Betrügerische Anrufe, falsche Amtspersonen: Immer mehr ältere Menschen fallen sogenannten „Enkeltricks“ oder „Schockanrufen“ zum Opfer. Straftaten, für die mittlerweile oftmals auch der Messenger-Dienst WhatsApp genutzt wird. Die Folgen seien dabei oft nicht nur finanzielle Verluste, weiß Kriminalhauptkommissarin Kirsten Gehrisch: „Zurück bleibt bei den Senioren meist auch ein Gefühl von Scham, Angst und Unsicherheit und Sorge um die eigene Autonomie.“
Senioren im Visier der Betrüger
Oft seien es überregional agierende Tätergruppen, die mit erfundenen Notlagen versuchen, an die Ersparnisse ihrer Opfer zu gelangen: „Die Betrüger sind rhetorisch extrem gut geschult und verstehen es, Senioren und Seniorinnen am Telefon gezielt emotional unter Druck zu setzen“, sagt Gehrisch. Ähnlich verhält es sich mit vermeintliche Amtspersonen, die unangemeldet vor der Haustür stehen, um angeblich Unterlagen zu überprüfen – und so an Bankdaten oder Bargeld zu gelangen: „Dabei suchen sich die Täter ihre Opfer ganz gezielt aus: Anhand von Vornamen wie Gertrud oder Wilhelm, die samt Adresse im Telefonbuch zu finden sind, schließen sie auf ein hohes Alter“, so Gehrisch. „Die Betrüger machen sich das von Höflichkeit und Hilfsbereitschaft geprägte Sozialverhalten von Senioren zunutze – und diese fallen leider zu oft auf das hinterhältige, perfide Vorgehen der falschen ‚Obrigkeiten‘ herein.“

Polizei kann Aufklärungsbedarf nicht abdecken
Um solchen Delikten aktiv vorzubeugen, rief das Landeskriminalamt bereits 2020 die Kampagne „Sicher im Alter“ ins Leben. Teil der Kampagne ist es, dass ehrenamtliche Helfer von den Kriminalkommissariaten Prävention/Opferschutz zu Seniorenlotsen ausgebildet werden, um die Mitmenschen in ihrem Umfeld für dieses Thema zu sensibilisieren und wertvolle Tipps an sie weiterzugeben. „Denn der Bedarf an Aufklärung und präventiven Maßnahmen ist größer als die Polizei es alleine abdecken kann“, weiß Uwe Brüggemann.
Brüggemann ist pensionierter Polizeibeamter und hat in den letzten zehn Jahren vor seinem Ruhestand die Abteilung Kriminalprävention geleitet. „Daher kenne ich die meisten Tricks der Betrüger“, schmunzelt der Breckerfelder und betont gleichzeitig, dass aber selbst er nicht ausschließen könne, auf eine professionell aufgebaute Betrugsmasche hereinzufallen: „Es werden heutzutage alle Möglichkeiten ausgeschöpft, ältere Menschen übers Ohr zu hauen.“ Es sei daher entscheidend, dass diese (auch) aus der eigenen Umgebung aufgeklärt würden, um nicht auf die Tricks der Betrüger hereinzufallen.
Seniorenlotsen für Breckerfeld gesucht
Momentan ist Uwe Brüggemann der einzige Seniorenlotse in Breckerfeld. „In den anderen acht Kreisstädten haben wir mittlerweile ein Netzwerk von rund 70 Seniorenlotsen und in allen sind die Fallzahlen dank aktiver Präventionsarbeit gesunken“, erklärt Kirsten Gehrisch. Daher suche die Kreispolizeibehörde nun dringend weitere Breckerfelder, die sich zu Seniorenlotsen schulen lassen möchten.
Und dies könnten theoretisch alle Ruheständler: „Erfahrungsgemäß nehmen Senioren Tipps eher von Angehörigen derselben Altersgruppe an“, sagt die Kriminalhauptkommissarin. Spezielle Vorkenntnisse müssten die künftigen Seniorenlotsen nicht mitbringen. Voraussetzung sei vor allem die Freude an der Kommunikation und die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren. „Seniorenlotsen können bei ihrer Tätigkeit frei entscheiden, wann und wie viel Zeit sie investieren“, betont Gehrisch.
Was machen Seniorenlotsen?
Ihre Arbeit bestehe hauptsächlich darin, die „Präventionsbotschaften“ zu verbreiten und Gespräche innerhalb ihrer Altersgruppe zu führen: „Der direkte und persönliche Kontakt in der Nachbarschaft, im Kegelclub, Sportverein oder beim Kaffeekränzchen schafft Vertrauen und fördert die Akzeptanz der wichtigen Botschaften.“ Darüber hinaus können Seniorenlotsen die Polizei auch unterstützen, indem bei Präventionsständen oder Seniorenmessen zugegen sind, selbst kleinere Vorträge halten oder Broschüren und Infomaterial an Orten wie Arztpraxen auslegen. „Jede Form der Beteiligung hilft, das Bewusstsein von Senioren für die Gefahren von Betrügereien zu stärken“, betont Uwe Brüggemann.

Anmeldung zur kostenfreien Schulung
Die zweitägige Ausbildung zum Seniorenlotsen ist kostenlos und soll den Teilnehmern alle relevanten Kenntnisse über Betrugsmaschen und den richtigen Umgang mit betrügerischen Situationen vermitteln. Sie findet am Montag, 18. November, und Dienstag, 19. November, jeweils von 8.45 bis 16 Uhr statt, voraussichtlich im Breckerfelder Rathaus an der Frankfurter Straße. Anmeldungen hierzu sind bis zum 11. November bei Kirsten Gehrisch, Tel. 02333/91669212, oder Bettina Frauenstein, Tel. 02333/91662111, möglich. Die beiden Kriminalhauptkommissarinnen werden die Schulung durchführen und stehen Interessenten auch vorab für Fragen zur Verfügung.
Stadt begrüßt den Aufbau eines „Lotsen-Netzwerkes“
Die Stadt Breckerfeld würde es begrüßen, wenn sich neben Uwe Brüggemann weitere Breckerfelder finden, die sich als ehrenamtliche Seniorenlotsen engagieren: „Denn diese sind ein wichtiger Baustein für den Schutz ihrer Mitbürger“, erklären Bürgermeister André Dahlhaus und Ordnungsamtsleiter Andreas Bleck. Zumal es in der Hansestadt traditionell ein gutes „bürgerschaftliches Netzwerk“ gebe. Speziell für Senioren werde dieses beispielsweise durch das Projekt ‚Gesund in Breckerfeld‘ und dessen breit gefächerten Angeboten gefördert: „Hier ergeben sich für Seniorenlotsen zahlreiche Möglichkeiten, genau ihre Zielgruppe zu erreichen.“
Auch die örtliche Sparkasse unterstützt bereits die Präventionsinitiative des Landeskriminalamtes, indem sie an ältere Menschen bei Abholung größerer Geldbeträge spezielle Ausgabeumschläge ausgibt. Auf diesen sind fünf Fragen aufgedruckt: Trifft auch nur eine Frage zu, könnte dies möglicherweise auf einen Betrugsfall hinweisen und den Kunden zur Vorsicht mahnen.
„Wir hoffen, dass wir in Breckerfeld – wie in den anderen Kreisstädten auch – bald weitere Seniorenlotsen haben, die die Präventionsarbeit der Polizei unterstützen“, sagen Uwe Brüggemann und Kirsten Gehrisch. „Es braucht nicht viel dazu, um sich für die Sicherheit der Senioren einzusetzen – nur etwas Zeit, um unsere wertvollen Tipps und Botschaften weiterzugeben.“ Botschaften, die ältere Menschen davor bewahren können, Opfer krimineller Machenschaften zu werden.