Spazierengehen. Pilze sammeln. Wandern. Reiten. Mountainebiken. Joggen. Die Möglichkeiten sind nicht nur endlos, sondern – zumindest in der Region – das nächste Naherholungsgebiet meist um die Ecke. Wälder bieten heimischen Tieren einen Lebensort, der Umgebung frischen Sauerstoff und uns Menschen einen Rückzugsort, den viele spätestens seit Corona zu schätzen gelernt haben.
Die Frage, warum er dann so stiefmütterlich von uns behandelt wird, wird sich in diesem Kontext vermutlich nicht klären lassen. Aber vielleicht lohnt es sich heute, am 21. März, dem Internationalen Tag des Waldes, mal nachzufragen: „Liebe Sauerländer Wälder, wie geht’s euch denn eigentlich so?“

Die Sauerländer Wälder in Zeiten des Klimawandels
Könnten die Wälder antworten, würde die Antwort wahrscheinlich schlicht und ergreifend lauten: „schlecht.“
Das bestätigt auch Hubertus Bierkoch, Förster vom Regionalforstamt, bei seinem Spaziergang mit LokalDirekt durch ein Schalksmühler Waldgebiet vor einigen Wochen. Der Borkenkäfer, der Klimawandel, die Jahrhundertflut, der Weißpilz, der Frostbruch und – zu allem Überfluss – neuerdings auch noch Schädlinge, die eigentlich in Südeuropa beheimatet sind. Wer die eingeladen hat? – Vermutlich niemand. Warum sie trotzdem den Weg ins nasskalte Sauerland gefunden haben? – Die Lebensbedingungen sind hier, dank der anhaltenden Erderwärmung, optimal.

Die Verantwortlichen stellt das vor eine große Herausforderung: Knapp 98 Prozent der Fichten sind in den vergangenen Jahren allein dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Eine komplette Baumart ist also praktisch über Nacht ausgefallen, der Kahlschlag überall sichtbar. Die gute Nachricht ist: Die Aufforstung hat bereits begonnen. Die schlechte Nachricht ist: Hier ist die Rede von einer Aufgabe, die mindestens ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen wird. Und für die es zuvor gilt, hohe bürokratische Hürden zu überwinden. Mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel, die immer neuen Schädlinge und die wahrscheinliche Häufung von Großwetterereignissen in der nahen Zukunft ergeben sich hieraus also keine allzu rosigen Perspektiven.
Der Meinung ist übrigens auch Hubertus Bierkoch, wie er nach der Bestandsaufnahme erklärt: „Es ist, wie es ist, aber wir müssen was dagegen tun. Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen.“

Zu diesem Schluss kommt auch der Waldzustandsbericht 2024, den Forstministerin Silke Gorißen im November vergangenen Jahres in Düsseldorf vorstellte und der neben einem Ist-Zustand den Fahrplan für die kommenden Jahre beinhaltet. Darin heißt es: „Um die Vitalität unserer Bäume ist es weiterhin nicht gut bestellt.“ Völlig vital sehen laut dem Bericht nur noch 27 Prozent aller Bäume aus, 34 Prozent haben eine leicht verlichtete und 39 Prozent eine stark verlichtete Krone.

Die Schäden entstehen dabei durch Dürre und Hitze an den Feinwurzelsystemen und in den Leitungsbahnen der Bäume, sowie an Stämmen und Baumkronen: „Der Blick in die Baumkronen zeigt unseren Fachleuten, dass insbesondere auch die Buche und die Eiche deutliche Schäden aufweisen. Vor allem um Bäume, die älter als 60 Jahre alt sind, steht es nicht gut: Nur sechs Prozent der Eichen und 19 Prozent der Buchen weisen völlig intakte Kronen auf“, so Tim Scherer, Leiter bei Wald und Holz NRW.
Die positive Nachricht: Rund die Hälfte der Fläche, 47 Prozent beziehungsweise circa 59.000 Hektar, ist bereits wiederbewaldet. Davon etwa 64 Prozent, also 38.000 Hektar, durch Naturverjüngung und 36 Prozent, 21.000 Hektar, durch aktive Pflanzungen. Diese grundsätzlich gute Entwicklung der Wiederbewaldung in Nordrhein-Westfalen erfordere im nächsten Schritt Anstrengungen wie weitere Pflanzungen und intensive und längerfristige Pflegemaßnahmen, heißt es in dem Bericht. Es sei eine langfristige Aufgabe, die Wälder zu vielfältigen Mischwäldern aufzubauen und zu entwickeln, dass sie im Klimawandel besser bestehen können.
Kurzum: Es gibt noch viel zu tun. Der Wald braucht uns nicht. Aber wir brauchen den Wald.
Bilder sagen mehr als Worte:






Lesen Sie hierzu auch:
Schalksmühler Wälder und der Klimawandel: „Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen“ | LokalDirekt