Laut Müller, Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestages, plant die Bahn-Tochter DB InfraGO, zuständig für die Unterhaltung von Streckennetzen und Bahnhöfen, die Stilllegung der Strecke. Nachdem das Gutachten zur Instandsetzung des auf der Strecke liegenden Schwarzenberg-Tunnels gestoppt wurde, geht Müller davon aus, dass die Bahn plant, den gesamten Streckenabschnitt nicht wieder zu reaktivieren – entgegen des Versprechens nach der Flut 2021, dass spätestens Ende 2022 wieder Züge mit Schotter rollen sollen.
Auf Einladung von Florian Müller nahmen zudem Norbert Ivenz-Gaul, technischer Leiter des Steinbruchs Listertal sowie Raimo Benger, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bau- und Rohstoffindustrie, an dem Termin teil. Der Steinbruch Listertal ist der einzige Steinbruch in NRW, der für die Lieferung von Gleisschotter für Infrastrukturprojekte der deutschen Bahn zertifiziert ist. Aufgrund seiner Lage war bisher die Eisenbahnstrecke Meinerzhagen – Krummenerl die wichtigste Infrastrukturanbindung, über die der gewonnene Schotter für die DB-Bauprojekte abtransportiert wurde.
Strecke hat gute Entwicklungsmöglichkeiten
Dass gerade diese Eisenbahnstrecke dann geschlossen werden soll, ist für Müller eine Farce. „Man muss sich fragen, welche Pläne die deutsche Bahn hat und bei mir kommt das Gefühl auf, dass die Bahn Südwestfalen abschreibt“, stellte er fest. Gerade in Hinblick auf die Machbarkeitsstudie des Regionalrates Arnsberg verwundere ihn das Vorgehen der Bahn. Dessen Mitglieder planen aktuell eine Verlängerung der Bahnstrecke bis in den Kreis Olpe, um diesen mit einer Regionalbahn besser an das Rheinland anzubinden. Hier, so Müller, „hat man aktuell das Gefühl, dass Tatsachen geschaffen werden, bevor es zu mehr kommt.“
Zudem, so sind sich alle drei einig, ist es auch für Anwohner eine zusätzliche Belastung. Etwa 2000 zusätzliche Lkw-Transporte, so rechnet Norbert Ivenz-Gaul vor, benötigt der Steinbruch jährlich seit der Sperrung der Bahnstrecke. Dies belaste Anwohner und Straßen der Region und sorge auch für einen erhöhten Dispositionsaufwand im Vergleich zu den ein bis zwei Zügen, die pro Woche das Werk verlassen haben.
Der Steinbruch, so Norbert Ivenz-Gaul, habe noch ausreichend Reserven, soll demnächst sogar erweitert werden. Dies könne auch keine Begründung sein, dass die Bahn nicht weiter in die Strecke investieren möchte. Anders als die Bahn investiere der Steinbruch Listertal in die Verladung per Schiene und hat die werkseigene Lokomotive zum Zusammenstellen der Züge für etwa 100.000 Euro Instand setzen lassen.
Für Müller sind auch die geplanten Baukosten in Höhe von etwa 60 Millionen Euro nicht nachvollziehbar. Ähnliche Kosten, so führen die drei auf, werden sonst für deutlich größere Bauprojekte wie den Cronberger Tunnel in Hessen aufgerufen. Dieser ist knapp doppelt so lang, im Vergleich zur Bahnstrecke nach Krummenerl doppelgleisig und elektrifiziert. Müllers Anfrage nach einer genauen Kostenaufschlüsselung wurde von der Bahn nicht beantwortet – stattdessen bekam er von dem Konzern einen Ausschnitt aus dem Wikipedia-Artikel mit einigen weiteren Ergänzungen zugesendet. „Es zeigt, dass der Konzern in sich ruht“, attestierte er. Für Raimo Benger, der zudem ehrenamtlich im Meinerzhagener Stadtrat sitzt, steht fest: „Wenn die Entscheidung getroffen ist, dann ist das für immer.“ Eine einmal aufgegbene Strecke, so sind sich alle drei einig, wird die Bahn nicht reaktivieren.
Eine Presseanfrage unserer Redaktion an die Deutsche Bahn mit der Bitte um Stellungnahme zu dem Thema blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.