Passiert ist das Ganze zwischen 18.30 und 20.30 Uhr. „Um 18.30 Uhr haben wir die Pferde nach dem Reiten und Kraftfutter füttern wieder auf die Wiese gebracht. Da standen die anderen noch friedlich beisammen und haben gefressen“, berichtet Pferdebesitzerin Lydia Schmitz-Machelett. Bei der abendliche Kontrolle der Pferde und des Wassers fiel ihrem Mann auf, dass nur noch fünf Pferde auf der Wiese standen. Der sechste, Hannoveraner Welten, fehlte. Ein völlig untypisches Verhalten für den 1,72 Meter großen Wallach. Das ältere Pferd ist bereits seit 15 Jahren im Besitz der Familie – und war immer zaunsicher. „Er war ein teilweise wirklich verrücktes Pferd. Aber durch Zäune ist er noch nie gerannt. Selbst wenn die Litze mal am Boden lag, ist er nie drüber gelaufen“, erklärt die Besitzerin.
Martin Schmitz fand das Pferd schließlich im Wald – nassgeschwitzt und sichtlich nervös. Das Pferd wurde zunächst aus dem Gestrüpp und Unterholz befreit und wieder zu seinen Herdenmitgliedern gebracht. Erst dort werden die Verletzungen sichtbar. Die Decke, die das Pferd zum Schutz gegen Kriebelmücken trug, war im linken hinteren Bereich bereits rot vom Blut.
„Im Bereich des Knies waren deutliche Verletzungen zu sehen. Zudem ein paar kleinere im Bereich der Beine, die vermutlich beim Durchbrechen des Zauns entstanden. Aber die obere sah direkt nach einem Biss aus“, erzählt die Besitzerin.
Sofort wurden alle Pferde von der Wiese geholt und in den Stall gebracht. Mit schwindendem Adrenalin wurde klar, dass das Pferd schwerer verletzt war, als zunächst angenommen. Die Wunden an den Beinen können behandelt werden. Aber bei der Flucht durch den Wald scheint der Wallach gestürzt zu sein. „Welten ist ein altes Pferd, das bereits einige gesundheitliche Baustellen hat. Das war offenbar zu viel für ihn“, sagt Lydia Schmitz-Machelett.

Im Laufe der Nacht und des Morgens verschlechtert sich der Zustand weiter. Vieles spricht dafür, dass es schwerere Verletzungen im Bereich der Hinterhand und der Halswirbelsäule gibt. „Ja, er hatte bereits einen Befund in der Halswirbelsäule, mit dem wir bereits seit Jahren leben. Wir wissen, dass das seine große körperliche Schwachstelle ist. Die Flucht und ein damit verbundener Sturz haben aber dafür gesorgt, dass er nahezu komplett bewegungsunfähig wurde“, erklärt die Besitzerin.
Am Mittwochmittag waren die neurologischen Ausfälle dann zu stark. Das Pferd schwankte, konnte kleinste Bewegungen nicht mehr koordinieren und ausbalancieren. Keinen einzigen Schritt mehr laufen. Da es keine Chancen gab, das alte Pferd wieder zu mobilisieren, musste es an Ort und Stelle eingeschläfert werden.
Für die Besitzer stellt sich nun die Frage, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Die Pferde sind an Hunde in allen Größen und Farben gewöhnt. So schnell werden sie nicht aus der Ruhe gebracht. „Es kann immer passieren, dass ein Hund wegläuft. Natürlich sollte das nicht passieren. Aber dann sollte man den Anstand besitzen, das zu melden. Es gibt viele Ställe, da kommt einmal am Tag jemand zu den Tieren. In der Zeit hätte das Pferd verletzt im Wald gestanden“, ärgert sich Lydia Schmitz-Machelett.
Natürlich komme es auch zu einer Wolfsdebatte. „Natürlich haben auch wir daran gedacht. Und haben sogar einen Wolfsberater hinzugezogen“, sagt Lydia Schmitz-Machelett. Experte Heiko Cordt und auch Tierarzt Christian Dreker gehen jedoch eher von einem großen Hund aus. „Wir können den Wolf natürlich nicht ausschließen, aber das wäre schon eher unwahrscheinlich“, sagt Cordt.
Zum einen sei die Tageszeit eher ungewöhnlich, zum anderen seien die Bissverletzungen dafür noch relativ gering. Eine DNA-Probe konnte nicht mehr genommen werden, da die Wunden bereits medizinisch versorgt wurden. „Im Nachhinein ärgere ich mich schon ein wenig, das nicht bedacht zu haben. Aber in dem Moment, sollte es nur dem Pferd besser gehen“, erklärt die Pferdebesitzerin.
Neben Welten sind noch zwei weitere Pferde leicht verletzt. Sie weisen Lahmheiten auf, die vermutlich durch die Flucht entstanden. „Die Verletzungen sind nicht schlimm und vermutlich in ein paar Tagen wieder komplett auskuriert“, sagt Lydia Schmitz-Machelett.
Die Familie und die Polizei hoffen derweil auf Zeugen. Wer etwas gesehen hat oder sonstige Angaben zu dem Fall machen kann, wird gebeten, sich auf der Polizeiwache in Altena zu melden. Die Polizisten sind erreichbar unter der Rufnummer 02352-91990.
„Der Tod des Pferdes war einfach unnötig. Ich habe wenig Hoffnung, dass wir den Hundehalter ausfindig machen. Aber wenn anhand dieses Falls auch nur ein bis zwei Hundehalter dafür sensibilisiert werden, was passieren kann, wenn der Rückruf nicht funktioniert, ist vielleicht schon einem anderen Tier geholfen“, sagt Lydia Schmitz-Machelett.
Sie ist selbst Hundebesitzerin, dennoch sei für sie klar, dass Hunde, die nicht sicher im Rückruf sind oder Jagdverhalten aufweisen, im Wald an die Leine gehören – gerade in der Brut- und Setzzeit.