mit Förderungen unterstützt wird. Der klare Fokus für die kommenden Jahre lautet daher: „Wir müssen leistungsstarke Wälder aufbauen, die dem Klimawandel trotzen und wieder Kohlenstoff speichern.“ Bei der geringwertigsten Wiederaufforstung bei einem Flächenvolumen von 500 Hektar sind eine Million Pflanzen erforderlich, bei einer hochwertigen Aufforstung sogar zehn Millionen Pflanzen. „Das ist eine gewaltige Hausaufgabe. Das sind 2500 Arbeitstage für eine Person, die das ganze Jahr über arbeitet.“ Es mangelt jedoch an Personal, an „Menpower“, wie Bierkoch es ausdrückt.
Blick in die Zukunft: Die Uhr tickt
Mit Blick in die Zukunft hofft der Schalksmühler Förster, dass der nächste Sommer so wie 2023 wird: „Nass und beschissen“. Dies sei das einzige, was dem Wald noch helfen könne. „Wenn wir noch eine Trockenperiode wie in den vergangenen fünf Jahren haben, dann wird als nächstes die Buche schwer leiden“, weiß er. Den Wald in die nächste Katastrophe hineinzureiten, müsse verhindert werden. Und damit seien alle Bürger in der Verantwortung: „Wir müssen uns im Klaren sein: Der Klimawandel kommt nicht, er ist schon da. Wenn wir so weiter machen wie wir es bisher gemacht haben, dann geht das mächtig nach hinten los“, mahnt Bierkoch abschließend.