Unterschiedlicher hätten die Präsentationen wahrlich nicht sein können. Während Shqiprim Hasani im Mai die Besucher der Ratssitzung mit vielen Fragezeichen zurück ließ und eine eher schwache Präsentation mit wenig Referenzen und vielen Unklarheiten vorlegte, war die Vorstellung des Teams rund um den zweiten Bewerber um das Rastatt-Gelände deutlich strukturierter, professioneller und klarer. Doch bevor es los ging, hieß es erst einmal warten. Lediglich Tischlermeister Uwe Eckebrecht war pünktlich. Alle anderen Projektbeteiligten standen im Stau. Investor Klaus Weihrauch reiste aus Brandenburg an. Architekt Philipp Schneider aus Berlin und der zweite Architekt Sebastian Heumann aus Hannover. Zudem war noch Prokurist Jeff Kohl nach Nachrodt gereist. Kurzerhand wurde der Tagesordnungspunkt nach hinten geschoben.
Doch das Warten lohnte sich: Zunächst stellten sich die Architekten mit etlichen Referenzen vor. Sie haben sich auf den Bereich Nachhaltigkeit spezialisiert und setzen viel auf Holz statt Beton – dafür haben sie bereits Preise gewonnen. Es wurden Referenzen verschiedenster Art gezeigt: Große Wohnquartiere, öffentliche Bauten, Hochhäuser im angesagten Hamburger Hafenviertel und auch eine Shopping-Mall waren dabei. „Wie Sie sehen, machen wir ganz unterschiedliche Projekte und auch viele öffentliche Projekte. Daher kennen wir uns mit Strukturen wie diesen aus“, erklärte Philipp Schneider. Er appellierte an die Anwesenden, die folgende Präsentation als reinen Auftakt zu verstehen: „Das ist kein fertiger Entwurf. Wir wollen das schließlich mit Ihnen gemeinsam gestalten.“ Anders als bei Hasani gab es jedoch schon eine konkrete und ansatzweise maßstabsgetreue Zeichnung, wie es später einmal aussehen könnte. Ein Gebäude, geteilt in zwei große Flügel.
„Wir haben Ihnen die Kirche gegenüber mal mit eingezeichnet, damit Sie sehen, dass das kein riesen Ding wird, das aussieht als wäre ein Ufo gelandet“, sagte Schneider. Die zwei Flügel seien nicht nur optisch sinnvoll, um das Gebäude nicht zu wuchtig zu gestalten, sondern auch für die Nutzung gut. Auf der linken Seite könnte ein großer Saal für Veranstaltungen entstehen. Rechts das Restaurant – oder auch ein Café. Bei den Besuchen in Nachrodt sei nämlich aufgefallen, dass man nirgends gemütlich einen Kaffee trinken könne. Im Obergeschoss wäre Platz für Wohnraum – wie auch immer dieser genutzt werde.
Dass die Architekten vor diesem Auftrag noch nie in Nachrodt waren, sehen sie als Vorteil, denn sie gingen so völlig unbefangen und vorurteilsfrei an das Projekt heran: „Das ist ein wirklich irres Grundstück mit dem Fluss und den Felsen. Da freut sich der Architekt“, erzählte Schneider lachend. Den Architekten sei es wichtig, dass das neue Gebäude in den Ort passe. Ein stylischer Kasten mit Flachdach käme daher eher nicht in Frage. „Modern ja, aber es muss passen. Daher würden wir hier auf jeden Fall auf ein Satteldach setzen“, betonte der Hamburger. Es sei wichtig, dass die Architektur sich mit dem Ort anfreunde, sonst ginge das Konzept nicht auf.
Dafür, dass es ein erster Entwurf war, waren die Vorstellungen doch schon recht konkret. So soll es unter anderem einen Spielplatz geben. „Die verschiedenen Ebenen sollen erhalten bleiben. Also auch das Gefälle zum Fluss hin. Dort könnte der Spielplatz entstehen, auf den man vom Gebäude und der Terrasse freien Blick hat. Das Gebäude dient so auch als Schallschutz zur Bundestraße. Es wird ein sehr ruhiger Platz“, erklärte Schneider. Da er selbst Familienvater sei, wisse er, wie toll ein Platz am Wasser ist, aber auch welche Risken das birgt: „Wir haben daher eine dichte Hecke geplant. Damit auch alles sicher ist.“ Der Spielplatz soll übrigens öffentlich zugänglich sein und auch der Weg am Fluss soll für die Nachrodt-Wiblingwerder zum Spazieren natürlich geöffnet bleiben. Ob das letztlich genauso kommen wird, sei natürlich noch unklar. Denn Hochwasser sei in dem Bereich immer wieder ein Thema und die Untere Wasserbehörde müsste zustimmen. „Noch einmal: Das, was ich Ihnen hier heute zeige, ist eine erste Annäherung an das Thema“, betonte Schneider immer wieder.
Während der Präsentation kam auch Investor Klaus Weihrauch, dem seine Verspätung gerade bei diesem wichtigen Termin sichtlich unangenehm war. Auch er stellte sich noch einmal ausführlich vor. Er sei in Bielefeld geboren und aufgewachsen. Habe eine Lehre als Elektriker gemacht und studiert. „Ich habe mich immer so durchgewurschtelt. Bin sogar zwischenzeitlich Brot ausgefahren, um mein Leben zu finanzieren“, erzählte er. Als Bauingenieur habe es ihn später nach Berlin gezogen, wo er auch seine erste eigene Firma gründete. Wichtig sei ihm sein ehrenamtliches Engagement.
Mit seiner Frau habe er den Verein Kolibri gegründet, der Familien mit krebskranken Kindern helfe und jährlich siebenstellige Summen zur Verfügung stelle. Rumsitzen könne er schlecht. „Ich arbeite wirklich sieben Tage die Woche“, berichtete der Brandenburger. Er erklärte auch, wie es zu der Rastatt-Idee gekommen sei. Weihrauch ist mit seinem Bauunternehmen nämlich derzeit ehrenamtlich in Altena aktiv. „Wir helfen dort einer Familie beim Aufbau ihres Hauses. Das wurde durch die Flut so stark beschädigt, dass es unbewohnbar ist und der Familie fehlen die finanziellen Mittel“, erzählte Klaus Weihrauch. Auf seinem Weg nach Altena sei er auch an dem ehemalige Rastatt-Gelände vorbei gekommen und habe sich genauer informiert. In einem Nebensatz erwähnte er zudem, dass er auch schon einen Betreiber für das Restaurant habe.
Was klar ist: Anders als für Hasani kommt für Klaus Weihrauch eine Investition nur in Kombination mit einem Kauf des Grundstücks in Frage. Hasani würde es pachten. Einig sind sich beide potenziellen Investoren in der Frage des möglichen Beginns. Wie schon Hasani im Mai, betonte auch Weihrauch: „Wenn wir den Zuschlag bekommen, fangen wir auch direkt an.“
Aus den Fraktionen gab es direkt positives Feedback: „Herzlichen Glückwunsch. Toll, wie Sie mit dem Projekt umgehen. Ich bin begeistert“, sagte der fraktionslose Ratsherr Matthias Lohmann. Christian Pohlmann (SPD): „Auf den ersten Blick bin ich begeistert. Das Ganze scheint schon jetzt sehr gut durchdacht.“
Eine Entscheidung wurde in der heutigen Sitzung noch nicht getroffen. Dafür gibt es eine Sonder-Ratssitzung. „In den kommenden vier Wochen wird die Entscheidung fallen“, betonte Bürgermeisterin Birgit Tupat. Für die Bewerber sei es wichtig, zu wissen, wie es weiter gehe, daher werde der Rat ausnahmsweise in der Sommerpause tagen. Ein genauer Termin steht dafür jedoch noch nicht.