Nebelschwaden waberten am Freitagabend (27. Juni) durch den Lüdenscheider Stadtpark. Unheimliche Geräusche störten die sonst so friedliche Atmosphäre der städtischen Grünanlage. Es blubberte und gurgelte. Bedrohliches Gejaule und markerschütternde, um nicht zu sagen mörderische Schreie gellten durch den Wald. Wer nicht wusste, dass gerade auf der Waldbühne Sherlock Holmes und Doktor Watson in einem mysteriösen Fall ermittelten, dem konnte beim Abendspaziergang Angst und Bange werden.
Aufgeführt wurde eine freie Interpretation von Arthur Canon Doyles „Der Hund von Baskerville“. „Holmes & Watson“, heißt das Schauspiel, mit dem die Akteure des in Lüdenscheid bestens bekannten Kölner NN Theaters ihr Publikum zu Beifall und sogar stehenden Ovationen hinrissen.
Schon 2004 hatte das NN Theater mit der Aufführung von Shakespeares Sommernachtstraum begeistert. Damals war die 1936 eingeweihte und nach dem Krieg in Vergessenheit geratene Waldbühne gerade wieder hergerichtet und neueröffnet worden. Einer des damaligen Ensembles stand auch diesmal wieder auf der Bühne. Michl Thorbecke, der diesmal als Sherlock Holmes agierte. Ihm zur Seite standen mit Peter S. Herff und Christina Wiesemann nur zwei weitere Akteure. Ein Zeichen für die Spiel- und Wandlungsfreude, der drei Schauspieler, die rund ein Dutzend Charaktere darstellten.
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Gruselig, wie die Romanvorlage, war die Aufführung nicht. Zwar gab es mehrere Morde zu beklagen. Aber in bester NN-Theater-Tradition überspielten die Darsteller diese Gräueltaten mit so viel (Wort)Witz und Charme, dass herzhaft oder besser gesagt mordsmäßig gelacht wurde. Der schwarze Humor britischer Färbung harmonierte hervorragend mit dem Szenenbild des gespenstischen Dartmoors von Baskerville, das mit den einfachen Mitteln eingespielter Tonsequenzen und einer gerne und häufig eingesetzten Nebelmaschine erzeugt wurde. Dazu gab‘s einen textilen Bodenteppisch, in dem an Freitagabend so einiges unter mächtigem Gegurgel und Geblubber versank: die unglückliche Molly, das Zimmermädchen Rose, der trottelige Sir Charles Baskerville und zu guter Letzt überraschenderweise die rachsüchtige Lady Beryl Stalpeton und nicht der Erbfolger Sir Henry.
Auch eine Anspielung zur weltwirtschaftlichen Lage fehlte nicht: „Die Lage ist katastrophal.“ Sir Henry berührte das nicht. Er jagte lieber Schmetterlingen hinterher. Mit teils grotesken Kostümen überraschten die Akteure ihr Publikum ein ums andere Mal und strapazierten mit Wortwitz, Slapstick und musikalischen Einlagen die Lachmuskeln. Atmosphärisch unterstrich Bernd Kaftan die Handlungen und Wandlungen am Klavier. Er war auch für alle akustischen Effekte verantwortlich.
Fürs Publikum war das, was Holmes und Watson erst im Laufe ihrer Ermittlungen erkennen, von Beginn an klar: Den legendären Hund von Baskerville gibt es nicht. Die Missetaten sind allesamt menschengemacht.
Am heutigen Samstag findet um 19.30 Uhr im Stadtpark einen zweite Aufführung des Bühnenstückes statt. Mit etwas Glück sind letzte Eintrittskarten an der Abendkasse erhältlich.