Mehr als 400 Seiten voll mit Zahlen und Tabellen umfasst der Haushalt der Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde für das kommende Jahr. Versteht das einer? „Ohne entsprechende Ausbildung vermutlich nicht. Aber dafür sind wir ja da, um es zu erklären“, sagt Balzukat. Eines ist jedoch sicher: Der Haushalt wird ein Defizit aufweisen. „Wie hoch, das erfahren Sie heute Abend. Dazu darf ich noch nichts sagen“, erklärt die Kämmerin.
Wie komplex und kompliziert die Erstellung eines solchen Zahlenwerks ist, erklärt Gabriele Balzukat im Gespräch. „Die Arbeiten beginnen meist mit den Sommerferien. Ab dann sind fünf Mitarbeiter hauptverantwortlich damit beschäftigt und natürlich die einzelnen Fachbereiche“, berichtet Gabriele Balzukat. Ermittelt werden die meisten Zahlen für das kommende Jahr auf der Grundlage der aktuellen Kosten. „Da kommen schon sehr viele Excel-Tabellen zusammen. Nicht nur die einzelnen Fachbereiche dröseln haargenau ihre Kosten auf, sondern auch der Hausmeister, die Schulen und natürlich auch wir, was wir hier im Amtshaus brauchen“, erklärt Balzukat. Bei regelmäßigen Kosten sei das noch recht leicht. Auch bei einigen Verträgen: „Wir wissen natürlich, was wir beispielsweise für Telefonverträge haben und wie sich die Kosten dafür im kommenden Jahr entwickeln. Da können wir ziemlich genau sein.“
Investitionen sind planerische Herausforderung
Die große Herausforderung seien die Investitionen. Und davon gebe es im kommenden Jahr außergewöhnlich viele. Der Abriss der Lennehalle, der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Nachrodt und die Erweiterung des Amtshauses seien da nur einige Beispiele. „Die aktuelle Situation macht die Kalkulation nicht gerade leichter. Bei Baumaterial kann man aktuell ja schon nur noch von Tagespreisen sprechen – das ist schon ein bisschen wie Kaffeesatz lesen“, berichtet die Kämmerin.
Die Nachrodt-Wiblingwerder sind übrigens eher spät mit ihrem Haushalt. Normal hätte dieser schon Ende November beschlossen sein müssen. „Das kriegen wir aber nicht hin. Die Zeit zwischen Einbringung nach den Herbstferien und Beschluss im Dezember wäre viel zu kurz. Die Bürgermeisterin und ich nehmen uns immer Zeit, um mit in die Klausurtagungen der Fraktionen zu gehen – eben weil dieses Zahlenwerk so komplex ist und auch jedes Fraktionsmitglied alles verstehen soll. Außerdem muss vor dem Beschluss jeder Ausschuss noch einmal tagen“, erklärt Balzukat.
Orientierungsdaten kamen spät
Hinzu komme, dass die sogenannten Orientierungsdaten vom Land erst spät gekommen seien. Diese geben vor, mit welchen Preissteigerungen für Kommunen zu rechnen ist, wie sich Steuern und Personalkosten entwickeln. „Dieses Schreiben ist immens wichtig für unsere Kalkulationen. In diesem Jahr kam es aber erst Ende November“, erklärt Balzukat. Daher wird die Kämmerin es auch nicht schaffen, den Haushalt einen Monat vor Gültigkeit bei der Aufsichtsbehörde, also dem Märkischen Kreis, einzureichen. „Das ist aber kein Problem und alles geregelt“, betont die Kämmerin.
Nach dem heutigen Abend geht es also los. Die Fraktionen beraten sich in ihren Klausurtagungen, die Ausschüsse tagen und schlussendlich wird der Haushalt dann in der Ratssitzung im Februar beschlossen.
Ich würde gerne mehr ausgeben, geht aber nicht.
Kämmerin Gabriele Balzukat
Für Gabriele Balzukat sind damit jetzt die ersten Diskussionsrunden beendet: „Ich bin im Vorfeld schon mit allen Fachbereichen alles einmal durchgegangen. Und ja, ich bin die, die viele Positionen wieder streichen muss, weil wir uns manche Dinge einfach nicht leisten können.“ Natürlich sei das frustrierend für alle. Gabriele Balzukat liebt Nachrodt-Wiblingwerde. „Ich würde gerne mehr ausgeben, geht aber nicht. Und so bin ich die, die immer wieder den Finger ins Problem legen muss. Das ist schon undankbar“, gibt die Kämmerin zu. Dennoch liebe sie auch nach all den Jahren ihren Job. „Ich mag einfach Zahlen. Und ich habe das, was man ein Prüferhändchen nennt. Ist irgendwo ein Fehler, ich finde ihn bestimmt. Das war schon immer so. Manchmal nervt das die Kollegen“, erzählt sie lachend.
Wenn sie beruflich einen Wunsch frei hätte, dann würde sie sich so viel Geld wünschen, dass alle Baustellen in der Gemeinde endlich abgeschlossen werden könnten, so viel Personal eingestellt werden könnte, wie erforderlich und dann immer noch am Ende des Jahres ein Plus auf dem Konto steht. „Wenn schon träumen, dann auch richtig“, erzählt sie lachend.
Für die Ratssitzung und die anschließenden Klausurtagungen wünscht sich die Kämmerin viele Fragen. Schließlich soll verstanden werden, was beschlossen wird. Und die Einsicht, dass vieles schlicht nicht so einfach ist. Viele Probleme und Kalkulationen seien viel vielschichtiger und detaillierter als manch Bürger denke. Das sei jedoch oft schwer zu vermitteln. Wer mehr über den Haushalt erfahren möchte, kann dies in der heutigen Ratssitzung. Ab 17 Uhr tagen die Politiker öffentlich im Schloss Hotel Holzrichter.