„Wie geht es dir denn?“ Das war wohl die meistgestellte Frage im Restaurant „Zum Spiegel“ in Werdohl. 18 Männer und Frauen hatten sich im Nebenraum des Lokals versammelt – alle Jahrgang 1956 oder 1957. Sie hatten sich dort mal wieder zu ihrem Klassentreffen eingefunden. 52 Jahre werden es in diesem Jahr, dass sie ihren Abschluss auf der damaligen Hauptschule im Werdohler Ortsteil Ütterlingsen gemacht haben. 1971 bekamen die Schülerinnen und Schüler aus zwei Abschlussklassen ihre Zeugnisse. „Kinder, wie die Zeit vergeht!“
Später haben sie sich regelmäßig alle fünf Jahre getroffen, sie sind längst alle Großeltern. Leider machte die Corona-Pandemie 2021 den Rentnerinnen und Rentnern einen Strich durch die Rechnung. Denn in genau dem Jahr hätten sie eigentlich ihr 50-Jähriges feiern können. In drei Jahren wollen alle wieder zum alten Rhythmus zurückkehren. „Dann sind wir 70“, schlussfolgerten die ehemaligen Klassenkameradinnen und -kammeraden im „Spiegel“. Die Treffen der Vergangenheit hatten es immer in sich. Vor allem eines, das im seinerzeit schon geschlossenen „Schrottkeller“ in Ütterlingsen stattfand. Der Treff aus Jugendtagen, ist unvergessen. Damals wurde ein „Oldie-Abend“ mit viel Musik aus den 60er und 70er Jahren veranstaltet. „Unsere Mucke eben“. Ein Mitschüler sorgte auf seiner Gitarre für zusätzliche Stimmung.
„Du hast dich aber gar nicht verändert“
Ein Blick in die Runde zeigte schnell: „Du hast dich aber gar nicht verändert.“ Einige Kilos mehr, einige Falten etwas tiefer – aber ja, alle ehemaligen Hauptschüler haben sich gut gehalten. Das konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich ihre Reihen im Laufe der Jahrzehnte gelichtet haben. Eine Mitschülerin war kurz nach der Schulentlassung bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Schwere Krankheiten haben andere im Laufe der späteren Jahre dahingerafft.
Was bleibt, sind die Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit. „Ich bin immer gerne zur Schule gegangen“, hörte man aus der Runde. Aber auch: „Ich hatte die Nase voll und wollte so schnell wie möglich eine Lehre in meinem Wunschberuf machen.“ Was auch geklappt hat. Selbstverständlich waren auch die früheren Lehrerinnen und Lehrer wieder ein Thema – Schulleiter Günter Trommer zum Beispiel. Der Sozialdemokrat war von 1956 bis 1961 Bürgermeister von Werdohl und gehörte von 1962 bis 1966 auch dem Landtag Nordrhein-Westfalen an. Danach war er in den Schuldienst gewechselt.
Erinnerungen an den Klassenlehrer August Solmecke
Und da war ja auch noch Klassenlehrer August Solmecke. Auch er gehörte der SPD an und war von 1965 an zehn Jahre lang Bürgermeister seiner Heimatstadt. Ob Herr Hertwich, Frau Reinecke oder Herr Lubas – sie alle haben bei den Ehemaligen Spuren hinterlassen. Bei Frau Reinecke – die immer Fräulein Reinecke genannt werden wollte – lernten die Mädchen Handarbeiten. Die Jungs übten, angeleitet von Herrn Lubas, im Werkunterricht den Umgang mit Hammer und Säge. Ulrich Solmecke, Sohn von August, bat zum Sportunterricht in die benachbarte Turnhalle.
Sie alle hatten ihren Anteil daran, „dass aus uns allen etwas geworden ist.“ Es ging sogar teilweise weiter bis zum Abitur. Die berufliche Spanne reicht von Facharbeitern, Handwerkern, Angestellten, Büro- oder Bankkaufleuten bis zum Beamten oder Journalisten. Der Klassenclown von damals lernte Koch und wurde später Direktor eines großen Golfhotels in Asien. Dort lebt er noch heute. Groß war die Freunde, dass vor Jahrzehnten sein Heimaturlaub mit dem Termin des Klassentreffens zusammenfiel. Gegen Ende des vierstündigen Abends noch die Nachricht vom 3:2-Sieg der Schalker in Mainz die Runde machte, war das für einige der krönende Abschluss. Ein Wiedersehen in drei Jahren – „so Gott will“ – ist versprochen. Dann wollen alle zum alten Fünf-Jahres-Rhythmus zurückkehren.