Kommentar.

Ein Kommentar zu den Ergebnissen der Bürgermeister- und Ratswahl in Breckerfeld.

Es ist ein sattes Ergebnis, auf das Amtsinhaber André Dahlhaus nach der Kommunalwahl am 14. September schauen kann: 83,64 Prozent der Wählerinnen und Wähler halten ihn für den richtigen Mann an der Spitze der Breckerfelder Verwaltung - und erteilten ihm somit den Auftrag, die Hansestadt in den kommenden fünf Jahren weiterhin „auf Kurs“ zu halten. Klar, es gab keinen Gegenkandidaten. Doch wer jetzt - wie in Social-Media-Kanälen öffentlich oder privat hinter vorgehaltener Hand - munkelt, man habe ja gar keine andere Wahl gehabt und allein das habe Dahlhaus im Amt gehalten, irrt sich.

In einer Demokratie hat man immer eine Wahl! Wer André Dahlhaus nach zehn Jahren nicht länger als Bürgermeister hätte haben wollen, hätte sein Keuzchen bei „Nein“ setzen können. 16,63 Prozent der 4634 Menschen, die am vergangenen Sonntag zur Bürgermeisterwahl gegangen sind, haben dies getan. 770 Bürgerinnen und Bürger haben André Dahlhaus mit ihrer Stimme aktiv nicht gewählt. Sie haben immerhin also von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht - im Gegensatz zu den 2613 Breckerfelderinnen und Breckerfeldern, die gar nicht erst zur Wahl gegangen sind.

Schaut man weiter ins „Zahlenwerk“ fällt auf, dass die meisten „Nein“-Stimmen mit 23 Prozent beziehungsweise 18,5 Prozent in den Wahlbezirken 10 (Innenstadtbereich) und 14 (Wohngebiet Heider Kopf) fielen. Hier gilt es für den Bürgermeister jetzt, Ursachenforschung zu betreiben: Was bewegt die Menschen, die in diesen Bezirken wohnen? Warum haben sie sich dort gegen seine Verwaltungsführung ausgesprochen?

Dabei gilt es auch, sich mit weiteren Zahlen auseinanderzusetzen. Ja, die CDU Breckerfeld hat die Ratswahl ganz klar gewonnen. 57,01 Prozent sind ein Wert, der weit über dem Ergebnis der Bundes-CDU im Februar 2025 liegt - und ein Erfolg, bei dem Bundeskanzler Friedrich Merz möglicherweise seine sauerländisch-trockene Contenance verloren und vielleicht sogar vor Freude nackig in den Möhnesee gesprungen wäre. Denn ja: Mit 16 von 28 Sitzen im Stadtrat kann die Breckerfelder CDU-Fraktion - anders als die Bundes-CDU - quasi selbstbestimmt und unabhängig ihre politischen Ziele verfolgen und durchsetzen.

Eine solch enorme Zustimmung der Wählerschaft ist weder selbstverständlich, noch erwartbar gewesen. Um 8,5 Prozent konnte die CDU in der Hansestadt im Vergleich zur Kommunalwahl vor fünf Jahren zulegen. Ebenso steigerte die SPD ihr Ergebnis um fast 3 Prozent, die FDP um knapp 1,5 Prozent. Im Hinblick darauf, dass das Ergebnis der Grünen um 3,28 Prozent schlechter ausfiel als 2020 lässt sich vermuten, dass sich dieser Stimmenanteil - zusammen mit den einstigen Stimmen für die in diesem Jahr nicht mehr angetretene Wählergemeinschaft - überwiegend zugunsten der CDU verschoben hat.

Die Breckerfelder CDU freut das, sieht sie sich doch in ihrer Politik der vergangenen Jahre bestätigt. Ja, das mag zum größten Teil stimmen - wirft aber auch eine nicht ganz ungerechtfertigte Frage auf, wenn man einen Blick auf die „politische Stimmung“ in Breckerfeld zur Bundestagswahl im Februar zurückwirft: Was, wenn die AfD - wie in vielen Nachbarkommunen geschehen - mit einem eigenen Ortsverband oder gar Bürgermeisterkandidaten zur Kommunalwahl in Breckerfeld angetreten wäre?

Zieht man die Ergebnisse der Bundestagswahl heran und „spinnt“ sich daraus ein - für die Zukunft nicht gänzlich unmögliches - Szenario mit einem Breckerfelder AfD-Ortsverband zurecht, so wären bei dieser Ratswahl möglicherweise sechs von 14 Wahlbezirken an die Alternative für Deutschland gegangen. In so vielen Wahlbezirken hatte die AfD nämlich zur Bundestagswahl die Mehrheit der Zweitstimmen für sich verbuchen können, in vier weiteren lag sie prozentual an zweiter, in weiteren vier an dritter Stelle.

Das ist - wie geschrieben - nur ein Gedankenspiel. Doch für die Ratsmitglieder der CDU im Besonderen wie auch für die Vertreter von SPD, Grünen und FDP, die am vergangenen Sonntag von den Bürgerinnen und Bürger mit ihren Stimmen dazu beauftragt wurden, eine verantwortungsvolle und demokratische politische Arbeit in der und für die Hansestadt zu verrichten, sollte nun gelten, die Menschen in dieser Stadt, ihre Bedürfnisse und Ansichten in den nächsten fünf Jahren nicht „aus dem Blick“ zu verlieren. Dies kann und muss gelingen, indem man sie mehr einbezieht, ihnen zuhört und auch die Möglichkeit gibt, sich kritisch zu äußern.

Und andersherum - an die Bürgerinnen und Bürger, die bislang bevorzugt Social-Media-Plattformen nutzen, um ihren Unmut über die politischen Entscheidungen in der Stadt kund zu tun - sei die Frage erlaubt: Was hält Sie davon ab, direkt und persönlich mit den Vertreterinnen und Vertretern des Stadtrats ins Gespräch zu gehen?

Kritisieren aus der Anonymität heraus ist einfach, zeugt - mit Verlaub - allerdings auch von einer sehr undifferenzierten Sicht- und Handlungsweise. Wer das Breckerfelder Wahlergebnis auf Social Media mit Aussagen wie „Na dann weitere 5 Jahre, in denen nichts passiert. Aber Hauptsache schuldenfrei“ oder „Gab ja für den Bürgermeister auch keinen Gegenkandidaten“ kommentiert, outet sich meines Erachtens als kommunalpolitisch nicht besonders gut informiert. „Nichts passiert“ ist eine doch sehr dürftige Aussage, gibt sie doch keinerlei Aufschluss darüber, was denn genau in den vergangenen fünf Jahren hätte passieren sollen? Hätte sich die Stadt Breckerfeld verschulden sollen? Und wenn ja: Für welche Projekte genau? Hätten die Mitglieder des Stadtrats entgegen ihrer politischen Überzeugung agieren sollen? Sich womöglich für oder gegen einen Entwurf, eine Entscheidungsvorlage oder ein Projekt aussprechen, obwohl sie nicht zu 100 Prozent davon überzeugt sind, dass sie im Sinne der bürgerlichen Gemeinschaft handeln?

Und weiter: Wer behauptet, in Breckerfeld herrsche Stillstand - bevorzugen diese Menschen politische Hauruck-Methoden ohne Wenn und Aber, Entscheidungen, ohne alle erdenklichen und die Allgemeinheit betreffenden Vor- und Nachteile vor einer demokratischen Abstimmung abzuwägen? Haben diese Kritiker nur ihr eigenes persönliches Umfeld im Visier, in dem seitens der Stadt „nichts passiert“ oder bezieht sich eine solche Äußerung auf die gesamte soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Hansestadt? Verknüpft damit stellt sich die Frage, ob diese Menschen denn bereit dazu wären, sich selbst zu engagieren, damit es keinen vermeintlichen Stillstand gibt?

Und damit ist nicht allein das Kreuz auf dem Wahlzettel gemeint, das immerhin 2613 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Breckerfeld gänzlich verweigert haben. Heißt: Mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten haben damit ihr Recht zur demokratischen Mitbestimmung nicht genutzt! Vielmehr aber gemeint ist: Warum nutzen vor allem die pauschalisierenden Kritiker nicht ihr Recht, den öffentlichen Sitzungen der städtischen Ausschüsse beizuwohnen? Und so (Hintergrund-)Informationen und Entscheidungen ungefiltert und aus erster Hand zu erhalten?  Warum nutzen kaum einmal Bürger die Möglichkeit, in der quartalsmäßigen Sitzung der Breckerfelder Stadtvertretung Fragen zu stellen und Anregungen zu geben?

Allen, die nach dem Ausgang der Kommunalwahl bemängeln oder befürchten, es würde in Breckerfeld alles beim Alten bleiben, sei an dieser Stelle gesagt: Im Stillen mosern bringt nichts und nicht zu wählen ist eine verlorene Chance, etwas zu verändern. Denn in einer Demokratie haben alle Bürgerinnen und Bürger - unabhängig von Geschlecht, Alter, Familien- oder Berufsstand - immer auch abseits vom turnusmäßigen „Kreuzchen machen“ die Möglichkeit, sich und ihre Anliegen einzubringen. Entweder, indem sie sich selbst politisch engagieren, oder indem sie das Angebot nutzen, an Stadtratssitzungen und Bürgersprechstunden teilzunehmen. 

Ja, die Breckerfelder CDU kann die kommenden fünf Jahre quasi allein „regieren“. Wenn sie clever ist, wird sie jedoch bei all ihren Entscheidungen auch weiterhin auf eine sachliche, überparteiliche Diskussion in den Gremien setzen. Und sollte - so wäre es zu wünschen - gerade angesichts ihrer Mehrheit noch mehr und vor allem offensiver in die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern treten. Regelmäßige Bürgersprechstunden, wie sie beispielsweise die Breckerfelder Grünen anbieten, wären hier ein denkbares Mittel, oder Bürgerinformationsveranstaltungen bei für die Allgemeinheit relevanten Themen.

Das alles gilt gleichermaßen aber auch für die anderen im neuen Rat vertretenen Parteien und Personen. Die jetzige Kommunalwahl sollte für CDU, SPD, Grüne und FDP gerade im Hinblick auf die Wahlergebnisse in zahlreichen Nachbarkommunen ein Anstoß sein, die Stadt Breckerfeld gemeinsam und demokratisch weiterzuentwickeln und drängende Themen wie beispielsweise Wohnungsbau, Verkehrsentzerrung oder Digitalisierung nicht auf die lange Bank schieben oder Entscheidungen aus parteipolitischem Zwang heraus blockieren. Sonst könnten sie alle zusammen in fünf Jahren möglicherweise ihr „blaues Wunder“ erleben.

Der Kommentar bezieht sich auf die Bürgermeister- und Ratswahl in Breckerfeld am 14. September 2025. Er ist ein Meinungsbeitrag der Autorin und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wider.

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