„Mit Zustimmung des Halveraner Rats hat der frühere Kämmerer Herr Markus Tempelmann mit der Planung der beiden zusammenhängenden Baugebiete Herksiepe und Schillerstein begonnen und dafür ein vereinfachtes beschleunigtes Planungsverfahren (nach §13b BauGB) initiiert.
Bei diesem Verfahren können sämtliche planerischen Prüfungen wie die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Anwendung der Eingriffsregelung sowie die Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan entfallen. Dieser Trick führt im Ergebnis zur Ausschaltung der Planungshierarchien sowie zur Nichtbeachtung der raumordnerischen Ziele und Grundsätze und wurde in der Vergangenheit schon bei dem Baugebiet Schmittenkamp angewendet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn eine unheilige Allianz aller im Rat vertretenen Parteien versucht unter missbräuchlicher Anwendung dieses Gesetzes, neue Baugebiete zu erschleichen.
Das beschleunigte Verfahren ist eigentlich zur schnellen „Abrundung“ von bestehenden Baugebieten gedacht, insbesondere in Ballungsgebieten mit akuter Wohnungsnot und es ist an Voraussetzungen gebunden. Eine offensichtlich nicht erfüllte Voraussetzung ist, dass ein neues Baugebiet nicht weit in die unbebaute Landschaft ragen darf.
Dies sieht auch die Bezirksregierung in Arnsberg so und erkennt zusätzlich keinen Bedarf für neue Baugebiete in Halver. Arnsberg sagt, dass Lage und Anbindung des geplanten Wohngebiets den Vorgaben des betreffenden Gesetzes nicht entsprechen und verweist auf diverse Gerichtsentscheidungen.
Im Rahmen der Ratssitzung vom 17. Januar äußerte die UWG-Vorsitzende Frau Dr. Sabine Wallmann Zweifel an der Rechtskompetenz der Bezirksregierung und hält die von Arnsberg angeführten Gerichtsurteile als für Halver nichtzutreffend. Herr Kristian Hamm, ebenfalls UWG, bezeichnet den gültigen Rechtsrahmen als ‚Planwirtschaft‘. Darin zeigt sich der aktuelle Bewusstseinsstand der Halveraner Ratsmitglieder und das dahinterstehende Mindset, dass das Bauen von Einfamilienhäusern in Halver uneingeschränkt fortgesetzt werden soll.
Frau Dr. Jana Schrage von den Grünen bezeichnet die aktuelle Sachlage als verwirrend. Allerdings ist es mehr als verwirrend, wenn in Halver sogar die grüne Partei das sehr fragwürdige Vorgehen des Rates zur Umwandlung von landschaftlichen Sahnestücken in privates Betongold unterstützt. Am Thema vorbei argumentiert Herr Uwe Leinung von den Grünen, Architekt und Mitglied im Ausschuss für Planung und Umwelt, dass es einen zunehmenden Wohnraumbedarf des Einzelnen gibt und diesem Trend Rechnung getragen werden muss.
Der Feststellung der Bezirksregierung, dass es in Halver keinen besonderen Bedarf an zusätzlichem Bauland gibt, tritt der Rat mit einer wenig überzeugenden Liste von Bauwilligen entgegen von denen zwei Drittel nicht aus Halver stammen. Dabei muss man in Halver gar nicht bauen, weil es schon genug Einfamilienhäuser gibt und zunehmend Häuser frei werden und neue Besitzer suchen.
Die Einwohnerzahl in Halver ist seit Jahren rückläufig und es gibt große Bauflächenreserven, die in einem ordentlichen Verfahren oder sogar planungsfrei gemäß §34 BauGB (Bauen im unbeplanten Innenbereich) entwickelt werden können. Zusätzlich können Flächen durch Anwendung von §176 BauGB (Baugebot) einer Bebauung zugänglich gemacht werden.
Trotzdem will der Rat das tote Pferd (§13b BauGB, Herksiepe und Schillerstein) unbedingt weiter reiten und gibt einstimmig ein Rechtsgutachten in Auftrag, um die eigene Auffassung bezüglich der Anwendung des Gesetzes zu verifizieren. Unabhängig vom Ergebnis ist ein solches Gutachten im Gegensatz zu der maßgeblichen Bewertung der Bezirksregierung für das entscheidende Normenkontrollverfahren ohne jede Bedeutung. Verantwortungsvoll wäre es gewesen, wenn der Rat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben hätte, bevor Herr Markus Tempelmann die Grundstücke für Halver gekauft und auf Rücktrittsklauseln in den Kaufverträgen verzichtet hat.
Wichtig ist des Weiteren eine deutliche Unterscheidung zwischen einem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und dem Wunsch Einzelner nach Selbstverwirklichung und Kapitalanlage durch den Neubau eines individuellen Eigenheims auf der grünen Wiese. Es sei jedem gegönnt, aber wenn wir es mit Landschafts-, Umwelt- und Klimaschutz ernst meinen, dann kann das leider so nicht weitergehen und auch Halver muss bei Naturzerstörung und Flächenfraß auf die Bremse treten.“
Werner Weber, Anwohner der Falkenstraße.
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