Hagen/Schwelm/Witten. „Buy now – Inkasso später“, so lautet das Motto der Aktionswoche. „Viel zu viele, auch junge Menschen, unterschätzen das Risiko, das von scheinbar so verlockenden Angeboten ausgeht, jetzt etwas im Internet zu bestellen und es später zu bezahlen“, sagt Gundula Beckmann, Schuldnerberaterin der Diakonie Mark-Ruhr in Witten und Schwelm. Das Risiko, den Überblick über Bestellungen und Rechnungen zu verlieren und in eine Schuldenfalle zu geraten sei bei diesen Angeboten jedoch extrem hoch. Für betroffene Haushalte – darunter auch viele junge Menschen – sei es wichtig, wieder einen Überblick über die finanzielle Situation zu bekommen und eine gute Budgetplanung zu erstellen, wollen sie aus der Schuldenfalle heraus: „Das ist kein einfacher Weg, der auch die Schuldnerberatungsstellen vor Ort vor große Herausforderungen stellt.“
Mehr Transparenz gefordert
Daher mache sich die Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Mark-Ruhr mit ihren Beratungsstellen gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) stark für eine höhere finanzielle Allgemeinbildung von klein auf. Denn es gebe zwar zahlreiche Beratungen, in denen „Buy now, pay later“-Angebote ein Thema sind: „Wir benötigen darüber hinaus aber viel mehr Transparenz bei diesen Angeboten“, meint Brigitte Müller-Schwietering von der Schwelmer Beratungsstelle.
Bei den vielen verschiedenen Finanzierungs- und Zahlungsmöglichkeiten der Anbieter verschwimme für die Käufer insbesondere bei Online-Bestellungen die Grenze zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung. Die Zahlung laufe dann häufig über Drittanbieter, wie zum Beispiel ‚Klarna‘, ‚Payone‘ oder ‚Paypal‘, bei denen mit dem Kauf unter Umständen sogar ein Kredit abgeschlossen werde. „Das wird so jedoch im Kaufprozess nicht klar kommuniziert. Das kritisieren wir vor allem.“ Auch gebe es häufig keine Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren: „Transparenz bei Zinsen und Kosten im Zusammenhang mit solchen Geschäften dürfen nicht im Kleingedruckten stehen, sie müssen für alle verständlich unmittelbar vor dem Bezahlprozess erfolgen. Da muss der Gesetzgeber tätig werden“, sagt ihre Kollegin Claudia Ziplies. Sie ist sicher, dass auf diese Weise viele Menschen vor der Schuldenfalle bewahrt werden könnten.
Rechtsanspruch für Schuldnerberatung gefordert
Und wenn, unter anderem durch „Buy now, pay later“-Angebote, Menschen in die Verschuldung geraten sind, müssten sie einen Zugang zur Schuldnerberatung haben: „Der darf aber nicht abhängig sein von örtlichen Regelungen, daher fordern wir einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle“, ergänzt Jenny Friße von der Hagener Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle. Zudem müsse es eine dauerhaft institutionell abgesicherte primäre Präventionsarbeit geben, die Schuldnerberatungsstellen in Trägerschaft der Verbände leisten könnten: „Vorbeugen ist hier besser als heilen, es erspart vielen Menschen die drohende Armut.“ Und wenn Menschen in diese Situation kommen, müsse vor allem die Soziale Schuldnerberatung gestärkt werden. Diese verfolge einen ganzheitlichen Beratungsansatz und unterstütze Überschuldete bei ihrer wirtschaftlichen und psychosozialen Stabilisierung. „Ein auch volkswirtschaftlich messbarer Mehrwert“, sind sich die Beraterinnen einig.
Kontaktadressen der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen der Diakonie Mark-Ruhr
Schuldner- und Insolvenzberatung Schwelm
(zuständig für Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und Breckerfeld)
Potthoffstraße 40, Schwelm
Tel. 02336/4747500
Schuldner- und Insolvenzberatung Hagen
Körnerstraße 82, Hagen
Tel. 02331/9819050
Schuldner- und Insolvenzberatung Witten
(zuständig für Witten, Wetter, Herdecke, Hattingen und Sprockhövel)
Röhrchenstraße 10, Witten
Tel. 02302/9148445
Anmeldungen und Terminvereinbarungen sind ausschließlich telefonisch möglich.