Borkenkäfer, Erderwärmung, Umweltereignisse wie die Jahrhundertflut im Juli 2021 – die vergangenen Jahre haben der Natur stark zugesetzt. So auch den heimischen Wäldern. LokalDirekt hat gemeinsam mit dem Förster Hubertus Bierkoch vom Regionalforstamt einen Spaziergang durch die Schalksmühler Wälder gemacht.
„Hier sieht man die Misere der letzten fünf Jahre sehr deutlich“, erklärt Hubertus Bierkoch, während er seinen Geländewagen den steilen und unwegsamen Waldweg oberhalb der Volme-Gemeinde hinaufsteuert – und meint damit den Befall durch den Borkenkäfer. „Die Folge ist, dass dann eine komplette Baumart über Nacht ausfällt.“ Rund 98 Prozent der Fichten, so Bierkoch weiter, seien dem Käfer zum Opfer gefallen. Dies wird auch auf den ersten Blick in die Landschaft nach dem Abstellen des Autos deutlich: Der Kahlschlag ist nicht von der Hand zu weisen.

„Klimawandel schafft vollkommen neue Rahmenbedingungen für die Vegetation“
Eigentlich, so erklärt Hubertus Bierkoch, ist der Borkenkäfer sogar nützlich: Er spielt eine wichtige ökologische Rolle in der Walddynamik, leistet einen zentralen Beitrag zum Holzabbau. Durch die veränderten Klimabedingungen jedoch – die Durchschnittstemperatur ist um 1,0 bis 1,5 Grad gestiegen – entstehen geradezu optimale Lebensbedingungen, nicht nur für den Käfer, sondern auch für zahlreiche andere Schädlinge und Pilze. Und je heimischer sich die Übeltäter fühlen, umso größer ist der Schaden, den sie anrichten.
Die Probleme mit dem Borkenkäfer begannen im Jahr 2018. Mittlerweile, erklärt Bierkoch, sei der Schädling weitestgehend vertrieben: „Wir müssen nun sehen, dass wir mit der Aufforstung beginnen.“ Die Schalksmühler Wälder befinden sich vollständig in Privatbesitz, was bedeutet, dass die Eigentümer nun selbst aktiv werden müssen. Diesbezüglich zeigt er sich zuversichtlich: „Wir ziehen mit den Waldbesitzern an einem Strang – obwohl die Prozesse teils sehr lange dauern, besonders wenn es darum geht, Förderungen zu beantragen.“
Nichtsdestotrotz, betont Bierkoch, sei die Aufforstung eine große Herausforderung: Im Kreis sind 15.000 Hektar Kahlfläche entstanden, davon entfallen 450 Hektar allein auf Schalksmühle. „Wenn es gut läuft, können im Jahr 30 bis 40 Hektar aufgeforstet werden – also stehen wir vor einer Aufgabe, die noch zehn Jahre in Anspruch nehmen wird.“
„Immunsystem der Bäume funktioniert nicht mehr“
„Der Förster kann nicht schlafen, weil gerade neue Krankheiten entstehen“, scherzt Bierkoch und deutet auf einen Baum in der verschneiten Landschaft. „Hier würde ich zum Beispiel sicherheitshalber nicht drunter übernachten,“ erklärt er und deutet auf den Stamm. Und tatsächlich: Der Baum ist bereits von einem Weißpilz befallen.

Bierkoch geht davon aus, dass innerhalb der nächsten Jahre durch den Klimawandel neue Schädlinge und Pilze entstehen – und darüber hinaus auch noch optimale Lebensbedingungen vorfinden, da die Bäume trocken und geschwächt sind.
Apropos trockene Bäume: Spaziergänger sollten im Wald stets aufmerksam sein, da die Gefahr von abbrechenden Zweigen und Ästen zu jeder Jahreszeit gegeben ist.
„Wir müssen uns damit abfinden, dass sich das Waldbild verändert“
Wie sich die Gesamtsituation und die Gesundheit der Wälder weiterentwickeln wird, lässt sich laut Hubertus Bierkoch derzeit kaum voraussagen: „Das sind alles Spekulationen. Besonders zuversichtlich bin ich aber nicht.“ Vielmehr, so erklärt er weiter, würden die Herausforderungen immer größer – und zwar „auf allen erdenklichen Ebenen.“ So verbreiten sich aktuell unter anderem auch Käfer aus Südeuropa in den heimischen Wäldern, da sie hier ähnliche klimatische Bedingungen vorfinden wie in ihren Herkunftsländern.
Andererseits wird die so dringend erforderliche Aufforstung noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Und apropos: Mittlerweile werden fast ausschließlich noch Zedern und Eichen gepflanzt – die Fichte ist laut Hubertus Bierkoch „eigentlich schon gar kein Thema mehr.“ Denn diese würde im Zweifel den Borkenkäfer erneut anlocken.
So oder so: Der Borkenkäfer und der fortschreitende Klimawandel haben das Erscheinungsbild der heimischen Wälder in den vergangenen Jahren enorm beeinflusst. Und der Prozess wird sich fortsetzen: „Wir müssen uns damit abfinden, dass sich das Waldbild verändert,“ erklärt Hubertus Bierkoch.
Und fügt, kurz bevor wir wieder sein Auto erreichen, noch einen letzten Satz hinzu: „Es ist, wie es ist, aber wir müssen was dagegen tun. Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen.“
Impressionen vom Waldspaziergang mit Hubertus Bierkoch in unserer Fotogalerie:








