Seit Montag, 22. Dezember, rollen wieder Fahrzeuge über die Rahmedetalbrücke. Lüdenscheid ist von den Qualen des Durchgangsverkehrs erlöst. Für die Bürgerinitiative A45 ist es deshalb an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Ist mit der Freigabe der Brücke die Arbeit der Bürgerinitiative beendet? Nein. Am Thema Verkehr wollen Heiko Schürfeld und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter auf jeden Fall dranbleiben.
„Durch die Sperrung der Rahmedetalbrücke am 2. Dezember 2021 hatte sich in der Bevölkerung schnell großer Unmut breit gemacht. Man hatte politisch offenbar keinen Plan, wie man jetzt handeln sollte. Die Sperrung einer gesamten Autobahn war bis dato in der deutschen Geschichte noch nicht vorgekommen“, erinnert sich Heiko Schürfeld.
Nachdem sich die Politik in den ersten Monaten gefühlt ausschließlich um Fleder- und Haselmaus gekümmert habe, habe sich am 24. Mai 2022 die Bürgerinitiative A45 gegründet. „In der Anfangsphase unserer BI war der Zuspruch so groß, dass zeitweise über 30 Personen bei unseren Sitzungen anwesend waren. In einer solch großen Gruppe ist konstruktives Arbeiten allerdings kaum möglich, so dass wir die Zahl der Teilnehmer sukzessive auf 16 bzw. aktuell 12 Mitglieder reduziert haben“, heißt es im Rückblick von Heiko Schürfeld.
Im Jahr 2022 trat die Bürgerinitiative dann bei vier Demos öffentlich in Erscheinung. An diesen Protestaktionen beteiligten sich jeweils zwischen 200 und 400 Menschen. Auch die mediale Aufmerksamkeit war enorm. Die BI wurde aber auch hinter den Kulissen aktiv. Bei der Tagung des Verkehrsausschusses NRW Ende 2022 wiesen Martin Krings und Heiko Schürfeld im Kreishaus Lüdenscheid detailliert auf die Probleme der Region hin und untermauerten die Forderung nach einem Durchfahrtsverbot. „Unsere Teilnahme am Verkehrsausschuss war rückblickend gesehen sicher mit entscheidend für die weiteren politischen Beschleunigungen um die Talbrücke. Die Probleme der Region waren damit endgültig in der Politik angekommen“, berichtet Heiko Schürfeld.
Leserbriefe der Bürgerinitiative zu den Themen Durchfahrtsverbot, Umbenennung der Talbrücke Rahmede, Verkehrszählungen, Umwelt-und Gesundheitsbelastungen, Sanierung der heimischen Infrastruktur, Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner und Auseinandersetzungen mit dem Bürgermeister in den Medien, führten zu zusätzlichen zu öffentlichen Diskussionen.
Medienpräsenz erhöhte den Druck
„Diese Medienpräsenz hat den Druck auf die Stadtverwaltung zur Umsetzung unserer Forderungen deutlich erhöht. Schließlich wurde das Durchfahrtsverbot dann endlich am 10.Juni 2023 (18 Monate nach der Sperrung) durch Bürgermeister Wagemeyer erlassen. Dieses Verbot war somit eine direkte Folge unserer öffentlichen und medial begleiteten Forderungen“, blickt Heiko Schürfeld zurück.
Zählungen zufolge habe sich allein das Lkw-Aufkommen an den Umleitungen danach von täglich gut 6000 Lkw auf 3400 Lkw pro Tag und Nacht verringert.
Ausweitung auf das Volmetal
Die Aktivitäten der Bürgerinitiative beschränkten sich allerdings nicht nur auf Lüdenscheid. Sie wurden auf das Volmetal ausgeweitet, das durch Verlagerungseffekte massiv belastet wurde. Weiter führte die Bürgerinitiative A45 eigene Verkehrszählungen durch. Diese Zählungen sorgten für enormes öffentliches Interesse und mediale Aufmerksamkeit, weil sie die Fakten bezüglich der Zählungen durch die Stadtverwaltung völlig anders bewertete. In der Folge dieser Zählungen wurden die Kontrollen an den Umleitungen deutlich verstärkt – ein Erfolg der Bürgerinitiative.
Darüber hinaus nahmen Heiko Schürfeld und Co. an zahlreichen Spitzentreffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Staatskanzlei und der Autobahn GmbH teil und stellten dabei ihre Forderungen. „Hier sind wir Bürgermeister Sebastian Wagemeyer sehr dankbar. Er und das Team Brückenbauer haben uns immer aktiv am politischen Diskurs teilnehmen lassen. So wurden unsere Anregungen, Vorschläge und Probleme bei allen wichtigen Stellen gehört“, blickt Heiko Schürfeld zurück.
Immer wieder prominente Gesprächspartner
Die Politik habe schnell bemerkt, wie stark die Bürgerinitiative gewesen sei und dass ohne ein Zugehen auf sie viel Widerstand gedroht habe. Zu den Gesprächspartnern zählten unter anderem Ministerpräsident Hendrik Wüst, der damalige Bundesverkehrsminister Volker Wissing, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, Europaparlamentsmitglied Dr. Peter Liese (CDU), Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und der damalige Kanzlerkandidaten Friedrich Merz. Weiter gab es enge Kontakte zu zahlreichen Bundes- und Landtagsabgeordneten wie Florian Müller (CDU) Nezahat Baradari (SPD) Gordan Dudas (SPD) und Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD).Dazu kam ein intensives Gespräch mit Landrat Marco Voge (CDU) zum Thema Durchfahrtsverbot.
„Wir haben aber nicht nur den Kontakt zur politischen Ebene gesucht, sondern haben auch versucht, betroffene Bürger mit Politikern in den Austausch zu bringen. Zwei durch uns veranstaltete Bürgergespräche mit Bundes- und Landtagspolitikern und betroffenen Bürgern und Unternehmern haben den Meinungsaustausch zwischen Politik und Bürgern deutlich verbessert. Beide Treffen wurden sehr gut angenommen und waren mit jeweils gut 100 Menschen sehr gut besucht“, stellt Heiko Schürfeld im Nachhinein fest.
Gesundheitsstudie nie eingeleitet
Neben dem wirtschaftlichen Schaden durch das Brückendesaster wurde die Gesundheit vieler Bürgerinnen und Bürger über lange Zeit massiv und teils irreversibel geschädigt. Darauf hat Dr. Walter Wortberg, Mitglied der Bürgerinitiative und anerkannter Umweltarzt und Sachbuchautor mit jahrzehntelanger Erfahrung auf dem Gebiet Umweltbelastungen, in zahllosen Schreiben und Gesprächen immer wieder hingewiesen. Die von ihm geforderte Studie wurde aber nie eingeleitet.
Das Fazit von Heiko Schürfeld lautet: „Die Arbeit unserer Bürgerinitiative A45 hat maßgeblich zum Informationsaustausch zwischen Bürgern und Politik beigetragen und hat gleichfalls dazu beigetragen, die Vorgänge um den Neubau der Talbrücke Rahmede deutlich zu beschleunigen. Aus ursprünglich fünf angesetzten Jahren für den Neubau der Brücke sind auch durch unsere Arbeit letztlich vier Jahre geworden.“
