Bürgermeister Olaf Stelse eröffnete die weihnachtlich anmutende Rats-Sitzung am Dienstagabend, 29. November, mit der Ansage: „Trauriges, Erhebendes, Stolzes und Erschreckendes steht heute auf der Tagesordnung.“
Die Präsente vor den Ratsmitgliedern, die Sparkasse und Volksbank gesponsert hatten, konnten nicht über die „erschreckende“ Präsentation des Entwurfs von Haushaltssatzung und Haushaltsplan durch Stadtkämmerin Kerstin Steinhaus-Derksen und den Bürgermeister hinwegtäuschen.
Ursprünglich sei die Präsentation über die städtischen Finanzen für das kommende Jahr bereits im September geplant gewesen, doch zu dem Zeitpunkt lagen wichtige Zahlen für das Planjahr und die darauffolgenden drei Jahre noch nicht vor.
Nun ist klar: Erträge von 40.4 Millionen Euro stehen laut Haushaltsplan 41.5 Millionen Euro Aufwendungen gegenüber. Zwar seien die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, doch das täusche nicht über die höheren Ausgaben hinweg.
Einfluss auf Haushalte: Unwetter, Ukraine und Corona
Bevor Steinhaus-Derksen den roten Fehlbetrag im Ergebnisplan für 2023 auf dem großen Anzeige-Kubus einblendete, stellte Stelse vorweg, wie dieses Minus zustande kommt.
Als „wesentliche bestimmende Einflussgrößen auf die Haushalte 2022 und 2023 sowie die folgenden“ seien laut Stelse Starkregen- und Hochwasserereignisse, die Folgen des Krieges in der Ukraine und die Coronapandemie zu nennen. Dadurch komme es zu erheblichen Mehraufwendungen und Mindererträgen, die einen ausgeglichenen Haushalt unmöglich machten.
Das genannte Defizit von mehr als einer Millionen Euro sorgte für ein deutliches Raunen unter den Ratsmitgliedern. Stelse kommentierte es mit der Aussicht auf 2026: „Dann könnte laut Haushaltsplan mit einem Plus von über 500.000 Euro wieder ein Licht am Horizont zu erkennen sein.“ Dennoch: „In Zeiten von Pandemie und Krieg, mit denen wir nicht rechnen konnten, ist es kaum möglich, die Lage in drei Jahren einzuschätzen“, gab Stelse zu. Man müsse das Wenige, was man habe, überall gut aufteilen. Über allem stehe zudem die Frage, was die Bezirksregierung absegne.
Immerhin: Bei Mehraufwendungen, die durch die Pandemie und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Stadt belasten, komme das Land den Kommunen entgegen. Durch Stundungen könnten die Kommunen die Defizite vorerst aus ihren Haushaltsplanungen isolieren. Dennoch helfe dieser „Bilanzierungstrick“ nicht auf lange Sicht, räumte Stelse ein.
Kosten-Baustellen für 2023: Sanierungen, Bauvorhaben und „Sorgenkind 49 Euro-Ticket“
Neben globalen und europäischen Herausforderungen, denen sich die Kommune stellen muss, stehen die eigene Projekte, die 2023 anfallen.
Stelse hob in seiner Präsentation im Bereich Straßenbau die Sanierung der Brücke Lingese und die Ortslage Herlinghausen hervor. Zudem sei die Fertigstellung des Feuerwehrgerätehauses Vollme für das kommende Jahr geplant. Daneben nannte er die Umsetzung des Digitalpakts Schulen sowie die Kanalsanierungen gemäß des Abwasserbeseitigungskonzeptes.
Ein weiteres Sorgenkind sei aus Sicht des Bürgermeisters das 49-Euroticket. Stelse befürchtet, dass Bund und Länder die Kosten auf die Kommunen abwälzen könnten. „Das sollen die selber machen“, so Stelse, der das Projekt grundsätzlich begrüßt. Aber, die Kommunen müssten die Entwicklungen um die Finanzierung des Tickets „wachsam“ beobachten. Und, so ehrlich müsse man sein, die Einführung des Tickets würde keine Ausweitung des Öffentlichen Nahverkehrs in der Region bedeuten.
Hoffen auf Kleinprojekte und Fördertöpfe
Als das von Stelse beschriebene Licht am Horizont ließen sich die zusätzlichen Mittel durch Fördermittel bezeichnen. Stelse lobte die Einnahmen durch Kleinprojekte, denn „diese bringen Kierspe vorwärts“. Außerdem profitiere man von „Leader“-Projekten sowie der „Regionale“. Allerdings bewertete Stelse den bürokratischen Aufwand für derartige Förderungen als deutlich zu hoch.
Auf eine großzügige Spende darf immerhin der Mensaverein der Gesamtschule Kierspe hoffen, für den die Anwesenden spenden durften.