Wie die Kreisverwaltung mitteilt, laufen aktuell die letzten Vorbereitungen für einen zukunftsweisenden Schritt in der Notfallmedizin: Gemeinsam mit dem Kreis Mettmann sowie den Städten Remscheid, Solingen, Wuppertal und Leverkusen bringt der Ennepe-Ruhr-Kreis das innovative Projekt „Telenotarzt Bergisches Land“ auf den Weg.
Ergänzung für Rettungskräfte vor Ort
Das Konzept: Telenotärzte sollen in weniger dramatischen Notfällen die Rettungskräfte vor Ort unterstützen, indem sie aus einer Leitstelle heraus in Echtzeit auf den Einsatz reagieren. Als typisches Einsatzszenario nennt Kai Pohl, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Projektverantwortlicher im Schwelmer Kreishaus, beispielsweise die Gabe von Schmerzmitteln: „Ab einer gewissen Dosierung sollten diese nur nach ärztlicher Verordnung gegeben beziehungsweise eingenommen werden. Hier kann sich der Telenotarzt dann auf Anforderung der Notfallsanitäter zuschalten, die Lage mit beurteilen und die Entscheidung für die medikamentöse Behandlung anpassen.“

Mit Hilfe von Kamera und Mikrofon könnten sich Telenotärzte ein Bild vom Zustand des Patienten machen, seine Vitalwerte überwachen und „Entscheidungen treffen, die das Leben der Betroffenen entscheidend beeinflussen können.“ Dabei sei der Telenotarzt nicht als Ersatz für den „klassischen“ Notarzt zu verstehen, sondern vielmehr ein zusätzlicher Ansprechpartner, der den Rettungskräften vor Ort in weniger dringenden Fällen oder während des Patiententransports eine wichtige Unterstützung bietet: „Bei schweren Fällen oder lebensbedrohlichen Verletzungen bleibt der Notarzt natürlich die erste Wahl.“
Rettungswagen werden technisch aufgerüstet
Damit das Telenotarzt-System funktionieren kann, werden die Rettungswagen mit neuer Technologie ausgestattet: Für die Übertragung von Gesprächen, Bildern und Vitaldaten sind Kameras, Router, Antennen sowie entsprechende Steuerungselemente notwendig, und auch Headsets werden künftig zur Ausstattung gehören.
Besonders wichtig sei neben der Ausstattung aber auch die Schulung der Einsatzkräfte, betont Pohl. Die Rettungsdienste müssten nicht nur mit der neuen Technik vertraut gemacht werden, sondern auch mit den Besonderheiten der virtuellen Zusammenarbeit: „Die Besatzungen der Rettungswagen müssen lernen, wie sie effektiv mit den Telenotärzten kommunizieren und diese in den Einsatz einbinden können“, erklärt er weiter.
Anpassungen in der Leitstelle im Schwelmer Kreishaus seien jedoch nicht notwendig, diese würden an den Arbeitsplätzen der Telenotärzte in den Leitstellen des Kreises Mettmann und der Stadt Leverkusen erfolgen. „Von dort werden die Rettungskräfte aller beteiligten Kommunen unterstützt werden“, berichtet Pohl. Personell und technisch werde der „Telenotarzt Bergisches Land“ in Kooperation mit der ADAC Telenotarzt gGmbH und der Umlaut Telehealthcare GmbH – Part of Accenture umgesetzt.
„In der Startphase sollen je Gebietskörperschaft zunächst jeweils zwei Rettungswagen technisch ausgerüstet und das Personal entsprechend geschult sein“, erläutert der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes in Schwelm. Der weitere Ausbau erfolge dann stufenweise und werde noch einige Jahre dauern.
Stichwort Telenotarzt-System
Um dauerhaft eine qualitativ hochwertige und effiziente Notfallrettung zu gewährleisten und gleichzeitig eine Überlastung, Fehlalarme und unnötige Einsatzfahrten zu vermeiden, soll auch der Rettungsdienst im Ennepe-Ruhr-Kreis zunehmend digitalisiert werden. In NRW wurde das Telenotarzt-System bereits 2020 vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf den Weg gebracht. Den Grundstein dafür legte seinerzeit eine gemeinsame Absichtserklärung mit Vertretern der Krankenkassen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Ärztekammern. In diesem Jahr soll das Telenotarzt-System in NRW flächendeckend in Betrieb genommen werden. Landesweit haben sich hierfür wie im Bergischen Land Trägergemeinschaften gebildet.