Alles, München oder Hamburg, hätte Wilfried Schmickler wegen seiner angegriffenen Stimme absagen können, Kierspe nicht. In seiner „Lieblings-Gesamtschule“ wollte er den Besuchern zwei Stunden Vergnügen bereiten, den Krisen zum Trotz. Die Probleme der Politik nahm er sich in seinem Programm „Herr Schmickler, bitte!“ am Freitagabend, 21. November, ebenso zur Brust wie menschliche Irrwege im Alltag.
Er geißelte die weit verbreitete Nörgelei und Missgunst, die in östlichen Bundesländern „Teil der DNA“ geworden zu sein scheint, die Online-Phobie, bei der sich die Menschen den Tech-Konzernen ausliefern, die dabei seien, die Menschheit durch ihre Machtgier und Rücksichtslosigkeit auszulöschen. Schmickler hatte viele Fragen, versteht immer weniger, was ihn wahnsinnig traurig macht. Etwa, ob Politiker wie Philipp Amthor eine „invasive Art“ sind oder ob es in der Straßenverkehrsordnung einen Paragrafen gibt, der „vorschreibt, dass der Verkehrsminister immer die größte Knalltüte im Kabinett“ sein müsse.
Er witzelt über Merz, den „Bundeskanzler zweiter Wahl“, der nach 150 Tagen im Amt der unbeliebteste Kanzler aller Zeiten sei, bedauert den Niedergang der SPD. Jede Flasche Eierlikör habe „mehr Umdrehungen als die einst so stolze SPD“. Die Kirchen – von ihrer Führung zugrunde gerichtet – und die Grünen haben in der Ampel, so seine Bilanz, „mehr Kröten geschluckt, als sie je über die Straße getragen haben“. – Fragen gibt es für Schmickler genug, Problem sind die Antworten. So liebäugelt Schmickler angesichts des politischen Chaos mit der Gründung einer „Verbotspartei“. Denn: „Ohne rigorose Eingriffe in unsere Produktions- und Lebensweise“ werde es keine Zukunft geben.
Widerstand – zivil, aber ungehorsam
Er rappt über den Nachbarn, einen freundlichen Faschisten, der so nett ist, „dass man vergisst, dass er ’ne braune Socke ist“. Er adressiert die Triggerpunkte wie Angst und Wut, auf die die AfD ihren Erfolg gründet, warnt vor dem Vertrauensverlust in die Demokratie, fragt rhetorisch, was gäbe es denn Besseres? – Nichts.
Wilfried Schmickler redet sich den Frust eines langen Kabarettistenlebens von der Leber. Verstörenden Fakten und Trends begegnet er mit Witz und Ironie. Wenn Sitzen das neue Rauchen ist, raucht er künftig im Stehen, und auf der Smartwatch erklingt „Spiel mir das Lied vom Tod“. Jugendwahn und Dudelmusik, wo man geht und steht. Schmickler empfiehlt die Widerstandsgruppe „Graue Zelle“. Sarkasmus gegen Krisen: Nennen Sie Ihren Hund „Bombe“, gehen zu Ihrer Bank und sagen Sie ihm: „Bombe, Platz!“. „Seien Sie zivil, aber ungehorsam.“ Man sollte sich „nicht im Alltag das Leben gegenseitig schwer machen, nicht Anstand und Respekt verlieren“, sein Rat. Nach zwei Stunden verabschiedete sich Wilfried Schmickler, der beinharte Kritiker von Fehlentwicklungen, versöhnlich und optimistisch.
Beifall vom Bühnengast für Besucher und Veranstalter
Bittere Wahrheiten und Witz waren Balsam für die Seele der gut 220 Besucher. Selbstvergewisserung mit einem Analytiker, mit dem man zusammen älter geworden ist. Den Beifall für ihn gab er zurück: an die Besucher, das KUK-Team vor allem, dessen ehrenamtliches Engagement in Sachen Kultur. Anerkennung pur zum Abschied. Für Schmickler, der sich gut an Auftritte im Volmetal erinnerte, war es wohl der letzte Besuch hier. 2026 geht er auf Abschiedstournee. Seine Fans können ihn dann nochmal in Halver sehen – auch eine Hommage des Künstlers an die Nachbarstadt und das dortige Team um Inge Zensen.








