Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Kölner Strafverteidiger Lang mit den propagandistischen Aktivitäten der 20er, 30er und 40er Jahre im Bereich der Musik. Am Montag war er auf Einladung des Vereins Ge-Denk-Zellen „Altes Rathaus“ zu Gast in der Ausstellung „Lüdenscheids 1. Demokratie in der Weimarer Republik zwischen Friedrich Ebert und Paul von Hindenburg“. Sein Thema „Musik als Waffe – das politische Lied in der Weimarer Republik“.
1500 Originaltonträger
Michael M. Lang hat im Laufe der Jahrzehnte eine bedeutende Sammlung von rund 1500 Originaltonträgern gesammelt. Und so kann er präsentieren, wie aus dem harmlosen Abschiedssong „Blue Bell“ der deutsche Schlager „Blaue Äugelein“ wurde. Das Stück mutierte schließlich über „Hakenkreuz am Stahlhelm“ (Kampflied der Brigade Ehrhardt, 1919) zum „Kam‘rad reich mir die Hände“, ein Agitationssong der Sturmabteilung Hitler im Jahr 1923.
Durch deutsches Land marschieren wir
Mit weiteren Beispielen illustrierte Lang in seinem Vortrag den Einsatz der Musik als Kampfmittel in der politischen Agitation der Zeit hörbar und erlebbar. Von den zahlreichen vorgeführten Tondokumenten lässt sich beispielhaft das Soldatenlied „Argonnerwald“ aus dem Ersten Weltkrieg anführen. 1919 wurde es von den Spartakisten als „Büxenstein-Lied“ neugefasst und erhielt später von den Nationalsozialisten den Text „Durch deutsches Land marschieren wir“.
Anekdote am Rand: Die Melodie des Büxenstein-Lieds ertönt heute noch immer, etwa im Karneval oder als Teil von Vereinshymnen. Beispielsweise zu den Textzeilen: „Aber eins, aber eins, das bleibt bestehen. Borussia Dortmund wird nie untergehen.“
„Musik kann Gemeinschaft stiften, sie kann aber auch ausgrenzen“, hatte Michael M. Lang zu Beginn seines Vortrags erklärt. Ein Beispiel: Um sich von Spielmannszügen anderer Gruppierungen abzugrenzen, wurde die Schalmei zum typischen Instrument kommunistischer Spielmannszüge. Daraufhin durften die Sturmabteilungen (SA) der Nazis dieses Instrument nicht mehr benutzen.
Mit dem Kofffergrammophon unterwegs
Ebenso präsentierte er ein Koffergrammophon sowie originale Propagandaplatten. Kleine Agitprop-Trupps, die mit dem Fahrrad unterwegs waren, konnten so hochbeweglich ihre Botschaften unters Volk bringen. Meist waren auf die Platten Propagandareden gepresst, gefolgt von Kampfliedern, die die politische Botschaft noch emotional verstärken sollten.