Einen prominenten Gratulanten hatte die Kolpingsfamilie Letmathe anlässlich des 90. Geburtstages ihres Kolpinghauses eingeladen. Karl-Josef Laumann, NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und selbst Kolpingbruder, war nach Letmathe gekommen, um zum Thema „Mit Kolpings Werten Politik gestalten“ zu sprechen. Gut 70 Zuhörer wollten sich das nicht entgehen lassen und waren in die Zunftstuben gekommen.
Nur ein Jahr vom Spatenstich zur Einweihung
Bevor Laumann ans Rednerpult trat, erinnerte der heimische CDU-Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende Thorsten Schick an die Geschichte des Kolpinghauses. „1932 stellt der Kirchenvorstand der Pfarrgemeinde St. Kilian ein Grundstück zur Verfügung.
Der erste Spatenstich war am 11. Dezember 1932, die Grundsteinlegung am 8. April 1933 und am 3. Dezember 1933 die Einweihung des Hauses nach nur einem Jahr Bauzeit.“ Schick erinnerte auch daran, dass er seine ersten Schritte in die Politik bei der Jungen Union im Kolpinghaus machte.
Mensch wichtiger als die Sache
„Die Zeiten für katholische Sozialverbände waren schon einmal leichter“, führte Karl-Josef Laumann in das Thema des Abends ein. Aber immer wieder stellte der CDU-Minister heraus, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hätten die Aufgabe „das Leben für die Menschen gut zu gestalten“. Laumann: „Der Mensch ist wichtiger als die Sache.“ Der Münsterländer verleugnete die Eigenverantwortung jedes einzelnen nicht. „Aber er muss Hilfe bekommen, wenn es für ihn zu schwer wird.“
Fleischbaronen Paroli geboten
Zur Verblüffung der Zuhörer zog er eine Parallele zwischen den Lehren von Karl Marx und Keppler: „Wenn du Arbeiter warst, war es nicht gut zu leben.“ Die Katholische Soziallehre bekenne sich zum Eigentum – es müsse aber zum Wohle des Menschen eingesetzt werden, war Laumanns Fingerzeig in Richtung Großkapital. Er amüsierte die Anwesenden mit folgender Geschichte: „Ich hatte die Fleischbarone ins Ministerium eingeladen, es ging um die Werkverträge.
Sie haben mir gesagt, sie könnten technisch keine Zeiterfassung einführen. Sie können mir aber sagen von welchem Tier das Fleisch meiner Wurst kommt. Da habe ich die Werkverträge einfach verboten. Das durfte ich nämlich.“
Christliche Soziallehre ist zeitlos
Die Christliche Soziallehre passe gut in die heutige Zeit, „sie ist sogar zeitlos.“ Die Familien seien der beste Ort, in denen sich Kinder entwickeln können. Laumann: „Wir haben noch keinen besseren“. KiTas und Schulen könnten die Kindererziehung unterstützen – sie aber niemals ersetzen. Der Minister spannte einen weiten Bogen – von der Familie über die Erziehung bis hin zur Arbeitswelt. „Arbeit muss menschlich sein. Ein menschliches Leben kann nicht gelingen, wenn man morgens aufsteht und nicht weiß, was man den ganzen Tag machen soll.“ Der Arbeits- und Gesundheitsminister forderte zudem dazu auf, den Sonntagsschutz hoch zu halten. „Der Sonntag darf nicht dem Mammon geopfert werden.“
Für mehr Flächentarifverträge
Laumann sprach sich in Letmathe für Flächentarifverträge aus, gegen die reine wirtschaftliche Betrachtung von Krankenhäusern und einen Konsens von Umwelt, Klimaschutz, Wirtschaft, Industrie und Arbeitsplätzen.
Er forderte die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Grundsätzlich: „Menschliches Leben steht nicht zur Disposition – nicht am Anfang und nicht am Ende des Lebens“. In der anschließenden Diskussion wurde die Themen Abschiebung von Flüchtlingen, der Fachkräftemangel in der Pflege und die Krankenhausversorgung angesprochen.
Weihbischof Holtkotte nächster Gast
Die offizielle Abschlussveranstaltung des Jubiläumsjahres wird dann im Rahmen des Kolpinggedenktages begangen. Hierzu kommt Weihbischof Josef Holtkotte am 2. Dezember zu einer Festmesse in die Kilianskirche. Anschließend findet ein Empfang im Kolpinghaus statt. Den Abschluss des Jahres bildet dann aber – wie in jedem Jahr – das traditionelle Turmblasen der Blechbläser des Musikvereins am Heiligen Abend.
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