Die Sensation blieb – wie zu erwarten – aus. Aus der Sitzung des NRW-Verkehrsausschusses am Mittwochvormittag, 30. November, im Lüdenscheider Kreishaus nahmen die Teilnehmer keine brandaktuellen Neuigkeiten etwa zum Sprengtermin oder zur Umleitung des Transitverkehrs mit. Wohl aber nutzten die Abgeordneten aus Düsseldorf einmal mehr die Möglichkeit, ihre Betroffenheit über die Sperrung und ihre Entschlossenheit, schnell etwas zu bewegen, zum Ausdruck zu bringen. Das vernahmen nicht nur Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer sowie Landrat Marco Voge, sondern auch Vertreter von IHK, Kreishandwerkerschaft und der Bürgerinitiative, die die Ausschusssitzung nutzten, um ihre Sorgen und Forderungen auf Landesebene vorzutragen.
Gerade Voge und Wagemeyer nutzten die Sitzung im Kreishaus, um auf Lüdenscheid und die Region aufmerksam zu machen. Dabei betonten sie vorrangig nicht die ohnehin schon bekannte, angespannte Situation auf und neben den Straßen, sondern wiesen vielmehr darauf hin, den Wirtschaftsstandort Südwestfalen schon jetzt zukunftssicher aufzustellen. Dazu gehörten auch Industrie- und Gewerbeflächen. „Wir wollen die stärkste Wirtschaftsregion in NRW bleiben“, so Voge. Dazu benötige es vor allem Investitionen und Kompensation, so der Landrat weiter und wies in diesem Zusammenhang auf das Standortsicherungspapier „Südwestfalen startet durch“ vom 17. November hin – einem Ideenkatalog mit mehr als 20 Projekten und politischen Forderungen. „Wir haben viele tolle Ideen für diese Region“. Voge weiter: „Derzeit fahren wir pro Tag einen volkswirtschaftlichen Schaden von circa 1 Million Euro ein.“
„Gefährdung des Wohlstandes einer gesamten Region“
„Wir müssen uns jetzt überlegen, was wir mit dieser Region machen“, so Wagemeyer. Die Rede sei gerade in der derzeit schwierigen Situation von Zukunftsinvestitionen. An Ideen mangele es nicht, „aber wir brauchen Investitionen“. Lüdenscheid, so der Bürgermeister, solle der zentrale Bildungsstandort der Region werden. Denkbar sei die Ansiedlung eines Instituts für Transformationsforschung. Die derzeitige Situation gefährde den Wohlstand der gesamten Region – Stichwort Fachkräftemangel.
Ebenso wie Wagemeyer ging auch SPD-Landtagsabgeordneter und verkehrspolitischer Sprecher der SPD Gordan Dudas auf die „dringende Umleitung“ des Transitverkehrs ein. Zudem forderte Dudas, „dieses ständige Hin- und Hergeschiebe zwischen Bund und Land“ müsse aufhören. „Das sind die Leute der Region leid.“ Eine Verantwortung trügen alle.
Krischer lobt Tempo 30
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) indes lobte die Durchsetzung von Tempo 30 auf den Umleitungsstrecken und gab an, auch für den Lkw-Verkehr „an Lösungen zu arbeiten“.
SIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Geruschkat bat die Landtagsabgeordneten, sich für ein beschleunigtes Verfahren zum Brückenneubau einzusetzen. „Für fünf Jahre haben wir wenig Verständnis“, so Geruschkat. Und Stefan Marx von der DGB bat um die Beendigung „parteipolitischer Spielchen“. Seine Forderung in Richtung Düsseldorf: „Lasst diese Region nicht vor die Hunde gehen.“
Neue Erkenntnisse an diesem Mittwoch erlangten wenn überhaupt die Ausschussmitglieder selbst, als sie nach ihrer Sitzung im Reisebus vom Kreishaus an die Altenaer Straße unter die Rahmedetalbrücke fuhren – zur Ortsbesichtigung. Zur Stoßzeit quälten sich am frühen Mittwochnachmittag Lkw und Pkw durchs Tal, die Gäste aus Düsseldorf bekamen auf diese Weise einen Einblick für das, was für viele Märker zur täglich nervenaufreibenden Routine geworden ist.
„Eine halbe Stunde für diese Wegstrecke, das ist schon beachtlich“, sagten die Ausschussmitglieder nach der Busfahrt, als sie unter der Brücke ausstiegen. Dort wartete schon das Team der Autobahn Westfalen auf die Abgeordneten, um das zu zeigen, wovon im Kreishaus kurz zuvor die Rede war.
„Sorgfalt vor Schnelligkeit“
Das Umfeld der Brücke hat sich deutlich verändert: Die Hänge sind gerodet, das Fallbett wird vorbereitet. Ausschussvorsitzender Matthias Goeken staunte über die „beeindruckenden Gebirge“. Wann die Sprengung durchgeführt werden soll – eine Antwort auf diese dringliche Frage blieb am Mittwochmittag aus. Elfriede Sauerwein-Braksiek, Direktorin der Niederlassung Westfalen der Autobahn GmbH des Bundes, bekräftigte unter der Brücke wohl aber einmal mehr den Fortschritt der vorbereitenden Arbeiten. Zum Schutze der unmittelbar an die Brücke angrenzenden Anwohner betonte die Direktorin zudem, man wolle „Sorgfalt vor Schnelligkeit“ walten lassen.
Nadja Hülsmann zu den derzeit durchgeführten Arbeiten an und unter der Rahmedetalbrücke
Elfriede Sauerwein-Braksiek zu den Artenschutz–Vorkehrungen
Elfriede Sauerwein-Braksiek über die verspätete Brückensprengung
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