Der Netzbetreiber erneuert seine Starkstromleitung auf insgesamt 126 Kilometern zwischen Dortmund-Kruckel und Dauersberg in Rheinland-Pfalz. Der 36 Kilometer lange Abschnitt B führt auch durch den Märkischen Kreis – acht Kilometer liegen auf Nachrodt-Wiblingwerder Gebiet. Die große Schwierigkeit: die bisherigen Leitungen dürfen nicht unterbrochen werden. Dann wäre die ganze Region ohne Strom.
„Der Bau erfolgt nicht von Süd nach Nord oder umgekehrt. Wir arbeiten eigentlich überall“, erklärt Thomas Augustin, Ingenieur bei Amprion. Zunächst wird eine provisorische Leitung neben die alte Leitung gebaut. Danach wird die alte Leitung zurück gebaut, dann die neue Riesenleitung an dieser Stelle errichtet. Riesenleitung, weil Amprion die bestehende Trasse durchs Wiblingwerder Dorf nach Wörden abbaut und diese Leitung in die Trasse von Deierte bis zum Sassenscheid mit aufnimmt.
„Das ist schon ein richtig großes Projekt, in dem viele Rädchen ineinander greifen müssen“, sagt Augustin. Für jeden einzelnen Masten gelten folgende Schritte: Vermessung, Freischnitt und Forstarbeiten, Wegebau, Vorbereitung Baufeld mit den damit verbundenen Erdarbeiten, Spezialtiefbau und Betonbau für die Fundamente, Stahlbau für die Masten, Gerüstbau für Sicherungsmaßnahmen und schlussendlich die Stromkreismontagen.
Auf den 36 Kilometern zwischen Ochsenkopf und Attendorn, für die Augustin zuständig ist, wird dieses Prozedere für insgesamt 108 Neubaumasten durchgeführt. 254 Bestandsmasten werden demontiert. „Wirklich herausfordernd ist gerade in diesem Bereich die Topografie. Die Steilhänge machen das Prozedere nicht gerade einfach“, sagt Augustin.
Wenn die Haselmaus schläft oder der Milan brütet
Es wird nicht der Reihe nach gebaut, da es verschiedene Auflagen gibt. Beispielsweise ökologische: „Da müssen unter anderem Brut- und Setzzeiten beachtet werden oder Amphibienzäune errichtet werden“, erklärt Augustin. Daher sei das Gesamtprojekt von vielen kleinen Wanderbaustellen bestimmt. „An einigen Baustellen kann dann halt erstmal nicht weiter gebaut werden“, erklärt Augustin.
Bevor es mit dem Bau los geht, müssen Baustraßen errichtet werden und die Flächen gerodet werden. Das geschieht aktuell beispielsweise zwischen Veserde und Becke. „Beim Wegebau unterscheiden wir zwei Arten“, erklärt der Ingenieur. Zum einen gebe es Masten, die über bestehende Wirtschaftswege erreicht werden können. Für andere müssen Verbindungen erst gebaut werden. „Wenn es bestehende Wege gibt, müssen die so gestaltet werden, dass der Baustellenverkehr darüber kann. Diese Wege bleiben dann später auch so bestehen“, erzählt Augustin.
Dort, wo temporäre Wege angelegt werden, würde zunächst ein Vlies verlegt. Darauf kommen anschließend dann Erde und Schotter. „So können wir später rückstandslos alles wieder entfernen und die Fläche wieder in den alten Zustand versetzen“, erklärt der Amprion-Mitarbeiter. Die Wege, die später wieder zurückgebaut werden, erkennen Passanten an den weißen Rändern. Das ist das Vlies für den Unterbau, das herausguckt.
Sind die Straßen gebaut, erfolgen die Arbeitsflächen, auf denen der Mast später errichtet werden soll. „Da ist jede Mastfläche ganz individuell zu betrachten. Es gibt Masten, die kommen auf gerade Fläche auf eine Wiese, andere auf felsigen Untergrund mit starkem Gefälle“, erklärt Augustin. Amprion achte darauf, dass die Flächen nur so hergerichtet werden, dass sie später wieder so zurück gebaut werden können, dass der Bereich rund um den Masten genauso aussieht, wie zuvor.
Dort, wo ein neuer Mast hin kommt, der nicht im Bereich der Bestandstrasse liegt und gut zu erreichen ist, werden direkt die endgültigen Masten gesetzt. „Da wäre ein Provisorium ja totaler Quatsch“, sagt Augustin. Gut zu sehen sind die Grundlagen für einen neuen Mast, der stehen bleibt, auf der Wiese gegenüber vom Wanderparkplatz Oevenscheid. An anderen Stellen werden provisorische Masten errichtet. Die sind gut an den Betonplatten zu erkennen, die für die Standfestigkeit sorgen.
„Die Masten an sich sind vormontiert und werden vor Ort zusammengesetzt. Ich bezeichne das immer als Lego für Große“, erzählt der Ingenieur.
Was es bisher noch nicht zu sehen gibt, sind die Sicherungsgerüste. Diese werden später überall dort errichtet, wo die Leitungen Straßen oder Kreuzungen überqueren werden. Das seien große Stahlkonstruktionen, die verhindern, dass Leitungen bei der Anbringung auf die Straße fallen können. Erst wenn das steht, werden die Leitung in in die neue provisorische Trasse eingezogen. „Unser Ziel ist es, dass im kommenden Jahr die Provisorien fertig werden. Aktuell sind wir eigentlich ganz gut im Zeitplan. Wenn der Winter nicht zu kalt wird, sind wir, was den Ablauf betrifft, optimistisch“, sagt Augustin.