Laut einer Pressemitteilung will das Unternehmen das gerichtliche Verfahren nutzen, um seine begonnene Restrukturierung abzuschließen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Dr. Gregor Bräuer von der Kanzlei Streitbörger in Düsseldorf bestellt. Der Geschäftsbetrieb werde ohne Einschränkungen fortgeführt, Ziel sei die Sanierung der Unternehmensgruppe.
Versorgungsverträge bleiben gültig
„Der Geschäftsbetrieb von Kenbi geht an allen Standorten und Pflege-Stützpunkten in vollem Umfang weiter“, betonte der vorläufige Insolvenzverwalter. „Alle von Kenbi betreuten Personen werden wie sonst auch zuverlässig versorgt, deren Versorgungsverträge bleiben gültig und werden weiter erfüllt.“ Bräuer habe umgehend nach seiner Bestellung die rund 850 Beschäftigten informiert. Parallel dazu würden derzeit alle Kunden und Vertragspartner von Kenbi angeschrieben. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten seien über die Bundesagentur für Arbeit gesichert und werden weiter bezahlt.
Im Oktober 2024 hatte Kenbi 122 der 130 Beschäftigten vom Pflegedienst Liebeskind übernommen. Eine aktuelle Zahl wird in der Mitteilung nicht genannt.
In den nächsten Tagen will sich der vorläufige Insolvenzverwalter in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung und den Gläubigern ein genaues Bild der wirtschaftlichen Lage machen und die Sanierungsoptionen prüfen. Denkbar sei der Einstieg von Investoren oder auch ein Vergleich mit den Gläubigern. Welcher Weg erfolgversprechend ist, werde sich in den nächsten Wochen und Monaten herauskristallisieren.
„Die Geschäftsführung hat bereits Restrukturierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht mit dem Ziel, sich auf das Kerngeschäft Pflege zu konzentrieren“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter. „Daran können wir anknüpfen und dabei die sehr wirksamen Instrumente des Insolvenzverfahrens nutzen.“ So ist das Unternehmen für drei Monate von den Personalkosten entlastet, die von der Bundesagentur für Arbeit getragen werden. Zugleich herrschen in der Insolvenz günstigere Bedingungen für die Neuverhandlung ungünstiger Verträge oder die Suche nach Investoren als außerhalb eines Verfahrens.
Angespannte Situation in der Pflegebranche
Kenbi wurde 2019 gegründet und gilt als Digitalisierungsvorreiter in der Pflegebranche. Das Unternehmen betreut rund 2500 Pflegebedürftige an rund 50 Standorten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg. Dabei setzt Kenbi auf ein innovatives Konzept mit dezentralen, selbstorganisierten Pflegeteams, die eigenständig arbeiten und dabei durch digitale Tools und Lösungen unterstützt werden. Die dadurch gesparte Zeit, etwa bei der Tourenplanung, Kommunikation und Dokumentation, kann für die Arbeit mit den Pflegebedürftigen genutzt werden.
Wie viele Pflegeunternehmen steht auch Kenbi infolge der angespannten Situation in der Pflegebranche unter Druck. So sind in den letzten Jahren sowohl die Personal- als auch die Sach- und Energiekosten in der Pflege massiv gestiegen. Diese Kostensteigerungen sind jedoch von den aktuellen Pflegesätzen nicht vollständig abgedeckt und belasten die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. Zuvor hatten bereits die Auswirkungen der Corona-Pandemie die wirtschaftlichen Reserven aufgezehrt. Kenbi hatte 2024 eine Restrukturierung eingeleitet.
„Gute Voraussetzungen für eine Sanierung“
Seitdem konzentriere sich das Unternehmen auf das Kerngeschäft Pflege, so die Pressemitteilung. Die kapitalintensive Entwicklung eigener digitaler Tools sei im Januar 2025 eingestellt worden. Parallel dazu habe das Unternehmen gemeinsam mit einem Team aus branchen- und restrukturierungserfahrenen Experten begonnen, die Strukturen und Abläufe in der operativen Pflege gezielt zu verbessern und effektiver und wirtschaftlicher zu gestalten. An den Standorten in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, wo Kenbi ambulante Pflegeleistungen anbietet, will Kenbi sein Leistungsspektrum gezielt optimieren, um werthaltigere Dienstleistungen abrechnen zu können.
„Kenbi ist ein sehr innovatives Unternehmen mit tragfähigen Pflegekonzepten und einem hohen Marktanteil“, so der vorläufige Insolvenzverwalter. „Das sind grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine Sanierung.“