Frankreich 1665 – Ein Theaterkarren zieht durch die französische Provinz, das „Illustre Theater“ versucht, sich auf Marktplätzen durch Hutsammlungen über Wasser zu halten. Die Landbevölkerung feiert das neue Stück Jean Baptiste Molières: „Don Juan“, doch die durchziehenden Schauspieler mutmaßen allweil nur Taglöhner im Publikum, sind ihre Einnahmen doch recht mager. Oft reicht es nicht einmal für eine Scheune zur Übernachtung.
Immer wieder erhält die Truppe Spielverbot, da sich Molière mit der mächtigen Kirche anlegt. In der Rolle des Don Juan pfeift Molière auf alle Normen der Gesellschaft und stichelt gegen die Doppelmoral der Obrigkeit.
Was ist Bühne und was Realität?
Von einer riesigen Fangemeinde unter dem Stephansdachstuhl begeistert erwartet, spannten sich die Wanderschauspieler des NN Theaters Köln vor den Karren und begrüßten mit ausgefeilt schönem französischem Akzent die Bürger in “Plett en Bersch”. Sie kündigen mit Effet das Lustspiel “Don Juan” an, “geschrieben und erdacht von der spitzesten Feder Frankreichs” und hoffen auf mehr “als wieder nur Steine und Knöpfe im Hut”. Don Juan gibt sich als Freigeist, sieht Beständigkeit nur als etwas für Käuze, das Ehesakrament als völligen Unsinn. Die Schauspieler reisen weiter, die Kasse in “Plett en Bersch” war immerhin passabel. Eine sich drehende Bühne zeigt Schauspiel vorne und im Backstagebereich das reale Leben. Diese Handlungsstränge verweben sich langsam. Das Publikum muss sich konzentrieren. Was ist Bühne, was ist Realität?
Am jeweils nächsten Spielort verwandeln sie sich wieder in die Figuren von Molières „Don Juan“ und setzen die Handlung fort. Molière gibt den charmanten Lüstling, der wegen seiner Rastlosigkeit in Sachen Liebe immer mal wieder Ärger mit seiner Dona Elvira bekommt. In seinem Schauspielerleben folgt er Don Juans amouröser Flatterhaftigkeit, als er die Beziehung zur Theaterdirektorin Madeleine Béjart aufgibt und schließlich die junge Armande Béjart heiratet.
Dieses Liebesdreieck zeigt sich am Ende als tödliche Sprengkraft für die Truppe, sorgt für den Fall Molières am Hofe von Ludwig XIV. Die klerikalen Gegner verbreiten das Gerücht, dass Armande nicht Madeleines jüngere Schwester sei, sondern die mit Molière gemeinsame Tochter und somit habe er Inzest begangen. Unter diesem Druck muss der Sonnenkönig seine schützende Hand von Molière und seiner Schauspielertruppe nehmen.
Wie immer sorgen die Darsteller des NN Theaters (Michl Thorbecke, Christine Per, Oliver Schnelker, Christina Wiesemann und Bernd Kaftan) mit Sprüngen und Bezügen in die zeitliche und örtliche Gegenwart für größtes Vergnügen unter den Zuschauern. So listet sich ein gewisser Elon Musk in eine Aufzählung von Eroberern und Entdeckern. Gegen ein erneutes Auftrittsverbot wehren sie sich: “Wir sind doch systemrelevant.” “Ab in den Süden, der Sonne hinterher” wollen sie ziehen, stellen bei einem musikalischen Intermezzo fest: “Das hatte schon viel Schönes”, was gerade Chorsängern der Neuzeit gut bekannt sein dürfte. Ganze Dialoge erhalten gekonnt einen sauerländischen Slang verpasst und unter der wichtigsten Frage verstehen sie ernsthaft: “Willste was mitessen?”
Im nächsten Jahr sind wir wieder dabei – ernsthaft – NN Theater, woll!
Fotogalerie:


































