Mit der Richtlinie 2002/49/EG3 des europäischen Parlaments, der sogenannten Umgebungslärmrichtlinie, habe die damalige Europäische Gemeinschaft ein gemeinsames Konzept zur Bewertung und Bekämpfung des Umgebungslärms erarbeitet. Als Ziel ist dort die Verhinderung, Minderung und Lärmvorbeugung des Umgebungslärms festgeschrieben. Die wesentlichen Aufgaben nach der Umgebungslärmrichtlinie sind die Ermittlung der Belastungen durch strategische Lärmkarten und die Verminderung und Vermeidung von Lärm durch Lärmaktionspläne.
Unter Umgebungslärm sind unerwünschte oder gesundheitsschädliche Geräusche im Freien zu verstehen, die durch Aktivitäten von Menschen verursacht werden. Dazu gehört der Lärm, der von Verkehrsmitteln, Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr, Flugverkehr sowie Geländen für industrielle Tätigkeiten ausgeht.
Die EU-Umgebungslärmrichtlinie sieht eine turnusmäßige Überprüfung der Lärmsituation und der bereits getroffenen Maßnahmen vor. In der aktuellen vierten Runde der Lärmaktionsplanung sind die Berechnungs- und Bewertungsmethoden geändert worden. Auf Grundlage der Lärmkartierung war die Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde nunmehr gesetzlich verpflichtet, einen Lärmaktionsplan zu erstellen.
„Wir haben lange gedacht, wir würden als kleine Kommune drumherum kommen, dem ist leider nicht mehr so“, erklärte die Bürgermeisterin. Die Lärmaktionsplanung der Gemeinde sei reine Theorie. „Es ist ein Zahlenwerk, das auf Werten basiert, die vom LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschut, Anm. d. Red.) übermittelt wurden. Es war niemand jemals hier und hat sich das vor Ort angeschaut“, erklärte Tupat. Aber es sei nunmal eine EU-Richtline. Werde diese von Deutschland nicht erfüllt, müsse die Bundesregierung täglich 250.000 Euro Strafe zahlen. „Das wird sich der Bund von den Kommunen wiederholen, die das nicht haben“, erklärte Tupat. Klar sei aber auch, dass sich durch den Plan in Nachrodt-Wiblingwerde nichts ändere. „Wie will ich die Menschen an der Bundesstraße schützen? Soll ich einen Tunnel durch Nachrodt-Wiblingwerde bauen?“, fragte die Bürgermeisterin.
„Da kann man sich nur an den Kopp packen. So ein Mumpitz“, schimpfte André Gütting von der SPD. Und auch der fraktionslose Matthias Lohmann fand klare Worte: „Von einem Gutachten wird es nicht ruhiger. Das ist unglaublich lächerlich.“ Michael Schlieck (CDU) findet, der Lärmaktionsplan sei ein perfektes Beispiel für sinnlosen Bürokratismus aus Brüssel. „Ich will wirklich nicht wissen, wie viele Menschen damit gerade beschäftigt sind – und vor allem, was das kostet.“
„Wir stimmen zunehmend über Vorlagen ab, bei denen wir gar keine Alternative haben. Das stört mich“, erklärte Gerd Schröder, Fraktionsvorsitzender der SPD. Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen werde immer weiter eingeschränkt. Dem kann Jens Philipp Olschewski, Vorsitzender der CDU-Fraktion, nur zustimmen: „Selbstverwaltung sieht anders aus. Wie soll man jungen Menschen noch erklären, dass Politik Spaß macht und sie etwas verändern können, wenn doch die Entscheidungen eigentlich ganz woanders getroffen werden.“ Die UWG-Fraktionsvorsitzende Petra Triches appellierte an CDU und SPD: „Schreit es in Düsseldorf und Berlin nach oben, das sind eure Parteien, die das machen.“
Auf der Internetseite der Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde werden die Unterlagen zum aktuellen Lärmaktionsplan veröffentlicht. Bürger haben dann die Möglichkeit, Anregungen und Hinweise zur Lärmaktionsplanung bei der Gemeindeverwaltung vorzubringen. Final beschlossen wird der Lärmaktionsplan dann vermutlich im ersten Quartal des neuen Jahres.