Rüdiger vom Brocke stellt den Besuchern der Villa Wippermann ab Sonntag, 19. Oktober, die Schwarz-Weiß-Fotografien seiner neuen Fotoserie „Zeitreisen“ vor. Diesmal im Gepäck: mehr als 100 Menschen, die ihre „Begleiter der Kindheit“ und deren Geschichte vorstellen.
Nach seiner letzten „Ausstellung mit Stuhl“ im Jahr 2023 inspirierte ihn das zufällige Hören des Liedes „Ich und Rocky der Waschbär“ zu seinem neuen Projekt. Nach Festlegung der sogenannten Leitplanken (wo das Projekt stattfinden sollte, welche Kamera er benutzen wird und wen er denn überhaupt als Model vor seine Kamera holt) war klar: Rüdiger vom Brocke möchte den individuellen „Begleitern der Kindheit“ neue Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt schenken.
Ausstellung „Zeitreisen“
In seiner neuen Fotoserie zeigt der Fotograf Bilder von insgesamt 122 Menschen verschiedenster Generationen, die sich ihm anvertraut und sich mit ihrem ganz persönlichen „Begleiter der Kindheit“ haben fotografieren lassen. Viele „klassische“ Stofftiere, aber auch eine Modelleisenbahn oder sogar die früheren Barbiepuppen eines Mannes stellen diese Begleiter dar und fanden, mit einem passend gewählten Hintergrund, ihren Platz vor Rüdiger vom Brockes Linse.
Einige „Wiederholungstäter“ früherer Projekte unterstützen ihn auch diesmal wieder, aber 80 Prozent der Protagonisten waren zum ersten Mal dabei. Obwohl es dem Künstler bei dieser Serie schwerer fiel, Leute zu finden, die bereit waren, sich zu „öffnen“, fanden sich am Ende genügend Models, so dass sein Buch, das die Ausstellung begleitet, gut gefüllt werden konnte.
Bekannte, aber auch „wildfremde“ Leute, auf die er zuging, teilen ihre ganz unterschiedlichen, individuellen Geschichten mit ihrem originalen persönlichen „Begleiter ihrer Kindheit“. Durch das Scannen eines QR-Codes können die Besucher sich jede einzelne dieser Geschichten per Audio anhören. Dieser QR-Code befindet sich im Buch, aber auch neben jedem der ausgestellten Fotos.
Seinen schwarz-weißen Darstellungsstil behält der Künstler auch diesmal bei, die Fotografien werden jedoch in einem ganz besonderen Stil ausgestellt. „Wir wollen unsere Besucher mit einer neuen, ausgefallenen Idee überraschen, diese besonderen Bilder darzustellen“, sagt Jana Eilhardt, die Kuratorin der Villa Wippermann.
Fotogalerie
Ablauf der Ausstellung
„Eigentlich wollten wir uns nicht wiederholen und zweimal denselben Künstler einladen, in der Villa Wippermann auszustellen. Das neue Projekt „Zeitreisen“ des Kiersper Fotografen Rüdiger vom Brocke hat uns jedoch so berührt, dass wir uns freuen, eine weitere Ausstellung seiner Schwarzweißfotos in Halver präsentieren zu dürfen“, heißt es in der Ankündigung der Villa Wippermann.
Die „Zeitreisen“ werden vom 19. Oktober bis zum 18. Januar im großen Saal des Heimatmuseums ausgestellt. Dann können die Besucher die über 400 Bilder betrachten und sich mit den jeweiligen Geschichten auseinandersetzen. An vier Sonntagen (2. und 23. November, 14. Dezember, 11. Januar) steht Rüdiger vom Brocke von 11 bis 16 Uhr für Fragen bereit.
Am 20. November, 11. Dezember und 8. Januar führt er selber durch die Ausstellung. Zu diesen Terminen hat er Vorträge vorbereitet, in denen er einzelne Geschichten des „Zeitreisen“- Projektes erzählt und seine Erfahrungen, die er währenddessen gemacht hat, teilt.
Bewegende Erfahrungen für den Fotografen
Während der vielen verschiedenen Fotoshootings teilte Rüdiger vom Brocke einige emotional-intime Momente mit den Menschen vor der Kamera und lernte nicht nur viele verschiedene schöne und fröhliche, sondern auch tiefgründige und traurige Geschichten kennen. „Mir wurde klar, dass wir nicht alle eine schöne Kindheit hatten und so ein Spielzeug auch als Triggerpunkt gelten kann. Damit muss man sehr, sehr sensibel umgehen“, erzählt der Künstler.
Er selber teilt mit seinem eigenen persönlichen Begleiter „Affe“ eine ebenso emotionale Geschichte. Eine Situation aus einem seiner früheren häufigen Krankenhausaufenthalte fand in dem Projekt ebenfalls ihren Platz.
„Am meisten hat mich berührt, dass sich bei den Fotoshootings gegenseitig Wertschätzung geschenkt werden konnte. Ich hatte das Gefühl, die Menschen haben sich wirklich wertgeschätzt gefühlt“, ergänzt er, berührt von seiner Erfahrung.
Wünsche des Künstlers an die Besucher
Rüdiger vom Brocke möchte mit dieser Ausstellung verlorene Erinnerungen an die eigene Kindheit wieder hervorrufen. Ihm ist der Austausch der Menschen untereinander wichtig. Sie sollen gemeinsam an ihre schönen Erinnerungen denken und diese als nicht selbstverständlich ansehen.
„Ich wünsche mir wirklich, dass die Besucher hier rausgehen und Spaß und Freude hatten. Sie müssen nicht über die Bildqualität urteilen, sondern sich einfach drauf einlassen, die Erinnerung hochkommen zu lassen. Sie sollen sich bewusst werden: „Mensch, ich hatte doch auch mal einen Teddy“, so Brocke.
Rüdiger vom Brockes Anfänge
Von der Fotografie war er schon immer fasziniert. Mit 14 Jahren kaufte er sich seine erste Kamera. Da die dazugehörigen Filme aber sehr teuer waren, konnte er sie sich nicht leisten, so dass die Fotografie in den Hintergrund rücken musste. Erst vor sechs Jahren entdeckte er sein Interesse auf einer Fahrt nach Dänemark wieder. Seitdem wurde die Fotografie wieder zu seinem Hobby. Sein Lieblingsmotiv: Menschen.
Und auch den Schwarz-weiß Stil behält vom Brocke von Anfang an bei. Der Grund dafür? „Ich mag Schwarz-Weiß einfach. Es ist aussagekräftiger und man setzt sich mehr mit dem Bild auseinander“, erklärt der Fotograf „Ich kann keine Farbe fotografieren“, scherzt er weiter.
Entwicklung des Projektes
Die Idee samt der Konzepterstellung des Projektes erfolgte bereits im Dezember 2023. Nach WhatsApp-Status und Facebook- Aufrufen, meldeten sich nicht genug Leute. Daher ging vom Brocke persönlich auf teilweise „wildfremde“ Menschen zu und lud sie erfolgreich zum Mitmachen bei seinem Projekt ein.
Die ersten Shootings starteten im Januar 2024. Anderthalb Jahre arbeitete der Künstler an dem Projekt, bis es jetzt zur Fertigstellung kam.
Bis ein Foto fertig war, konnten schon mal 16 Stunden vergehen. Allein das Fotografieren dauerte fünf bis sechs Stunden, dazu kamen weitere Stunden Bearbeitungszeit, berichtet der Künstler. „Bei der Auswahl der Bilder war mir die Zufriedenheit meiner Models immer besonders wichtig“, betont er. Auch bei der Bearbeitung setzt der Fotograf auf Realität: Falten bleiben.
Bei jedem einzelnen Fototermin wurde außerdem ein Bild mit der Handspielpuppe Willi Wippermann gemacht, was anschließend in Rüdiger vom Brockes WhatsApp-Status gepostet wurde, um, wie er sagt, zu zeigen, dass sein „Projekt lebt“.
Eine weitere kleine Ausstellung mit 15 bis 20 Bildern wird es im November im Café Breddermann in Schalksmühle geben. Ansonsten ist vom Brocke in seiner „kleinen Blase“ zufrieden und arbeitet nicht auf eine Karriere in Großstädten hin. Weitere Projekte werden aber sicherlich folgen.