Die Vollsperrung der A45 zwischen Lüdenscheid-Nord und Lüdenscheid trifft die Wirtschaftsregion Südwestfalen ins Mark. Denn sie ist die Lebensader einer ganzen Region, die zerschnitten wurde und die gesamte Wirtschaft in der Region seit sechs Monaten extrem lähmt.
Die Zahlen:
Die volkswirtschaftlichen Kosten der Vollsperrung seit dem 2. Dezember 2021 belaufen sich laut Mitteilung auf 180 Millionen Euro. Davon entfallen 61,7 Millionen Euro auf den Wertschöpfungsverlust im Märkischen Kreis. 772.710 Lkws und 1.842.500 Pkws passierten in Summe seitdem Lüdenscheids Straßen. Jeden zweiten Tag müssen Schlaglöcher auf den Umleitungsstrecken notdürftig repariert werden. Es ergaben sich 225.000 verlorene Stunden infolge von Zeitverlusten bei der LKW-Durchfahrt durch Lüdenscheid. 673.000 Stunden verbrachten Autofahrer bei der Durchfahrt durch Lüdenscheid. 1,4 Millionen Liter Treibstoff verbrauchten LKW und PKW zusätzlich bei der Durchfahrt durch Lüdenscheid. Das entspricht 3.600 Tonnen CO2!
Anhand dieser Zahlen werde deutlich: Die A45-Sperrung habe für die Anwohner, für die Mitarbeiter sowie die Unternehmen in der Region Folgen, die einer Naturkatastrophe gleich kämen. Deshalb werden fünf Forderungen gestellt, die zu großen Teilen schon hinlänglich bekannt sind und entsprechend diskutiert wurden und werden.
Die fünf Forderungen des Märkischen Südwestfalen:
Fünf Jahre sind zu lang!
Für Südwestfalen mit den hier lebenden und arbeitenden Menschen, die sich auch wegen der nunmehr seit Jahrzehnten bewährten Verkehrsinfrastruktur, namentlich der A45, zu einer der erfolgreichsten Industrieregionen der Bundesrepublik entwickeln konnte, geht es um Bestandsschutz und Existenzsicherung. Alle Verantwortlichen müssen sämtliche Beschleunigungspotenziale nutzen, um die Sperrung in Rekordzeit zu beenden. Das Ziel lautet: „5 Jahre minus X“!
Falls erforderlich, müssen dazu auch rechtliche Sonderwege beschritten oder neue Wege im Rahmen einer Experimentierklausel pilothaft erprobt werden. Vergleichbares war auch nach der Hochwasserkatastrophe vom Sommer 2021 bei der Wiederherstellung von beschädigten Brücken möglich und geschieht aktuell beim beschleunigten Bau von Flüssiggas-Terminals an der Nordseeküste. Weitere Beispiele sind die in kürzester Zeit aus dem Boden gestampfte Tesla-Fabrik in Brandenburg und die bereits in den nächsten Jahren in der Region Magdeburg anlaufende Chip-Produktion von Intel.
Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren können nicht allein für neu erschlossene Projekte gelten, sondern müssen auch dann zur Anwendung kommen, wenn bereits bestehende Erfolgsprojekte in ihrem Bestand gefährdet sind. So ist dringend zu überprüfen, ob ein „Maßnahmengesetz A45“ ein möglicher Weg sein kann, die erforderliche Erneuerung der A45 insgesamt spürbar zu beschleunigen, wie das Beispiel der Talbrücke Brunsbecke zeigt.
Die Region braucht eine „Lex A45“!
Ob Anwohner, Pendler, Durchreisende, Waren- und Lieferverkehre, für all diese ist eine mehrjährige Unterbrechung der bewährten Verkehrsinfrastruktur nicht hinnehmbar, weshalb im Sinne schneller Abhilfe ein Notfallplan entwickelt und umgesetzt werden muss!
Die Region braucht endlich einen transparenten und verbindlichen Zeitplan!
Die Region braucht mehr Transparenz und Kommunikation zum Stand der Planungen, zum jeweils aktuellen Zeit- und Maßnahmenplan und zu den jeweils erzielten Fortschritten. Die Ungewissheit über den Fortgang der Arbeiten an der Rahmedetalbrücke und die fehlende zeitliche Perspektive zermürben nicht nur die Anwohner, sondern erschweren auch Zukunftsplanungen der Unternehmen und führen zu einer deutlichen Zurückhaltung bei drängenden Zukunftsinvestitionen.
Die Verkehrsbelastung schmälert die Arbeitgeberattraktivität vieler Unternehmen. Berufspendler kehren der Region den Rücken und neue Fachkräfte können für den Standort immer schwieriger gefunden werden. Je länger die Vollsperrung dauert, desto schneller beschleunigen sich die negativen Effekte, desto größer sind die Schäden in der Region.
Zwei Fragen müssen dabei beantwortet werden: Was läuft anders als bei anderen Baustellen? An welchen Stellen wird das Planungs- und Bauverfahren Rahmedetalbrücke bereits jetzt beschleunigt? Die Region erwartet einen verbindlichen Zeit- und Maßnahmenplan. Die verantwortlichen Stellen müssen trotz des neuen Bürgerbeauftragten erreichbar sein und Präsenz zeigen!
Wie im Dezember 2021 kurz nach der Sperrung verabredet, müssen weiterhin spätestens alle drei Monate regelmäßige Abstimmungsrunden mit Autobahn GmbH, Bundesverkehrsministerium, Fernstraßenbundesamt, Straßen NRW, Landesverkehrsministerium und den regionalen Verantwortlichen aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden stattfinden. Nur so kann der direkte Dialog gestärkt, neue Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge aus der Region in einer dynamischen Lage erarbeitet und das notwendige Vertrauen in den Prozess gefördert werden. All dies kann der Bürgerbeauftragte als einzige Schnittstelle in die Region nicht allein gewährleisten.
Es braucht neben dem Bürgerbeauftragten einen Sonderbeauftragten!
Um eine Ampelschaltung vor Ort zu optimieren, sind unter Umständen drei zuständige Stellen einzubeziehen. Entsprechende Verzögerungen sind nicht akzeptabel und zerstören das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Verantwortlichen und in den Gesamtprozess. Deshalb ist zusätzlich zum Bürgerbeauftragten ein übergeordnetes, zentrales Projektmanagement notwendig, das auch vor Ort mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist und insbesondere auch sämtliche Baumaßnahmen im Netz der Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen koordiniert.
Nur so können Entscheidungswege zwischen den zuständigen Stellen verkürzt, Hindernisse überwunden und der Neubau im Sinne eines agilen Projektmanagements echt beschleunigt werden. Die entsprechenden Vorlagen und Erfahrungen vom Brückenbau in Genua liegen den Verantwortlichen vor und müssen endlich transparent und nachvollziehbar umgesetzt werden.
Wenn es dann nötig ist, im Rahmen der sowieso geplanten neuen Gesetzgebung zur Optimierung von Bauvorhaben, sollten zeitlich oder örtlich befristete Gesetze beschlossen werden, ohne etwaige Gesetze vorwegzunehmen. Das kann auch als Probe für die weitere Diskussion um große Investitionen gesehen werden.
Die Region braucht Entlastungen und Perspektiven!
Die Region ist unverschuldet durch die Vollsperrung der A45 in eine Notlage geraten und wird ihrer Zukunftsaussichten beraubt. Die heute verantwortlichen Stellen und die Bundesregierung sind gefordert, dafür einen entsprechenden Nachteilsausgleich zu gewähren. Die bisherigen Antworten der zuständigen Bundesministerien auf diese Fragen sind unbefriedigend, da regelmäßig darauf verwiesen wird, dass der gesetzliche Rahmen entsprechende Unterstützungen nicht vorsieht.
Mit dem Prozess „Südwestfalen startet durch“ wird eine regionalen Gemeinschaftsinitiative der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern, der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände und der betroffenen Städte und Kreise demnächst Vorschläge für Projekte und Initiativen machen, die sich speziell auf die aktuellen Herausforderungen beziehen und nicht auf existierende Förderprogramme. Für die daraus entstehenden Projekte und Initiativen erwartet die Region eine bevorzugte Förderung durch Land und/oder Bund.