Die heimische AfD fordert und verspricht Transparenz und Distanz zu Extremisten - doch Florian Stein, AfD-Sprecher im Volmetal und Kandidat auf Listenplatz 1 in Halver, postet Fotos mit Hardlinern wie Björn Höcke und Matthias Helferich. Das löste eine öffentliche Diskussion aus. LokalDirekt bat sowohl Florian Stein als auch Marc Borlinghaus, Bürgermeisterkandidat, um eine Stellungnahme.

Es sind Bilder, die Fragen aufwerfen. Florian Stein, AfD-Kandidat auf Listenplatz 1 in Halver, trifft im Oktober 2024 Matthias Helferich. Der umstrittene Politiker aus Dortmund war auf Einladung der heimischen AfD ins Volmetal gekommen. Der Bundestagsabgeordnete hielt eine Rede. Unter dem gemeinsamen Foto mit Helferich, das an diesem Abend entstand, schreibt Stein auf seinem Social Media-Kanal: „Und alle sind sich einig, es muss sich etwas ändern in unserem Land #deshalbafd!“.

Helferich war zu diesem Zeitpunkt Bundestagsabgeordneter – aber fraktionslos, weil er für die eigene Partei bereits zu radikal war und als zu toxisch galt. Helferich eilte sein Ruf voraus: Mit der Selbstbeschreibung als „das freundliche Gesicht des NS“ (Nationalsozialismus) schockierte er nicht nur in Deutschland, sondern sorgte für weltweite Berichterstattung. Dazu kamen Vorwürfe, er habe Parteifreunde bedroht und Abschiebungen deutscher Bürger mit Migrationshintergrund gefordert – ein Tabubruch, der auch in den Reihen der AfD für Unruhe sorgte. Nur ein Jahr später (im Sommer 2025) schloss die NRW-AfD Helferich in erster Instanz aus der Partei aus.

Florian Stein (links) mit Matthias Helferich auf einer AfD-Veranstaltung im Volmetal. Das AfD-Profil von Florian Stein ist mittlerweile auf "privat" umgestellt.
Foto: Screenshot LokalDirekt

Am 1. Mai 2024 sind Florian Stein und der AfD-Bürgermeisterkandidat Marc Borlinghaus auf dem Patriotischen Maifest in Hamm. „Nicht privat, sondern beruflich, als Caterer“, erklären beide später auf Anfrage von LokalDirekt. Auf der Veranstaltung in Hamm entstehen zwei Bilder, die es am 24. Mai ebenfalls in den Instagram-Feed von Florian Stein schaffen. Auf dem einen Foto rahmen Stein und Borlinghaus den AfD-Politiker Roger Beckamp ein, auf einem zweiten, im selben Slide, zeigt sich AfD-Sprecher Stein mit Björn Höcke. Der Thüringer Landeschef, vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft, gilt als Galionsfigur des völkischen Flügels. Unter dem Posting schreibt Stein: „Es war ein tolles Erlebnis. Persönlich danke ich vor allem Roger Beckamp, Matthias Helferich, Christian Zaum und Björn Höcke für die guten Gespräche!“

Florian Stein trifft Björn Höcke auf dem Patriotischen Maifest in Hamm 2024. Stein war dort, gemeinsam mit Marc Borlinghaus, aus beruflichen Gründen, betonen beide.
Foto: Screenshot LokalDirekt

Die Besucherzahlen der Veranstaltung schwanken je nach Quelle zwischen 60 und „rund 250“. Die Veranstaltung selbst war brisant: Sie wurde 2025 im Verfassungsschutzbericht NRW (Berichtsjahr 2024) als Beispiel für extremistische Netzwerke aufgeführt. Dort heißt es, der AfD-Bezirksverband Arnsberg habe das sogenannte „Patriotische Maifest“ durchgeführt, bei dem Höcke nicht nur als zentrale Figur auftrat, sondern in seiner Rede auch die Zusammenarbeit zwischen AfD und rechtsextremen Vorfeldorganisationen einforderte: „Partei und Vorfeld müssen Schulter an Schulter stehen, nur so kann man die politische Wende erreichen.“ Zudem verbreitete Höcke fremdenfeindliche und völkische Narrative, in denen Migranten pauschal als „Spitzbuben“ und Bedrohung für das „gewachsene deutsche Volk“ dargestellt wurden.

Transparenz ein Wahlkampf-Schlagwort?

Wer sich mit AfD-Hardlinern wie Helferich und Höcke zeigt, sich mit ihnen inszeniert, setzt bewusst ein Signal. Das wirft Fragen auf. Wie weit rechts steht die AfD in Halver? Wie steht die AfD in Halver zur selbst erklärten Transparenz und zur Distanz zu Extremisten? Wie fest steht die AfD in Halver, allen voran Marc Borlinghaus und Florian Stein, auf demokratischem Boden? Ist Transparenz doch nicht mehr als ein Wahlkampf-Schlagwort? Fragen, die unsere Redaktion angesichts der Fotos an die Halveraner AfD-Spitze richtete. Auf eine schriftliche Bitte um Beantwortung unserer Fragen kamen Florian Stein und Marc Borlinghaus in dieser Woche mit der Einladung zu einem persönlichen Gespräch nach. Dieses fand am Freitag, 12. September, im Cowork Halver statt. Marc Borlinghaus war persönlich anwesend, Florian Stein ließ sich aus persönlichen Gründen per Telefon zuschalten.

 „Es ist zunächst mal nur ein Bild“, sagt Florian Stein im Gespräch mit LokalDirekt. „Ich habe mich nicht menschenverachtend in der Öffentlichkeit geäußert, ich habe keine Parolen gebrüllt.“ Zudem, so Stein, zeige er sich nicht nur mit Höcke und Helferich, sondern gehe generell auf alle Parteikollegen zu. Das zeigten auch Aufnahmen mit Martin Vinzentz und Sven Tritschler auf seinem TikTok-Kanal. „Ich nehme halt einfach keine geframte Meinung vor, die mir sagt, wer böse ist oder nicht. Das sind alles unterschiedliche Strömungen in einer Partei. Ich halte es für falsch, zu sagen, dass ich mit denen nicht reden darf.“ Und ein Foto stelle keine „Kontaktschuld“ her, die strafrechtlich verfolgbar sei. „Wenn mir daraus jetzt was angetextet wird, finde ich das sehr fragwürdig und schwierig. Denn es sind zwei Bilder.“

„Ist Herr Höcke ein Nazi?“

Stein bekräftigt in dem Gespräch zudem: „Ich unterstütze keine der menschenverachtenden Parolen oder rechtsextremistisches Gedankengut. Ich sehe es aber so, dass man schon zusammen an der Situation arbeiten muss und dass man diese Leute [Anm. d. Red. Höcke und Helferich] wieder auf den richtigen Weg bringen muss – auch innerparteilich. Eine interne Brandmauer aber würde, so Stein, nicht zum Erfolg der Partei beitragen. Björn Höcke, so Stein, „funktioniere“ in „Ostdeutschland“, in „Westdeutschland“ nicht. „Warum sollte ich kein Bild mit einem Politiker einer Partei machen, die nicht komplett gesichert rechtsextrem ist?“

Eine klare Abgrenzung zu Höcke und Helferich gelingt auch Marc Borlinghaus in dem Gespräch am Freitagabend nicht. Auf die Frage, wie er zur Person Björn Höcke steht, antwortet er: „Ich finde seine Reden extrem plump. Sowas würde in dieser Region hier nie ziehen. Das spricht mich inhaltlich auch nicht an.“ LokalDirekt fragt nach: „Ist Herr Höcke ein Nazi?“ Borlinghaus: „Keine Ahnung. Ich kenne ihn nicht persönlich. Nazis haben Massenmorde begangen, Menschen vergast. Das hat er selber nicht getan.“ Die Partei sei nicht Herr Höcke und Herr Höcke sei nicht die Partei. „Genauso wenig, wie ich die Partei bin.“ Borlinghaus vertrete nicht alle Inhalte der AfD, „das ist auch völlig normal.“ Trotzdem würden die von der Basis bestimmt, nicht von Björn Höcke oder Alice Weidel. Die AfD, so bekräftigte Borlinghaus, sei eine rein basisdemokratische Partei.

Auch dieses Foto entstand 2024 auf dem Patriotischen Maifest. Es zeigt Florian Stein, Roger Beckamp (MdB) und Marc Borlinghaus.
Foto: Screenshot LokalDirekt

Dass die Fotos mit Höcke und Helferich Bürger aus Halver in Sozialen Medien zu Diskussionen angeregt haben, die darin den Standpunkt der heimischen AfD kritisch hinterfragen, können Stein und Borlinghaus nur bedingt nachvollziehen. Man ist und bleibe wählbar und könne ein Mandat im Falle einer Wahl sicher annehmen. Ein Foto, so betonte Stein mehrfach, stelle keine Kontaktschuld dar.

Anders ist das bei zwei lokalen AfD-Kandidaten, die nach LokalDirekt-Recherche wegen antiislamischen, homophoben, rassistischen und weiteren menschenverachtenden Aussagen ihr Mandat nach einer möglichen Wahl nicht annehmen werden. Sie scheinen aber weiter Teil des engen AfD-Wahlteams zu sein, auch wenn AfD-Bürgermeisterkandidat Marc Borlinghaus und der Gebietsverband sich deutlich („Solches Gedankengut hat keinen Platz in der AfD.“) von ihnen distanzierten.

Einer der beiden fiel wenig später nach diesem Versprechen bei der LokalDirekt-Podiumsdiskussion durch Zwischenrufe in Richtung des Moderators auf – ausgerechnet, als dieser den AfD-Kandidaten aufforderte, sich klar von Extremisten zu distanzieren. Auch bei AfD-Veranstaltungen, etwa im Rathauspark, trat derselbe Kandidat in Erscheinung. Die AfD veröffentlichte unter anderem auch kurz darauf ein Gruppenfoto mit dem anderen der beiden Kandidaten, warb auf Social Media für ein „Gespräch auf dem Markt“ – und stellte sich geschlossen dar. Distanz in Worten, Nähe in Taten.